Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs
leben, essen, kochen. Lernen Sie von ihnen, egal, wo Sie gerade sind. Nutzen Sie jede Gelegenheit, in den besten
Küchen zu arbeiten, die Sie aufnehmen, egal, wie wenig man Ihnen zahlt (wenn überhaupt), nutzen Sie jede Beziehung, bewerben Sie sich bei jedem großen Küchenchef, bei dem Sie auch nur den Schimmer einer Hoffnung auf Anstellung haben. Bleiben Sie dran. Ein befreundeter Dreisternechef in Europa erzählte mir, er habe Monat für Monat ein Fax mit der Bewerbung eines jungen Kochs bekommen und jedes Mal mit »Nein« geantwortet. Doch schließlich habe er nachgegeben, weil ihn die bedingungslose Entschlossenheit des Jungen beeindruckt habe. Das Geld, das Sie sich in dieser Phase Ihres Lebens leihen, um zu reisen und Erfahrungen in wirklich guten Küchen zu sammeln, ist möglicherweise besser angelegt als jeder Studentenkredit. Ein Abschluss als Koch ist zwar enorm hilfreich, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Ein Jahr in der Küche des Mugaritz, des L’Arpège oder des Arzak kann Ihr Leben verändern und Ihnen die Tür zu anderen Spitzenrestaurants öffnen. Alle großen Köche kennen einander. Liefern Sie beim einen gute Arbeit ab, dann bringt er Sie beim nächsten unter.
Kurz: Wenn Sie das Glück haben, all das zu schaffen, dann versauen Sie es nicht. Wie schon gesagt, kennen sich alle großen Köche untereinander.
Und ich will noch einmal wiederholen, dass ich keinen meiner Ratschläge befolgt habe.
Manchmal finde ich es ein bisschen traurig, wenn ich bei einer Lesung von Geständnisse eines Küchenchefs im Publikum jungen Fans begegne, die sich mit meinem Buch über ihre schlechtesten Charaktereigenschaften hinwegtrösten. Das ist natürlich völlig verständlich. Und ich freue mich, wenn sie mich mögen.
Aber lieber ist es mir, wenn die Leser schon eine Karriere und Reisen hinter sich haben, wie ich, als ich das Buch schrieb. Es ist schön, wenn sie mit den Höhen und Tiefen etwas anfangen können, mit den Frustrationen und Absurditäten, wenn auch sie mit einer Mischung aus Nostalgie und echtem Bedauern Rückschau halten, sich an Sex auf Schneidebrettern und Mehlsäcken erinnern, an den nächtlichen Kokainrausch, den abgefahrenen Kameradschaftsgeist, der sich nur in den hektischsten Billigspelunken einstellt, oder in Restaurants, die gerade eingehen. Für sie habe ich das Buch überhaupt geschrieben. Für diese Leser ist es sowieso zu spät.
Doch die jungen Nachwuchsköche, die Abertausenden - jedes Jahr ein neuer Abschlussjahrgang, im Glanze ihrer Tätowierungen und Piercings strahlend -, um die mache ich mir Sorgen, weil der eine oder andere vielleicht nicht begreift, worum es geht.
Ich kann in Geständnisse eines Küchenchefs keine Stelle finden, an der es heißt, dass es eine gute Entscheidung ist, Kokain oder Heroin zu nehmen. Wenn man die vielen Episoden des Schmerzes und der Erniedrigung und des Pleiteseins betrachtet, könnte man das Buch durchaus als Warnung verstehen. Trotzdem werden mir bei Lesungen und Signierstunden dauernd ungefragt Päckchen mit rätselhaftem weißen Pulver, Tütchen mit Kokain und dicke, sorgfältig gedrehte Joints aus selbst angebautem Gras in die Hand gedrückt oder in die Tasche gesteckt. Sie landen alle im Müll oder bei den Pressevertretern. Das weiße Zeug, weil ich verdammt noch mal ein ehemaliger Junkie bin, und das Gras, weil man mich schon nach einem einzigen, von irgendeinem
Psycho mit Angel Dust verzierten Joint im Fernsehen dabei bewundern könnte, wie ich, eine Kappe aus der Haut eines ermordeten Terriers bis über beide Ohren gezogen, splitternackt durch Milwaukee renne.
Ein Joint am Ende eines Arbeitstages ist fast immer eine schöne Sache, aber ehrgeizigen jungen Köchen rate ich dringend davon ab, sich mitten in ihrer Schicht einen zu genehmigen. Wenn du die Eilanfragen des Annonceurs mit einer Dosis Dope tatsächlich besser bearbeiten kannst, dann segne dich Gott, du Freak. Falls du aber auch nur annähernd reagierst wie ich, dann bist du nur noch für eine Schüssel Chips und Simpsons- Wiederholungen zu gebrauchen.
Wenn du dagegen bei Chili’s Burritos aufwärmst oder bei T.G.I. Friday’s Makkaroni frittierst, könntest du einen Joint bestimmt gut gebrauchen. Seine Verzweiflung mit Drogen und Alkohol zu bekämpfen ist eine gute alte Tradition. Ich würde dir nur raten, dir genau zu überlegen, ob die Lage wirklich so schlimm und aussichtslos ist, wie du glaubst. Ohne das Thema zu Tode reiten zu wollen: Sieh dir einmal die Leute an, mit
Weitere Kostenlose Bücher