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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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viel Arbeit ab, vor allem den Umgang mit Agenten, der immer lästig ist. Ich wurde sein Teilhaber. Als solcher baute ich in seine Konzerne eine Assekuranz-Gesellschaft ein, die Ernten belieh und sich dem ausgesprochenen Risikogeschäft zuwandte. Diese Gesellschaft behielt ich mir als meinen besonderen Anteil vor.
    Kurz vor der Entspannung der marokkanischen Krise ließ ich die Papiere fallen, indem ich die Kriegsklausel strich. Der Coup war gegen Katzenstein gerichtet – obwohl er ihn nicht durchschauen konnte, wurde er mißtrauisch. Arglistig riet ich ihm zu umfangreichen Liquidationen, doch ging er nicht darauf ein. Die Baisse schien unnatürlich und versprach doppelten Gewinn. An solchen Tagen wird alles zwielichtig. Sie fordern Wendungen, die sich mit Worten nicht schildern lassen – die nur der Flair begreift. In ihnen erhebt das Geld sich zu fiktiver Höhe, zum Stoff der reinen Imagination. Mein Rat war richtig, warum befolgte er ihn nicht? Er kannte nur die arithmetische Wahrscheinlichkeit.
    Es kam dann der Vertrag von Tanger, an den sich der schwarze Freitag schloß. Die Bank fallierte; das Assekuranzgeschäft trug ungeheure Gewinne ein. Stets wiederholt sich in solchen Krisen das alte Spiel »Krieg oder Nichtkrieg«, wie man mit einer Münze »Kopf oder Wappen« spielt. Dem folgte eine Unterredung zwischen Katzenstein und mir. Er sah sein Unrecht ein. Als ihn der Diener am nächsten Morgen wecken wollte, fand er ihn tot im Bett. Man sprach von einem Herzschlag; die Trauer seiner Gläubiger war groß.
    Ich war jetzt Inhaber der Firma Katzenstein & Co. Es konnte sich nun niemand mehr wundern, wenn er mich in Weltgeschäfte verwickelt sah. Ich wandte mich den Staatsanleihen zu, der höchsten und königlichen Sphäre der Finanz. Man machte mich zum deutschen Freiherrn, verlieh mir den Kordon der Ehrenlegion. Die Philanthropen zählten mich zu den Ihrigen. Die Fürstin ließ jetzt ihren Wagen offen vor meiner Türe halten; man drängte sich um meinen Platz im Jockey-Klub. Es war bekannt, daß ich dort große Summen im Spiel verlor.
    Soviel zu meinen äußeren Umständen. Sie konnten nicht besser sein. Und dennoch fühlte ich mich im gleichen Maße unglücklicher, in dem ich an Macht und Ansehen gewann. Es war zunächst die Langeweile, die mich immer quälender ergriff. Ich merkte, daß mir die Spannung fehlte, das Ungewisse, das Für und Wider, das Rote und das Schwarze, das dem Leben den Reiz verleiht. Ich spielte die Rolle des Fechters, der nicht fallen kann. Die Chance war für mich berechenbar. Ihr fehlte das Rätselhafte, das Unbestimmte, das uns das Herz beschwingt.
    Ich sagte schon, daß bald das Spiel den Reiz für mich verlor. So ging es auch mit jeder anderen Kombination. Es wurde mir lästig, das Geld der Narren zu kassieren, die es mir aufdrängten. Ich fühlte mich oft versucht, den Einsatz einzustreichen, bevor noch das Spiel begann. Wer mag noch Rätsel raten, wenn er die Lösung kennt. Das einzige, was mich noch lockte, war die Betrachtung der Erregung und der Verzweiflung der anderen. Sie kamen am nächsten Morgen, um sich vor mir zu demütigen. Doch mit der Zeit verlor ich auch daran den Genuß. Ich hatte mein Schicksal abgegeben, doch wurde ich zum Schicksal jener, die mir begegneten. Mit der Blasiertheit steigerte sich die Grausamkeit. Hierauf beruht es wohl, daß Menschen, die unbeschränkte Macht gewinnen, wie die Cäsaren, sich dem Morde zuwenden. Die Erde wandelt sich in ein Schauspiel, in einen Zirkus um.
    Das gleiche Verhältnis gewann ich zu den Frauen; ich fühlte vor allem meine Macht. Sie näherten sich mir wie bunte Falter dem hellen Licht. Indem ich sie liebkoste, war ich mir meiner Krallen stets bewußt. Ich spielte Partien mit ihnen als der Partner, der nicht verlieren kann. Und wie ein Shylock war ich darauf bedacht, daß sie voll zahlten mit Fleisch und Blut. Ich hörte die leisesten Falsetti in der Melodie.
    Merkwürdig war die Angst, daß man mich übervorteilte. Ich kannte genau den Preis der Dinge und hielt darauf, daß man mich nicht überteuerte. Ich wurde darin desto peinlicher, je mehr mein Vermögen wuchs. Man kauft ja um so billiger, je größeren Reichtum man besitzt. Bei absolutem Reichtum kauft man sogar umsonst.
    Ein Bild, ein Haus, ein Möbel waren mir besonders teuer, wenn sich mit ihnen die Erinnerung an einen guten Kauf verband. Es war die Logik des Geldes, die mich immer mehr erfüllte und sich meiner bemächtigte. Daneben wuchs der Spleen; ich fühlte,

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