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Ein Braeutigam und zwei Braeute

Ein Braeutigam und zwei Braeute

Titel: Ein Braeutigam und zwei Braeute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Bashevis Singer
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Der Mann sagte fast kein Wort. Wenn er doch seinen Mund aufmachte, redete er wie ein grober Kerl, der gleichzeitig erschrocken und kampfbereit war.
      Nach langatmigen Streitereien und Klagen gingen die Eheleute schließlich. Warschau war eine riesige Metropole, und selbst die Krochmalna war eine Großstadt. Mehrere Tage vergingen, vielleicht sogar einige Wochen, ohne daß wir etwas von dem Paar hörten. Ein streitendes Paar war nichts Besonderes! Das hatten wir täglich, sogar zehnmal täglich. Ja, in der Krochmalnastraße gab es Ehepaare, die auf die Straße gingen, wenn sie sich bekriegen wollten, und dort auf Publikum warteten. Was hatte es denn für einen Sinn, in den eigenen vier Wänden zu streiten?
      Eines Tages öffnete sich plötzlich die Tür, und der Mann, der den Herd verspielt hatte, kam herein. Er wirkte abgemagert, zerknittert, verwahrlost. Seine Wangen waren eingefallen, sein früher gerötetes Gesicht war jetzt blaß. Sein Schnurrbart war nicht mehr keck nach oben gezwirbelt, sondern hing kläglich herunter wie der eines heruntergekommenen Hausknechts. Selbst seine Stiefel hatten ihren einstigen Glanz verloren.
      »Ist der Rabbi da?«
      »Ja, im nächsten Zimmer.«
      Der Mann verstummte für eine Weile. Auch Mutter schwieg, aber ich spürte, daß beide reden wollten. Schließlich fragte Mutter, was passiert sei.
      »O Rebbezin, es steht schlecht.«
      »Was? Erzählen Sie.«
      »Man hat uns geschieden.«
      »Wo?«
      Der Mann nannte die Straße.
      Mutter schlug entgeistert die Hände zusammen. »Schande über sie! Für ein paar Rubel sind sie bereit, Menschen zu zerstören!«
      Wieder herrschte Schweigen. Dann fragte Mutter: »Was sind Sie? Kohen? Levit? Israelit?«
    »Ich? Hm, keine Ahnung.«
      »Hat Ihr Vater jemals in der Synagoge den Priestersegen gespendet?«
      »Mein Vater? Den Priestersegen? Nein. Warum fragen Sie?«
      »Gehen Sie zu meinem Mann hinein.«
      Als Tochter eines Rabbis wußte Mutter sehr wohl, was sie fragte. Ein Levit oder Israelit darf die Frau wieder heiraten, von der er sich hat scheiden lassen. Ein Kohen jedoch darf keine geschiedene Frau heiraten, selbst wenn es die frühere eigene Frau ist.
      Der Mann empfand tiefe Reue und schüttete Vater sein kummervolles Herz aus. Er war zornig gewesen, seine Frau ebenfalls überreizt, und ein Rabbi war gierig auf die paar Rubel. Und hatte sie also eins zwei drei geschieden. Aber ihr Zorn verging. Die Kinder weinten und sehnten sich nach ihrem Vater. Seine Frau war nicht mehr sie selbst. Und auch er sehnte sich ganz fürchterlich nach Frau und Kindern. Ja, er wußte, er hatte sich übel aufgeführt, aber er wollte wieder ein anständiger Mensch werden. Er hatte geschworen, keine Karte mehr anzurühren. Er werde nicht mehr trinken. Er liebte seine Frau und war ein treuer Vater. Seinen Kindern zuliebe war er bereit, sein altes Leben aufzugeben. Und er wollte sein getreues Weib wieder heiraten.
      »Sie sind kein Kohen?« fragte Vater rasch.
      Der Mann sagte, nein, aber Vater schickte mich los, um die frühere Ehefrau des Mannes zu holen und ihr zu sagen, sie solle entweder den Scheidebrief oder ihre Heiratsurkunde mitbringen. Vater vergewisserte sich, daß der Mann kein Kohen war. Er war froh. Mutters Laune besserte sich gleichfalls. Da nun der Schaden wiedergutgemacht werden konnte, redete Vater dem Mann ins Gewissen: Schämen Sie sich nicht? Wie kann man sich nur so sehr vom körperlichen Teil der Welt vereinnahmen lassen? Des Menschen Seele stammt ab vom Thron Gottes. Sie wird in diese Welt herniedergesandt, um vervollkommnet, nicht, um verdorben zu werden. Man lebt nicht ewig. Es kommt die Zeit, da der Mensch Rechenschaft ablegen muß …
      Der Mann nickte zustimmend zu allem, was Vater sagte. Die Frau stand da und rang die Hände – nicht im Gerichtszimmer, sondern in der Küche. Auch sie war in der Zwischenzeit blaß und trübsinnig geworden. Sie zeigte Mutter, daß sie so stark abgenommen hatte, daß ihr das Kleid fast von der Schulter rutschte. Nachts konnte sie nicht schlafen. Sie hatte einen Knoten im Hals und konnte nicht einmal weinen …
      Plötzlich begann sie so furchterregend zu wimmern, daß man kaum glauben mochte, daß das eine Menschenstimme war. Da begriff ich, daß Mann und Frau einander über alle Maßen liebten und einander so stark verbunden waren, daß keine Scheidung dieses Band zerreißen konnte.
      Ja, jener Rabbi, der Betreiber jener

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