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Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs

Titel: Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Bourdain
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Gerücht.

    Ich möchte natürlich niemanden dazu überreden, etwas so Unmoralisches und eindeutig Rechtswidriges zu tun.
    Ich mein ja nur …
    Kalorienangaben sind laut einem vor Kurzem erschienenen Artikel in der New York Times völlig sinnlos. Die Oberschenkel Amerikas werden dicker und dicker. Die Zahl der Typ-2-Diabetes-Erkrankungen bei Kindern ist alarmierend gestiegen.
    Der Gedanke, Fast Food gesetzlich zu verbieten, ist für mich prinzipiell abstoßend. Wir würden eindeutig eine Grenze überschreiten, wenn wir als Nation so infantilisiert wären, dass die Regierung einschreiten und uns den Whopper aus der Hand nehmen müsste. Die Vorstellung gefällt mir nicht - aber es wird wahrscheinlich so kommen. Wenn wir erst einmal so weit sind, dass wir keine Armee mehr aufstellen können, weil unsere jungen Männer nicht mehr körperlich fit genug sind - oder die öffentliche Sicherheit als gefährdet gilt, weil irgendwo eine übergewichtige Person bei einem Feuer im Notausgang stecken blieb -, dann kommt es ganz bestimmt so.
    Wie wahrscheinlich auch eine »Dickensteuer« - bei Zigaretten hat das ja gut funktioniert.
    Zuerst wurden Zigaretten mit einer grauenhaft hohen Steuer belegt. Dann wurden die Raucher von ihrem Arbeitsplatz, aus Restaurants und Bars vertrieben - in einigen Fällen sogar aus ihren Häusern und Wohnungen. Sie wurden bestraft, dämonisiert, ins gesellschaftliche Aus manövriert, wie Tiere in die Kälte getrieben, bis schließlich viele - ich auch - das Rauchen aufgaben.
    Ich will nicht, dass meine Tochter so behandelt wird.

    Warum sollte ich noch länger warten?
    Ich halte es für falsch, dass kleine Mädchen in einer Welt aufwachsen, in der dünne, magersüchtige Schauspielerinnen und bizarr schlaksige, ungesund dürre Models als weibliche Schönheitsideale gelten. Kein Mädchen sollte dazu gedrängt werden, diesem Bild nachzueifern.
    Ich finde es aber auch nicht »okay«, wenn man krankhaft übergewichtig ist. Es hat nichts mit einem »anderen Lebensstil« zu tun oder gar einer »Entscheidung für ein bestimmtes Erscheinungsbild«, wenn man sich nicht mehr allein aus dem Autositz hieven kann.
    Ich überlege ständig, wie ich meiner Tochter helfen kann, sich richtig zu ernähren - ohne die üblichen Druckmittel. Sätze wie »Schau doch nur, wie hübsch und dünn Miley Cyrus ist!« werden mir nie über die Lippen kommen, denn sie können ein junges Mädchen in die Bulimie, in die Arme der falschen Männer und schließlich zu Crystal Meth treiben.
    Kürzlich las ich eine Studie, bei der festgestellt wurde, dass »schwierige« Lebensmittel wie Leber, Spinat, Brokkoli und andere Klassiker, die man auch mit dem »Aber-das-ist-so-gesund«-Argument nur schwer ans Kind bringen kann, eher gegessen werden, wenn sie in tröstend bunte Schächtelchen von McDonald’s verpackt sind. Zuerst war ich entsetzt, dann … inspiriert.
    Anstatt Ronalds allzu hohen Stellenwert bei Kindern zu nutzen, um meiner Tochter Spinat unterzujubeln, könnte ich mir doch den Umkehreffekt zunutze machen! Ich könnte die furchtbare Macht des Goldenen M in den Dienst des Guten stellen!

    Ich habe vor, etwas ausgesprochen Ekliges mit einem verlockenden Schokoladenguss zu überziehen und es dann in McDonald’s-Papier zu wickeln. Natürlich nichts Gefährliches - aber etwas, das eine Zweieinhalbjährige hochgradig »igitt!« - vielleicht gar verstörend - findet. Vielleicht einen Schwamm, der in Essig getaucht ist. Oder einen Haarballen. Den Kopf einer Barbiepuppe. Das werde ich dann in die bekannte Pappschachtel legen und irgendwo zufällig liegen lassen, wo meine Tochter es findet. Vielleicht warne ich sie sogar. »Wenn du irgendwo etwas von diesem bösen McDonald’s siehst … darfst du es auf keinen Fall essen!«, könnte ich sagen. »Daddy hat Schokolade gekauft und dummerweise irgendwo liegen gelassen«, könnte ich hörbar murmeln und mich dann auf den weiten Weg in die Waschküche machen.
    Eine frühe traumatische Erfahrung in Verbindung mit Ronald wäre nur zu ihrem Besten.

Ich tanze
    Well I don’t want some cocaine sniffing triumph in the bar
Well I don’t want a triumph in the car
I don’t want to make a rich girl crawl
What I want is a girl that I care about
Or I want no one at all...
    Jonathan Richman
     
     
    I ch tanze.
    Ich tanze Twist - oder so was Ähnliches. Und obwohl ich beim bloßen Gedanken, dass es dafür Zeugen gibt, vor Scham im Erdboden versinken könnte, tanze ich nicht allein. Um mich herum schwingen

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