Eifelheiler (German Edition)
versuchte,
zuversichtlich zu lächeln. Vermutlich gelang ihm nur eine schräge Grimasse. Er
tastete nach der Beule am Hinterkopf. Sofort rasten Milliarden kleiner
Schmerzkometen durch seinen Kopf.
»Du blutest ja doch!«, rief Larissa de Witt.
Er sah auf seine klebrigen Finger. Im fahlen Licht der Glühbirne
sahen sie aus, als hätte er in Safran gewühlt. Er musste wohl doch ins
Krankenhaus. »Fährst du mich bitte?«
Wann waren sie eigentlich beim Du gelandet? Es musste wohl während
seiner besinnungslosen Zeit gewesen sein.
Sie riss sich ihren Seidenschal vom Hals und drückte den Stoff
behutsam auf seinen Hinterkopf. »Du bist mir ja einer«, brummte sie.
»Vernünftig ist das nicht. Besser wäre es, den Notarzt anzurufen. Aber gut.«
Sie nahm seinen Arm und legte ihn sich über die Schulter. »Erst mal müssen wir
sehen, dass du die Treppe hochkommst.«
Tapfer biss sich Welscher auf die Unterlippe. Stumm dankte er Gott,
an den er ja eigentlich gar nicht glaubte, Larissa de Witt an seiner Seite zu
haben. Mit so einer starken Frau konnte ja nichts mehr schiefgehen.
Vier Stunden und zahlreiche Untersuchungen später saßen sie
wieder im Wagen und waren auf dem Weg zurück nach Kronenburg. Im Nachtprogramm
von Radio Euskirchen trällerte Céline Dion ihre Schiffsuntergangs-Ballade.
Das Schmerzmittel hatte seine Wirkung entfacht und sich wie eine
Decke über Welschers Pein gelegt. Zurückgeblieben war ein Druck, der leicht
auszuhalten war. Endlich konnte er wieder klare Gedanken fassen. »Hast du
eigentlich die ganze Zeit die Haustür im Blick gehabt?«
»Ja, die ganze Zeit«, antwortete Larissa de Witt und schaltete einen
Gang hoch. Die B 51 lag einsam und verlassen vor ihnen. Die Scheinwerfer
schnitten helle Kegel in die Dunkelheit.
»Ist jemand herausgekommen?«
»Niemand.«
»Interessant.« Er lehnte seinen Kopf gegen die Scheibe. Die
Müdigkeit griff nach ihm.
»Du denkst, er war noch da drin und hat sich versteckt, als ich dich
gesucht habe?« Sie legte die Hand auf den Mund. »Oh Gott! Er hätte mich auch
erwischen können.«
»Beruhige dich, ich denke eher an einen geheimen Zugang. Das würde
erklären, warum wir keine Einbruchspuren gefunden haben.«
Sie legte die Hand wieder aufs Lenkrad. »Könnte was dran sein.«
Eine Weile schwiegen sie. Erst als sie Schmidtheim passierten, sagte
sie: »Da hast du ja mächtig Glück gehabt. Nur eine Platzwunde.« Sie warf ihm
einen amüsierten Seitenblick zu.
»So lustig ist das jetzt auch wieder nicht.«
»Du siehst aus wie ein Scheich.«
Er klappte die Sonnenblende runter und betrachtete sich im Spiegel.
»Steht mir.«
»Dir steht alles.« Kokett zwinkerte sie ihm zu.
Oh nein, dachte Welscher. Sie flirtet mit mir. Wieder ein
Frauenherz, das er brechen musste. Aber etwas war anders als sonst und
irritierte ihn. Nachdenklich blickte er zur Seitenscheibe hinaus und horchte in
sich rein. Larissa de Witts Zuneigung war ihm nicht unangenehm. In ihrer Nähe
fühlte er sich wohl und geborgen. Ja, er konnte sich durchaus mehr vorstellen.
Der Gedanke erschreckte ihn. Hatten ihn die Schläge auf den Kopf plötzlich
umgepolt? Hatte sein Vater damals tatsächlich recht gehabt, als er behauptete,
dass ihm eine ordentliche Tracht Prügel das Schwulsein schon austreiben würde?
Seine Mutter hatte sich aufopferungsvoll zwischen sie geworfen, sodass sein
Vater die Theorie nicht in die Praxis hatte umsetzen können.
»Ich werde dir auf dem Sofa ein Bett herrichten.« Ihre Stimme klang
in seinen Ohren plötzlich gar nicht mehr so brummig.
»Habe ich da auch noch ein Wörtchen mitzureden?«, fragte er
lächelnd.
»Sofa oder ich drehe um. Dann kannst du im Krankenhaus schlafen.
Vollgepumpt mit Medikamenten lasse ich dich heute mit Sicherheit nicht mehr ans
Steuer.«
»Du könntest mich nach Hause fahren.«
Sie tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. »Und morgen
wieder abholen, weil dein Wagen ja noch in Kronenburg geparkt ist und du sonst
nicht zum Dienst kommst?«
»Wenn es dir nichts ausmacht.«
»Sofa oder Krankenhaus. Mehr Alternativen gibt es nicht.«
Er gab sich geschlagen. »Sofa«, entschied er und freute sich zu
seinem eigenen Erstaunen bereits auf ein gemütliches Frühstück in ihrer
Gesellschaft.
ACHTZEHN
Fischbach stellte seine Harley vor Veronika Kramanns Haus
auf den Ständer.
»Da bist du ja endlich«, rief ihm Welscher aus dem offenen Fenster
der ersten Etage im Haus gegenüber zu. »Warte, ich komme runter.«
Fischbach wunderte
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