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Ein diplomatischer Zwischenfall

Ein diplomatischer Zwischenfall

Titel: Ein diplomatischer Zwischenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Eifersucht wuchs und quälte ihn. Waren Sie Richs Geliebte oder nicht? Er wusste es nicht. Aber er musste es wissen! Also ein Telegramm aus Schottland, das Telegramm, das nie abgeschickt wurde, das niemand sah. Der Koffer für eine Nacht wird gepackt und zweckdienlich im Klub vergessen. Ihr Gatte hat wahrscheinlich ausfindig gemacht, wann Rich nicht zuhause ist, und geht um diese Zeit in die Wohnung. Dem Diener sagt er, er möchte ein paar Zeilen schreiben. Sobald er allein ist, bohrt er die Löcher in die Truhe, rückt den Wandschirm zurecht und klettert in die Truhe. An diesem Abend will er die Wahrheit erfahren. Vielleicht bleibt seine Frau zurück, wenn die anderen Gäste aufbrechen, vielleicht geht sie mit und kommt später wieder zurück. An diesem Abend will der verzweifelte, von Eifersucht gequälte Mann Gewissheit erhalten…«
    »Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass er sich selbst erstochen hat?«, Millers Stimme klang ungläubig.
    »O nein, jemand anders hat ihn erstochen. Jemand, der wusste, dass er sich in der Truhe versteckt hielt. Es war schon ein regelrechter Mord. Ein sorgfältig erwogener, von langer Hand geplanter Mord. Denken Sie an die anderen Charaktere in Othello. An Jago hätten wir uns erinnern sollen. Ein listiges Vergiften von Arnold Claytons Gedanken durch versteckte Andeutungen und Winke. Der ehrliche Jago, der treue Freund, der Mann, dem man immer Glauben schenkt! Arnold Clayton glaubte ihm. Arnold Clayton gestattete ihm, seine Eifersucht zu nähren und sie bis ins Maßlose zu steigern. Ist Arnold Clayton wohl selbst auf die Idee gekommen, sich in der Truhe zu verstecken? Er hat es sich vielleicht eingebildet und wahrscheinlich auch geglaubt. Und so wird die Sache in Szene gesetzt. Das vor einigen Wochen unauffällig entwendete Stilett ist griffbereit. Der Abend kommt heran. Die Lichter sind gedämpft, das Grammofon spielt, zwei Paare tanzen, der überzählige Mann macht sich am Plattenschrank zu schaffen, der dicht neben der spanischen Truhe und ihrem verhüllenden Schirm steht. Hinter den Schirm schlüpfen, den Deckel heben und zustechen – verwegen, aber ganz leicht!«
    »Clayton hätte aber aufgeschrien!«
    »Nicht wenn er betäubt war«, entgegnete Poirot. »Nach Aussage des Dieners lag Clayton wie im Schlaf da. Und er war auch in einen Schlaf versetzt worden, und zwar durch den Mann, der einzig und allein in der Lage gewesen war, ihn zu betäuben. Der Mann, mit dem er im Klub zusammen ein Glas getrunken hatte.«
    »Jock?«, ertönte Margharitas helle Stimme in kindlicher Überraschung. »Jock? Nicht der gute alte Jock. Meine Güte, ich kenne Jock mein ganzes Leben lang! Warum in aller Welt sollte Jock – «
    Poirot fiel ihr heftig ins Wort.
    »Warum haben zwei Italiener sich duelliert? Warum hat ein junger Mann sich erschossen? Jock McLaren ist ein verschlossener Mensch. Er hatte sich vielleicht damit abgefunden, Ihnen und Ihrem Gatten ein treuer Freund zu sein. Aber dann kommt Major Rich auch noch hinzu. Das ist zu viel! Blind vor Hass und Begierde plant er einen fast perfekten Mord – einen Doppelmord, denn Rich würde mit ziemlicher Sicherheit für schuldig befunden werden. Und wenn beide Nebenbuhler – Rich und Ihr Gatte – aus dem Weg sind, dann, so nimmt er an, werden Sie sich endlich ihm zuwenden. Und das hätten Sie vielleicht auch getan, Madame – wie?«
    Mit vor Entsetzen geweiteten Augen starrte sie ihn an. Fast unbewusst flüsterte sie:
    »Vielleicht… Ich weiß es nicht…«
    Inspektor Miller ließ sich mit plötzlicher Autorität vernehmen.
    »Das ist ja alles ganz schön und gut, Poirot. Aber doch nur eine Theorie, weiter nichts. Sie haben nicht den geringsten Beweis dafür. Wahrscheinlich ist kein wahres Wort an der Geschichte.«
    »Sie stimmt von A bis Z.«
    »Aber es ist kein Beweis vorhanden. Wir haben keine Veranlassung, einzuschreiten.«
    »Sie irren sich. Ich glaube, McLaren wird es zugeben, wenn Sie ihn vor die vollendete Tatsache stellen, das heißt, wenn Sie ihm deutlich zu verstehen geben, dass Margharita Clayton im Bilde ist.«
    Poirot brach ab und setzte dann hinzu:
    »Denn sobald er das weiß, hat er verloren… Der perfekte Mord ist vergebens gewesen.«

Der Prügelknabe
     
    L ily Margrave spielte nervös mit ihren Handschuhen und warf dem Mann, der ihr gegenüber in einem tiefen Sessel saß, schnell einen Blick zu.
    Sie hatte zwar von Monsieur Hercule Poirot, dem berühmten Detektiv, schon gehört, ihn aber noch nie von Angesicht zu

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