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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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das, dass er schwul ist?«
    »Das weiß ich nicht. Eher ist er gar nix, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Sie machte eine Pause. »Manchmal trinkt er wie ein Schwamm und dann kriegt er das heulende Elend. Eigentlich ist er ein armer Hund. Kein wirklich schlechter Kerl. Aber: keine Familie, keine Angehörigen, keine Arbeit ... ich denke mal, auch kein Ziel. Er tut mir Leid.«
    »Wann war er zuletzt hier?«
    »Donnerstag vergangener Woche.«
    »Wissen Sie das genau?«
    »Ganz genau. Er kam, als ich öffnete. Siebzehn Uhr rum. Ich weiß das deshalb so genau, weil ich ihn bat, mir aus der Apotheke nebenan Nasentropfen zu holen. Das tat er auch.«
    »Und wann ist er gegangen?«
    »Kann ich nicht sagen. Doch, warte mal, er muss so gegen sieben Uhr abends gegangen sein.«
    »Betrunken? Oder high?«
    »Nicht die Spur.«
    »Vielen Dank.«
    »Schon gut. Hat er irgendwas mit Holgers Tod zu tun?«
    »Frage ich mich auch.« Ich kehrte zurück an den Tisch zu Rodenstock. »Ich möchte heim, ich bin müde und habe die Nase voll.«
    Ein paar Minuten später fuhren wir in die Nacht. Als wir an dem Haus vorbeikamen, in dem Karl-Heinz Messerich wohnte, stand der Laborwagen der Polizei am Straßenrand, innen strahlend erleuchtet. Kischkewitz' Truppe arbeitete immer noch auf Hochtouren.
    Rodenstock murmelte: »Nimm mir meine Laune nicht übel, aber ich fühle mich so hilflos. Ich hasse meine Launen. Weißt du, was ich am liebsten täte? Ich würde am liebsten mit einem Zelt in den Steinbruch ziehen.«
    »Das kannst du doch haben.«
    Nach einer Weile sagte er leise: »Lieber nicht. Ich fürchte mich vor Gespenstern.« Als wir durch das Industriegebiet Kradenbach fuhren, setzte er hinzu: »Ich muss mit meiner Emma konferieren. Wahrscheinlich kann sie mir den Kopf zurechtrücken.«
    Doch das passierte in dieser Nacht nicht mehr, unsere Frauen hatten sich vorübergehend von der Erde verabschiedet. Vera schnarchte, als wollte sie einen ganzen Wald umlegen. Sie bot einen ausgesprochen hübschen Anblick, weil sie wie viele hübsche Kinder die Bettdecke nicht akzeptierte.
    Nach einer Weile stand ich wieder auf und setzte mich in mein Arbeitszimmer. Die Katzen schnurrten herein. Paul legte sich malerisch über die Studienausgabe von Freud, Satchmo zog es vor, die GEO Life zu besetzen. Dann kam Cisco und wärmte meine Füße. Wir waren alle zusammen, wir fühlten uns wohl, niemand konnte uns etwas anhaben. Aus Tradition begann ich mit meiner Vorlesung.
    »Also, denkt mal mit. Ihr seid kluge Tiere, euch wird bestimmt etwas einfallen. Da gibt es einen Menschen namens Messerich. Der wollte nach Kreta fliegen, fliegt aber nicht. Einiges spricht dafür, dass er in der Nacht von Donnerstag auf Freitag zu Breidenbach in den Steinbruch knatterte. Wenn ich sage knatterte, dann meine ich ein orangefarbenes Moped. Er ist nach bisherigen Erkenntnissen jemand, der im Lebenskampf äußerst erfahren ist. Er hatte wahrscheinlich zigmal die Möglichkeit, unterzugehen oder für ewig im Knast zu landen. Er überlebte und schnorrte sich durch. Was kann er bei Breidenbach gewollt haben, wo er den doch schon am Mittwoch getroffen hat? Breidenbach hat Geld zu Messerichs Urlaub oder Arbeitsurlaub auf Kreta gespendet. Wieso also verzichtet Messerich auf den Flug und fährt stattdessen in den Steinbruch? Was kann ihn dazu gebracht haben, bei strömendem Regen dorthin zu fahren? Wollte er mehr Geld? Kriegte er den Hals nicht voll?«
    Paulchen schnurrte im Schlaf, wahrscheinlich bildete er sich ein, er würde gerade von Vera gekrault werden. Satchmo auf der GEO Life, die auf einer Kiste lag, würde wie üblich gleich runterfallen und ohne aufzuwachen auf dem Teppichboden weiterschlafen. Der Hund auf meinen Füßen schielte zu mir hoch. Er war aus Erfahrung weniger gelassen als die Katzen und rechnete stets mit der Möglichkeit, Baumeister könnte gleich aufspringen und ein spannendes Abenteuer mit den Koikarpfen im Garten erleben.
    Ich fuhr fort: »Natürlich kriegte er den Hals nicht voll. Typen wie er sind gewieft, sie denken immer an die kommenden Stunden und Tage. Breidenbach sollte ihm Geld geben, wobei wir später klären müssen, wofür. Gehen wir einmal davon aus, dass Messerich irgendwann am Abend Daun verlässt. Er benutzt wahrscheinlich nicht die Bundesstraße. Wenn er clever ist, nimmt er die 410 Richtung Kelberg und biegt dann auf die schmale alte Landstraße nach Dreis-Brück ein. Wie fährt er weiter? Nähert er sich dem Steinbruch von Westen oder Osten?

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