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Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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Helen
    510
    Agee, wurde vergangenen Monat zwei Wochen lang
    überwacht. Mehrere von Miss Agees Professoren an
    der Juristischen Fakultät der Universität von Chica-
    go wurden über ihre politische Haltung befragt. Uns
    liegen nun vier bestätigte Berichte vor, denen zufolge
    Miss Agee das FBI öffentlich kritisiert hat. Ein Pro-
    fessor (Chicagoer Büro, Informant Nr. 179) teilte mit,
    daß Miss Agee das FBI beschimpfte, weil es nicht
    imstande sei, »einen einfachen Überfall in Wisconsin«
    aufzuklären, und fortfuhr, das FBI als »amerikanische
    Gestapo, die meinen Vater zu Tode kommen ließ und
    meinen Freund zum Krüppel gemacht hat«, zu verun-
    glimpfen. (Ein Dekan der Universität von Chicago wird
    empfehlen, Miss Agee unter Berufung auf eine von
    allen Studenten der Juristischen Fakultät bei Beginn
    des Studiums unterzeichnete Loyalitätserklärung das
    Doktorandenstipendium zu entziehen.)
    Fazit:
    Ich halte es für an der Zeit, gegen Special Agent
    Littell vorzugehen. In Erwartung weiterer Anweisungen
    Mit vorzüglicher Hochachtung
    Charles Leahy
    SAC Chicago
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    DOKUMENTENEINSCHUB: 15. 10. 60. FBI-Aktennotiz.
    Direktor J. Edgar Hoover an SAC Charles Leahy.
    Mr. Leahy, kein Vorgehen gegen Special Agent Littell
    ohne meine ausdrückliche Anordnung.
    JEH
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    51

    (Chicago, 16. 10. 60)
    Er hatte einen grauenvollen Kater. Die Alpträume mach-
    ten ihn fast verrückt – jeder Gast im Diner sah aus wie
    ein Bulle.
    Littell rührte seinen Kaffee um. Ihm zitterten die Hände.
    Mal Chamales spielte mit einem Biskuit und zitterte fast
    genauso.
    »Mal, du führst was im Schilde.«
    »Ich bin nicht in der Position, um einen Gefal en zu bitten.«
    »Wenn es sich um einen offiziellen FBI-Gefallen handeln
    sol te, ich gehe in genau drei Monaten in Pension, das sol test
    du wissen.«
    Mal lachte. »Ich hab’ dir ja gesagt, daß die Partei immer
    Rechtsanwälte brauchen kann.«
    »Zuerst muß ich die Zulassung für Illinois bekommen.
    Wenn nicht, ziehe ich nach Washington um, um dort Bun-
    desrecht zu praktizieren.«
    »Du bist nicht gerade ein ausgeprägter Sympathisant der
    Linken.«
    »Und auch kein Apologet des FBI. Mal –«
    »Ich habe Aussicht auf einen Lehrauftrag. Die hiesigen
    Erziehungsbehörden sol en angeblich die Schwarze Liste igno-
    rieren. Ich möchte ganz sicher gehen und habe mir überlegt,
    ob du in deinem Bericht nicht erwähnen könntest, ich sei
    aus der Partei ausgetreten.«
    513
    Der große Mann am Tresen kam ihm bekannt vor. Ebenso
    der Mann, der, draußen herumlungerte.
    »Ward …«
    »Klar, Mal. In meinem nächsten Bericht. Ich behaupte,
    du seist aus der Partei ausgetreten, um einen Posten im
    Nixon-Wahlkampf anzunehmen.«
    Mal kämpfte mit den Tränen. Beim Versuch, ihn zu um-
    armen, warf Mal fast den Tisch um.
    »Mach, daß du rauskommst«, sagte Littell. »Ich pflege
    Kommunisten nur ungern in al er Öffentlichkeit zu umarmen.«
    Das Lokal lag direkt gegenüber von seiner Wohnung.
    Littell schnappte sich einen Fensterplatz.
    Helen rannte die Stufen zu seiner Wohnung hoch. Sie
    wirkte gehetzt – kein Make-up, kein Mantel, Bluse und
    Rock paßten nicht zueinander.
    Sie bemerkte seinen Wagen. Sie schaute über die Straße
    und sah ihn im Fenster.
    Sie rannte zu ihm rüber. Aus ihrer Handtasche flatterten
    Vorlesungsnotizen.
    Littel ging zur Tür. Helen stieß sie mit beiden Händen auf.
    Er versuchte, sie zu fassen. Sie zog ihm die Pistole aus
    dem Halfter und schlug damit auf ihn ein.
    Sie schlug ihn auf die Brust. Sie schlug ihn auf die
    Arme. Sie versuchte, obwohl die Waffe gesichert war, den
    Abzug zu betätigen. Sie schlug mit wirbelnden Mädchen-
    schlägen auf ihn ein – zu schnell, als daß er sie hätte stop-
    pen können.
    Wimperntusche lief ihr über die Wangen. Ihre Hand-
    tasche kippte um, und Bücher fielen heraus. Sie schrie
    514
    Unverständliches: »Entzug des Stipendiums« und »Loyali-
    tätserklärung« und »FBI« und »DU DU DU«.
    Man drehte sich nach ihnen um. Die beiden Männer am
    Tresen zogen ihre Pistolen.
    Helen hörte auf, ihn zu schlagen. »Gottverdammt«, sagte
    Helen, »das hat mit DIR zu tun, das weiß ich ganz genau.«
    Er fuhr ins Büro. Er versperrte Leahys Wagen die Ausfahrt
    und rannte in den Aufenthaltsraum.
    Leahys Tür war geschlossen. Court Meade sah ihn und
    wandte sich ab. Zwei Männer in Hemdsärmeln mit Schul-
    terhalftern gingen vorbei. Littell erkannte sie: die Monteure,
    die vor seiner Wohnung Telefonleitungen verlegt

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