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Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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ver-
    drehte er die Augen. »Da kommt Ihr Boss. Nehmen Sie
    einem alten Mann das offene Wort nicht übel, aber ist er
    nicht ein Ekelpaket?«
    »Auf seine Art, ein bißchen.«
    »Jetzt werfen Sie mit Euphemismen nur so um sich. Wis-
    sen Sie, Joe und ich haben mal gegrunzt vor Lachen, wie
    wir vor dreißig Jahren Howard Hughes bei einem Handel
    gestopft haben. Bobby empörte sich über das Wort ›Stopfen‹,
    weil die Kinder im Nebenzimmer waren. Sie konnten uns
    nicht mal hören, aber –«
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    Bobby winkte ihm zu. Kemper nickte zurück.
    »Entschuldigen Sie mich, Mr. Schiffrin.«
    »Ab mit Ihnen. Ihr Boss ruft. Joe hat neun Kinder zustan-
    degebracht. Da kann ein Kotzbrocken das Gesamtergebnis
    nicht beeinträchtigen.«
    Kemper ging hinüber. Bobby dirigierte ihn direkt in die
    Garderobe. Nerzmäntel und Abendcapes umgaben sie.
    »Jack hat gesagt, daß Sie mich sprechen wollten?«
    »Richtig. Sie sollen für mich über ein paar Beweismateri-
    alien Akten anlegen und die Arbeit des Komitees schriftlich
    zusammenfassen, damit wir in der Lage sind, den Grand
    Jurys, die unsere Arbeit fortführen, einen Standardbericht zu
    schicken. Ich weiß, daß Sie Papierkram nicht mögen, aber
    das ist von eminenter Wichtigkeit.«
    »Ich mach mich morgen früh an die Arbeit.«
    »Gut.«
    Kemper hüstelte. »Bob, da ist etwas, das ich mit Ihnen
    besprechen möchte.«
    »Das wäre?«
    »Ich habe einen guten Freund. Er ist Agent beim Chi-
    cagoer FBI-Büro. Ich kann Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt
    den Namen nicht nennen, aber es handelt sich um einen
    fähigen und tüchtigen Mann.«
    Bobby wischte sich Schnee vom Mantel. »Kemper, Sie
    versuchen, mir was unterzujubeln. Ich weiß, daß Sie gewohnt
    sind, Leute herumzukriegen, möchte Sie aber bitten, zur
    Sache zu kommen.«
    »Sache ist, daß er gegen seinen Willen aus dem Top-
    Hoodlum-Programm versetzt wurde. Er haßt Mr. Hoover
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    und Mr. Hoovers Behauptung, die Mafia gebe es nicht, und
    möchte Ihnen durch mich diesbezüglich nachrichtendienst-
    liche Erkenntnisse übermitteln. Er kennt das Risiko und
    ist bereit, sich darauf einzulassen. Immerhin war er mal
    Jesuitenschüler.«
    Bobby hängte den Mantel auf. »Kann man ihm trauen?«
    »Unbedingt.«
    »Legen wir uns damit kein Kuckucksei von Hoover ins
    Nest?«
    Kemper lachte. »Wohl kaum.«
    Bobby sah ihn an. Bobby blickte ihm drohend in die
    Augen, wie einem Zeugen.
    »Na schön. Aber sagen Sie dem Mann, daß er keine ille-
    galen Schritte unternehmen soll. Ich will nicht, daß ein frei
    glottierender Eiferer sich in irgendwelche Abhörmaßnahmen
    und Gott weiß was hineinsteigert, nur weil er meint, ich
    würde ihm den Rücken freihalten.«
    »Ich werd’s ausrichten. Nun, woran sind Sie –?«
    »Sagen Sie ihm, daß ich an der möglichen Existenz ge-
    heimer Pensionskassenbücher interessiert bin. Sagen Sie ihm,
    daß wahrscheinlich Chicagoer Gangster sie führen. Davon
    soll er ausgehen und zusehen, ob er dabei an weitere nach-
    richtendienstliche Erkenntnisse über Hoffa herankommt.«
    Gäste gingen durch die Garderobe. Eine Frau schleifte
    ihren Nerzmantel hinter sich her. Dean Acheson war beinahe
    darüber gestolpert.
    Bobby zuckte zusammen. Kemper beobachtete, wie sich
    sein Blick trübte.
    »Was ist?«
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    »Nichts.«
    »Kann ich sonst noch was für Sie –?«
    »Nein, nichts. Nun, wenn Sie mich entschuldigen –«
    Kemper lächelte und kehrte zur Party zurück. Der große
    Saal war voll von Leuten, man konnte sich nur mühsam
    hindurchschlängeln.
    Immer wieder schauten die Leute zu der Frau mit dem
    Nerz hinüber. Sie ließ den Mantel vom Butler streicheln. Sie
    bestand darauf, daß Leonard Bernstein ihn anprobierte. Sie
    schlängelte sich im Mambo-Schritt durch die Menge und
    stibitzte Joe Kennedys Drink.
    Joe überreichte ihr ein kleines, in Geschenkpapier gepacktes
    Schächtelchen. Die Frau steckte es in die Handtasche. Drei
    Kennedy-Schwestern zogen sich beleidigt zurück.
    Peter Lawford begaffte die Frau. Benett Cerf glitt vorbei
    und blinzelte ihr verstohlen in den Ausschnitt. Vladimir
    Horowitz winkte sie zum Klavier.
    Kemper nahm einen Privataufzug in die Lobby. Er ging zu
    einem der Gästetelefone, zeigte der Telefonistin die Dienst-
    marke und verlangte eine Direktverbindung nach Chicago.
    Sie stellte die Verbindung her. Helen nahm beim zweiten
    Klingeln ab.
    »Hallo?«
    »Ich bin’s, Süße. Dein Ex-Schwarm.«
    »Kemper! Wie bist du denn auf einen so klebrigen Süd-
    staatenakzent

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