Ein bißchen Single - und andere bühnenreife Vorstellungen
waren, und eine Hose, die beim Waschen ein paar Zentimeter eingegangen war. Doch als ich nicht aufhörte, nachzuhaken, schob sie mich einfach aus der Tür und sagte zum hundertsten Mal, dass es nichts zu diskutieren gebe.
Ich musste an Vincent denken. Vincent, dem ich im Alter von sechzehn meine unsterbliche Liebe geschworen hatte. Vincent, der so sicher glaubte, dass wir füreinander bestimmt waren, selbst dann noch, als ich nach meinem ersten Semester am College mit einem neuen Freund nach Hause kam. „Du kannst mit anderen Typen gehen“, sagte er mit dieser grimmigen Intensität, wegen der ich mich so wahnsinnig in ihn verliebt hatte. „Aber mich wirst du heiraten.“
Ein Teil von mir hatte daran geglaubt. Bis zu dem Tag, an dem meine Mutter mich angerufen und mir erzählt hatte, dass Vincent verlobt sei.
Verstehen Sie, was ich damit sagen will? Von diesem Mann hatte ich einmal gedacht, dass er mein Seelenpartner war. Den ich einmal in einem besonders leidenschaftlichen Moment gefragt hatte, was er tun würde, wenn ich stürbe. (Zu dieser Zeit war ich siebzehn, da kann man mir die Melodramatik schon verzeihen.) Mit der Ernsthaftigkeit eines jungen Mannes, der gerade seinen ersten simultanen Orgasmus erlebt hatte, entgegnete er, dass er dann auch sterben würde.
Damals hatte ich nicht nach Erklärungen gesucht. Hatte sie nicht gebraucht. Alles, was ich wissen musste, war, dass er der Richtige war. Der Mann, mit dem ich durchs Leben gehen wollte.
Ich wollte nicht darüber nachdenken, ob Kirk dieser Mann war. Ich musste die Dinge nüchtern betrachten. Er war der Mann, mit dem ich nach Massachusetts ging. Und viel mehr konnte ein Mädchen mit einunddreißig doch nicht erwarten, oder? Die Party war vorbei.
Colin hingegen war der Ansicht, dass die Party erst angefangen hatte.
„Angie, das ist fantastisch“, sagte er am nächsten Morgen, als ich ihm von dem Gespräch mit Kirk erzählte. Wir hatten bereits unsere Trainingsklamotten angezogen und warteten darauf, dass Rena ihr Telefongespräch beendete, damit die Aufzeichnung beginnen konnte.
„Ja“, antwortete ich lächelnd, und spürte zum ersten Mal seit dem Abendessen mit Kirk so etwas wie Begeisterung. Ich konnte gar nicht anders, nachdem Colin mich anstrahlte, als ob mir eine Hauptrolle neben Mel Gibson angeboten worden wäre. Doch Colin hielt das wirklich für eine Art Hauptrolle – und zwar zur Abwechslung mal in meinem eigenen Leben. Warum fühlte ich mich dann so, wie vermutlich William Shatner in der letzten Staffel von
Star Trek
? Nämlich, als würde ich in der Falle sitzen?
„Das bedeutet vermutlich, dass du nicht die Mutter meiner Kinder werden wirst?“ witzelte Colin.
Genau in diesem Augenblick erklang ohrenbetäubendes Gebrülle, und Colin und ich beobachteten, wie die kleinen Feger ins Studio gerannt kamen. Eines der Kinder – ein zierliches, rothaariges Mädchen in einem rosa Trikot – war offensichtlich nicht sonderlich begeistert. Ich betrachtete das versteinerte kleine Gesicht, als das Mädchen sich heftig aus den Armen seiner Mutter befreite.
Und fragte mich, ob ich Kirk so einen Irrsinn jemals versprechen konnte.
„Ich hasse dich!“ erklärte das Mädchen jetzt, sie war kurz davor, sich zum Entsetzen ihrer Mutter auf den Boden zu werfen und einen Wutanfall zu bekommen, als Rena aus ihrem Büro trat und mit einem Händeklatschen befahl: „Alle auf Position!“
Ich beobachtete Rena mit so etwas wie Bewunderung, als sie graziös auf ihren Tänzerinnenfüßen zu besagter Mutter schritt. Sah ihre Selbstsicherheit, als sie mit gedämpfter, aber energischer Stimme auf die Mutter einredete und dabei auf das Kind deutete, das sich inzwischen wie in Todesqualen auf dem Boden wand. Ich war tief beeindruckt zu sehen, wie schnell die Mutter das noch immer brüllende Kind hochhob und aus dem Studio schleppte. Als Rena sich zu den übrig gebliebenen Kindern umdrehte, die sich ordentlich vor Colin und mir aufgereiht hatten, lächelte sie schon wieder. „Können wir dann anfangen?“
In dieser Sekunde war mir klar, dass ich eine Armee von Renas brauchen würde, sollte ich jemals eigene Kinder haben.
Allerdings hatte ich keine Zeit, mir eine schreckliche Zukunft mit schreienden Kindern auszumalen, denn die Musik hatte begonnen …
Wake up, wake up …
It’s time to rise and shine!
Als wir die halbe Stunde hinter uns gebracht hatten, schwitzte ich wie verrückt. Und das hatte nichts mit dem Training zu tun.
Auf meinem Heimweg rief
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