Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen
dass Justin direkt hinter mir war und bereits einen Stuhl auf seine Standfestigkeit überprüfte.
„Was zum Teufel soll das?“ fragte ich.
Er sah bestürzt hoch. „Ich suche einen Stuhl, auf den ich mich stellen kann, um die Glühbirne auszutauschen.“
„Nein, nein, nein“, rief ich genervt. „Ich meine das mit
ihr
.“ Ich deutete grimmig Richtung Tür. „Tanya ist so was wie die Schlampe des Hauses, Justin. Wir haben uns früher doch immer lustig über sie gemacht. Weißt du noch? Vor kaum einem Monat hast du noch gesagt, dass sie besser eine Drehtür einbauen sollte, damit die Männer schneller rein und raus kommen.“
Seine Augen weiteten sich. „Du glaubst, dass Tanya und ich …“ Dann lachte er. „Na, komm schon, Angie, du müsstest mich eigentlich besser kennen.“
„Müsste ich?“ Ich schaute in diese grünen Augen und suchte nach dem Justin, den ich einmal gekannt und bewundert hatte.
Er seufzte. „Ich habe sie zufällig im Treppenhaus getroffen, und sie fragte nach Lauren. Und bevor ich es richtig merkte, erzählte ich ihr schon bei einem Glas Wein in ihrer Wohnung die ganze Geschichte. Stell dir vor, sie hat ganz gute Tröpfchen in ihrem Weinregal. Ziemlich beeindruckend …“
„Darauf wette ich.“
„Angie, sie war nur freundlich. Sie wusste, dass Lauren und ich ziemlich lange zusammen waren, sie wollte einfach wissen, ob es mir gut geht …“
„Klar, du hast ja auch ziemlich verzweifelt ausgesehen, wie du da im Treppenhaus mit ihr geredet hast.“
„Was weißt du denn schon?“ Er schien plötzlich verärgert. „Du warst in letzter Zeit ja nicht gerade oft da, um mit mir zu sprechen. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit bist du doch zu Smirk gerannt. Woher zum Teufel willst du wissen, was ich durchmache?“
„Ich dachte, du hättest mich lieber nicht um dich, seitdem du deinen … deinen Harem mit nach Hause bringst!“
„Harem?“ Er lachte. „Wovon zur Hölle sprichst du?“
„Jenna? Hallo? Lag sie nicht auf dem Sofa ausgestreckt und sah aus, als wolle sie in der Sekunde, in der du die Gitarre weglegst, sofort auf deinem Schoß herumtanzen?“ Wütend sah ich zu ihm rüber.
„Jenna ist nur eine Freundin. Sie hilft mir mit meinem Auftritt …“
„Sie ist nur eine verdammte Bedienung, Justin! Ich glaube kaum, dass eine Frau, die ein Bier mit schöner Schaumkrone zapfen kann, dir dabei helfen kann, ein Superstar zu werden, was du ja offenbar gerne sein möchtest.“
„Ach, das glaubst du also nicht, oder? Nun, dann solltest du vielleicht wissen, dass die Bedienung, von der du so viel hältst, mir einen Soloauftritt im
Back Fence
besorgt hat!“
„Wirklich?“ fragte ich. „O Justin, das ist ja fantastisch. O mein Gott, wann denn?“
„Freitagabend“, sagte er selbstzufrieden.
„Diesen
Freitag?“
„Allerdings.“
„Justin, das ist ja schon in zwei Tagen! Hast du denn dein ganzes Material zusammen?“
„Natürlich. Ich habe jede Nacht daran gearbeitet, seit ich aus Florida zurück bin. Was du natürlich nicht wissen kannst.“
„Aber das muss doch bekannt gemacht werden! Justin, zwei Tage reichen längst nicht, um Agenten einzuladen oder wenigstens deine Freunde!“ Sofort ging ich gedanklich die Liste von Leuten durch, die ich auftreiben konnte, um Justin zu unterstützen.
„Ich schicke E-Mails.“ Er zuckte mit den Schultern.
„Soweit ich weiß, kann man Agenten nicht in der letzten Sekunde einfach eine Mail schicken.“
„Ich werde C.J. einladen.“ Das war sein Freund aus Westchester, der in der Plattenindustrie arbeitete. „Davon abgesehen kommen Talentsucher ganz von alleine ins
Back Fence
.“
„Verlässt du dich da nicht ein wenig zu sehr auf dein Glück? Ich meine, wann wirst du in naher Zukunft noch mal die Chance für so einen Soloauftritt bekommen? Du musst dich darauf vorbereiten, die richtigen Leute müssen kommen …“
„Gott, Angie, du machst dir viel zu viele Gedanken. Das klappt schon.“
Aber da es nun mal meine Art war, mir Sorgen zu machen, machte ich mir eben Sorgen. Warum sollte ich das nicht tun, wo mein Mitbewohner und bester Freund sich immer tiefer ins Elend stürzte und ins promiskuitive Leben, wie ich anhand der atemlosen weiblichen Stimme feststellen musste, die ich später am Abend am Telefon hatte. Ich tat das Einzige, was ich tun konnte: Ich schickte jedem, der mir einfiel, eine E-Mail und flehte, zu Justins Auftritt zu kommen. Danach ging ich zu Kirk, weil ich nicht mit ansehen wollte, wie Justin
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