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Ein Ballnachtstraum

Ein Ballnachtstraum

Titel: Ein Ballnachtstraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jillian Hunter
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Haus.“
    Ihre unvermutete Gegenwehr brachte Ralph einen kurzen Moment aus dem Gleichgewicht, aber nicht lange genug. Nach kurzem Zögern stürmte Thalia zur Tür. Ralph stieß ihr den Arm in die Magengrube, sie taumelte rückwärts auf das Bett. Mit der anderen Hand hob er das Messer und drückte die Klinge gegen Eloises Kehle. Sie schluckte krampfhaft. Warum ausgerechnet heute? Dieser Tag sollte für Thalia der Beginn eines neuen Lebens sein.
    „Wie kannst du nur so grausam sein?“, fragte sie voller Entrüstung und Abscheu, ihre Stimme klang kräftiger, als ihr zumute war. „Es ist ihr Hochzeitstag. In diesem Augenblick sollte sie die Ringe mit ihrem Bräutigam tauschen.“
    Er grinste bösartig. „Wir hatten auch einmal vor zu heiraten. Deinen eigenen Hochzeitstag zu verpassen, schien dich nicht zu stören.“
    „Wir geben Ihnen Geld“, flüsterte Thalia tränenerstickt und richtete sich zum Sitzen auf. „Mein Bruder gibt Ihnen alles, was Sie fordern.“
    „Ich will meinen Stolz wiederhaben.“ Mit der Messerspitze schlitzte er den Ärmel von Eloises hellblauem Satinkleid von der Schulter bis zum Spitzenbesatz am Ellbogen auf.
    Sie schloss die Augen. Es gab keine Waffe in diesem Zimmer; Lord Thorntons Pistole hatte sie wieder in seine Schreibtischschublade gelegt. Horace war gewiss bereits in Lady Heatons Haus angelangt. Und Drake hatte sie wissen lassen, dass sie ihn vermutlich erst nach dem Hochzeitsempfang sehen könne. Sie hatte ihm versprochen, sobald sie sich von Thalia verabschiedet hatte, ihr früheres Leben hinter sich zu lassen und ihm alle Aufmerksamkeit zu schenken, die er von ihr erwartete.
    Irgendwann würde jemand kommen.
    Aber dann wäre es zu spät.
    Die Knöpfe ihres Kleides kullerten klappernd über die Eichendielen. „Löse dein Haar für mich, Ellie“, befahl Ralph und presste die Breitseite der scharfen Messerklinge an ihre Brüste. Der kalte Stahl erschreckte sie.
    Unwillkürlich riss sie die Augen auf. Ihr Blick flog zum Bett. Thalia hatte die Hände vors Gesicht geschlagen, mittlerweile zu verängstigt, um einen zweiten Fluchtversuch zu wagen. Ralph drückte die Klinge noch immer gegen Eloises Brust. Ihr Haar … er hatte etwas von ihrem Haar gesagt. Widerstrebend hob sie die Arme mit ruckartigen Bewegungen wie eine Marionette. Sie hatte sich das Haar mit den langen altmodischen Nadeln von Thalias Großtante festgesteckt, die ihr in die Kopfhaut stachen, aber ihre Lockenmähne bändigten.
    Langsam, eine nach der anderen, zog sie die Nadeln aus der Hochfrisur. Die abgestumpften Spitzen pieksten in ihre Handflächen, taugten aber nicht als Waffe. Das Haar wallte ihr über die Schultern.
    „Und nun das Kleid“, ordnete Ralph keuchend an.
    „Das Kleid“, wiederholte sie tonlos. Ihre Worte hallten durch das totenstille Zimmer. Sie fühlte sich wie in einem Albtraum. In diesen Minuten sollte eine Trauung stattfinden, und hinterher sollte sie bei dem Empfang das Auftragen der Silberplatten überwachen. Krebsschwänze in Dillsoße, hauchdünn geschnittener rosiger Schinken, perlender Champagner, Lachen, Glückwünsche, fröhliche, strahlende Gäste. Thalia und sie hatten vor Aufregung nicht gefrühstückt. Ihr Magen krampfte sich zusammen, allerdings nicht vor Hunger. Eloises Finger streiften die glitzernde Schmetterlingsbrosche, die Thalias Großtante ihr vermacht hatte. Die Nadel hatte sich aus dem Verschluss gelöst.
    Helfen Sie mir, Udella!, flehte sie stumm. Sie haben mir diese Brosche aus gutem Grund hinterlassen. Geben Sie mir Kraft!

30. KAPITEL
    Drake stand vor dem Portal seines Hauses und blickte die nasse windgepeitschte Straße entlang. Was mochte Eloise wohl in diesem Augenblick tun? Vermutlich wachte sie wie ein Zerberus über Thalia und trieb sie zur Eile an, damit sie rechtzeitig an der Seite ihres Bräutigams erschien. Denkbar wäre auch, dass sie sich vor Horace Thorntons Zudringlichkeiten schützte. Der Schwächling brauchte nur ein paar Gläser Champagner und eine romantische Stimmung, um seine Versprechungen zu vergessen. Vielleicht wäre es angebracht, ihm einen Überraschungsbesuch abzustatten.
    Was für ein scheußlicher Tag für eine Hochzeit und ein noch scheußlicherer für einen Spaziergang oder eine Kutschfahrt im Park. Andererseits war das Wetter ideal, um sich mit der Frau, die man begehrte, in einem weichen, warmen Bett mit leidenschaftlichen Liebesspielen zu vergnügen.
    Verdammt noch mal! Er konnte einfach nicht aufhören, an sie zu denken. Eloise

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