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Ein Braeutigam und zwei Braeute

Ein Braeutigam und zwei Braeute

Titel: Ein Braeutigam und zwei Braeute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Bashevis Singer
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naiv.«
      Später bat Vater den Schlichter der Erben zu einer vertraulichen Unterredung. »Was kann man hier tun?«
      »Was man tun kann? Jeder von denen ist ein ausgefuchster Ganove. Jeder dieser Partner stellt den besten Taschendieb in den Schatten. Sie haben soviel ergaunert, daß wir noch nach Jahren zu keiner Übereinkunft kommen werden …«
      »Reichte ihr Einkommen nicht zum Leben?«
      »Im Gegenteil.«
      »Warum haben sie es dann getan?«
      »Einfach so.«
      »Ja, ja, es ist Zeit, daß der Messias kommt«, bemerkte Vater.
      »Ach und Weh, es ist Zeit … höchste Zeit!«
      »Sie haben es so raffiniert gedeichselt, daß nur der Buchhalter und der Kassierer dafür ins Gefängnis kommen«, sagte der Schlichter. »Aber wie soll das Ganze ausgehen? So wie jeder von denen zu seinem Rebbe reist, genauso ist jeder von denen fähig, mit geschlossenen Augen zu stehlen.«
      »Wie wollen wir wissen, ob sie nicht weiter so handeln?« fragte Vater.
      »Eine Garantie gibt es nicht …«
      Der Rechtsstreit zog und zog sich hin. Mal wurde geschrien, mal in freundlichem Ton gesprochen. Der Mann mit dem schwarzen Bart beschrieb die wunderschöne Hochzeit, die er seiner jüngsten Tochter ausgerichtet hatte. Der Wienersaal war voll gewesen. Das junge Paar hatte bergeweise Hochzeitsgeschenke bekommen. Zwei Klezmerkapellen hatten aufgespielt. Der Rebbe persönlich hatte die Trauung vorgenommen.
      »Aber das muß Sie ein Vermögen gekostet haben!« rief Vater dazwischen.
      »Mögen wir jede Woche soviel beiseite legen können.«
      Vater sah mich an und schien zu sagen: Lohnt es sich, dafür ein Betrüger zu sein?
      Nein, diese Leute stahlen und betrogen nicht, weil sie Geld für Brot brauchten. Sie stahlen, um in Kurbäder zu reisen und über Promenaden zu flanieren, um ihren Töchtern eine riesige Mitgift zu geben und ihren Frauen Schmuck zu kaufen, um in eleganten Hotels abzusteigen und in der Eisenbahn zweiter Klasse reisen zu können.
      Spätabends, als alle gegangen waren, fragte ich Vater: »Wie können fromme Juden sich so verhalten?«
      »Dummerchen, wenn sie sich so verhalten, sind sie nicht fromm.«
      »Aber sie machen Reisen zu ihrem Rebbe.«
      »Laß sie.«
      »Aber jedermann hält sie für fromm.«
      »Darauf kommt es nicht an. Der Herr der Welt läßt sich nicht täuschen.«
      »Vielleicht läßt Gott sich doch täuschen?«
      »Schlingel!«
      Als Erben und Partner am nächsten Morgen wiederkamen, erklärte Vater ihnen: »Sie haben tagelang hier gesessen, und Ihr müßiges Geschwätz hat mich vom Studium der heiligen Schriften abgehalten – aber ich kann keinen Richterspruch fällen. Sie müssen mir nichts zahlen. Ich will mit diesem Fall nichts mehr zu tun haben.«
      »Warum haben Sie ihn dann angenommen?«
      »Ich dachte, es ginge bloß um eine Meinungsverschiedenheit … aber so, wie die Dinge liegen, wie wollen Sie da zu einer Einigung kommen? Die erste Erfordernis ist – wie es die Tora bestimmt –, zurückzugeben, was gestohlen wurde. Wenn man stiehlt, muß man das gestohlene Gut zurückgeben – und wenn es nur die allergeringste Münze ist.«
      »Aber Rabbi, mir war nicht klar, wie naiv Sie sind!« rief der Schlichter der Parteien aus.
      »Ich will für derartige Dinge keine Verantwortung übernehmen … Wenn Sie sich einigen wollen, dann einigen Sie sich bitte untereinander.«
      Der schwarzbärtige Partner fixierte Vater mit stierem Blick, als wolle er ihn mit seinen schwarzen Augen erdolchen. Der Partner mit dem blonden Bart machte ein Gesicht, als habe er auf etwas Saures gebissen.
      Der andere Schlichter schlug Vater eine vertrauliche Unterredung vor, doch Vater sagte: »Ich spreche nicht mehr über diese Angelegenheit.«
      Alles brach auf und ließ Rauch und Tellerchen voller Asche und Zigarettenstummel zurück. Mutter kam herein, um aufzuräumen und sauberzumachen. Ihr Gesicht war knallrot.
      »Also was hat dieses Vorgehen dir nun gebracht?« fragte sie.
      »Ich konnte nicht mehr. Die ganze Sache ist durch und durch abscheulich«, erwiderte Vater.
      »Und wie sollen die Kinder etwas zu essen bekommen?«
      »Wenn nichts zu essen da ist, werden sie fasten«, antwortete Vater ärgerlich.
      Der Rechtsstreit hatte Vater mitgenommen. Er sagte zu mir: »Glaub nicht, daß alle Juden so sind, Gott bewahre. Für jeden Dieb gibt es eine Vielzahl anständiger Menschen. Man hört nur nicht von ihnen. Diese

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