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Ein altes Haus am Hudson River

Ein altes Haus am Hudson River

Titel: Ein altes Haus am Hudson River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Wharton
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Wir haben keine Lust, von Außenstehenden zu erfahren, dass man mit Büchern, die uns versprochen sind und für deren Veröffentlichungsrecht wir schon einen Vorschuss bezahlt haben, ohne unser Wissen in anderen Verlagen hausieren geht. So etwas tut einem Autor nicht gut, und uns schadet es enorm.»Er beendete seine Ausführungen mit einem Hüsteln und wartete auf Vance’ Antwort.
    Vance zitterte vor Wut und Gekränktheit. Zugegeben, Tarrant hatte seine Sache schlüssig vorgebracht, aber alles, was er, Vance, vielleicht falsch gemacht hatte, war aus dem anfänglichen Unrecht erwachsen, das Herausgeber und Verleger ihm angetan hatten. Vance fand indes keine Worte, um all dies zusammenhängend und überzeugend darzulegen. Die Anspielung auf seinen Versuch, sich von Mrs Pulsifer Geld zu leihen, und die Entdeckung, dass sie ihn verraten hatte, waren so ekelhaft, dass er Tarrants zynische Behauptung, andernfalls hätten sie für ihn den Preis an Land gezogen, kaum wahrnahm. Ihm schwirrte der Kopf vor wirren Einwänden, doch er hatte noch Verstand genug, um zu denken:«Ich darf mich nicht gehen lassen … Ich muss versuchen, so gelassen zu wirken wie er …»
    Schließlich erwiderte er:«Sie sagen, Sie und Dreck und Saltzer wollen den Autoren gegenüber fair sein. Nun, der Vertrag, zu dem Sie mir geraten haben, war nicht fair. ‹Anstatt› war ein Erfolg, doch der Verlag hat sich aus den vereinbarten Tantiemenzahlungen herausgewunden mit der Begründung, er habe mit dem Buch Verlust gemacht, weil es nicht den üblichen Umfang hat.»
    « Aber führt Ihr Vertrag nicht ausdrücklich an, dass die Tantiemenregelung, der Sie zugestimmt haben, nur bei einem Roman vom üblichen Umfang zur Anwendung kommt?»
    « Mag sein. Wahrscheinlich habe ich ihn nicht sorgfältig genug gelesen. Aber sie müssen mit ‹Anstatt› wesentlich mehr Geld eingenommen haben als erwartet.»
    Tarrant lehnte sich in seinem Stuhl zurück und legte die Fingerspitzen aneinander, die gütig belehrende Geste eines Mannes, der mit einem Unvernünftigen vernünftig zu reden versucht.«Mein lieber Weston», begann er, und Vance zuckte bei dieser Anrede zusammen. Alle Autoren – will sagen: alle jungen –, fuhr Tarrant fort, dächten, nichts sei leichter, als genau festzustellen, wie viel Geld ihre Verleger mit ihnen verdienten. Und sie kämen natürlich immer zu einem für sie nachteiligen Ergebnis. In Wirklichkeit sei es nicht so einfach; Herausgeber und Verleger verlören oft genau die Summen, die einzustreichen die Autoren ihnen vorwürfen. Es könne gut sein, dass in einem kleinen Kreis ein Riesenwirbel um ein Buch veranstaltet werde – « Anstatt»sei so ein Fall –, dennoch könne man das große Publikum nicht zum Kauf bewegen. Und leider sei es nur die Gunst des großen Publikums, die ein Buch rentabel mache. Tatsächlich sei«Anstatt»ein Verlust für Dreck und Saltzer gewesen. Wenn Weston noch einmal so ein Buch schriebe, aber in der richtigen Länge, könnten sie damit wahrscheinlich den Verlust wettmachen; ein Erstlingserfolg in intellektuellen Kreisen begünstige oft den Verkauf des zweiten Buches, vorausgesetzt, es habe den richtigen Umfang. Dreck und Saltzer wüssten dies, und obwohl sie in Wirklichkeit Verlust gemacht hätten, seien sie bereit, es noch einmal zu versuchen … Als Verleger brauche man einen langen Atem … Und es sei wohl nicht unfair, Weston vor Augen zu halten, dass er vom geschäftlichen Standpunkt aus betrachtet sowohl für die«Neue Stunde»als auch für Dreck und Saltzer bisher eine ziemliche Belastung gewesen sei …
    Vance hatte sich dank gewaltiger Willensanstrengung beherrscht; aber bei dieser Zusammenfassung seines Falles explodierte er.«Gut, mag sein, aber warum entlassen Sie mich dann nicht aus dem Vertrag, wenn er für Sie ebenso enttäuschend war wie für mich?»
    Tarrant stieg langsam das Blut in die Wangen.«Ich möchte gern wissen, warum Sie sich als enttäuscht betrachten.»
    « Aus den genannten Gründen. Meine Kolumne war kein Erfolg, das weiß ich so gut wie Sie. Aber mein Buch war einer, und wegen unserer Vertragsbedingungen hat es mir nicht mehr eingebracht, als wenn es ein Misserfolg gewesen wäre. Ich kann von dem Gehalt, das Sie mir zahlen, nicht leben und meine Frau ernähren, und wenn Sie mich gehen lassen, kann ich morgen dreimal so viel Geld verdienen.»
    Tarrant schwieg. Wieder begann er auf den Schreibtisch zu trommeln, und noch immer färbte das stumpfe Rot des Zorns seine blasse Haut.«Mein

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