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Ein diskreter Held

Ein diskreter Held

Titel: Ein diskreter Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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brummte und neue Viertel entstanden. Alle Bewohner von Piura träumten von einem Eigenheim, und es war toll, dass es so gut lief. José konnte sich nicht beklagen. Am Anfang war es schwer gewesen, es gab viel Konkurrenz, aber nach und nach setzte sich die Qualität seines Kundendienstes durch, und jetzt war seine Werkstatt, keine Angeberei, eine der besten der Stadt. Arbeit hatte er mehr als genug, Gott sei Dank.
    »Das heißt, ihr seid keine Unbezwingbaren und keine Mangaches mehr, sondern so reiche Weiße, Äffchen und du«, scherzte Lituma. »Nur ich bin immer noch eine arme Socke und bleibe auf alle Ewigkeit Bulle.«
    »Wie lange bist du schon hier, Lituma? Warum bist du nicht längst zu mir gekommen?«
    Erst seit kurzem, log der Sergeant, und die Nachforschungen zu seinem Aufenthaltsort hätten zu keinem Ergebnis geführt. Bis er auf die Idee kam, einmal durch die alten Viertel zu spazieren. Und so stand er plötzlich vor der Morropón Nummer 17. Nie hätte er gedacht, dass aus diesem sandigen Fleck mit all den Bruchbuden einmal so etwas werden würde. Und mit einer Autowerkstatt, dass man nur den Hut ziehen konnte!
    »Die Zeiten ändern sich, und glücklicherweise zum Besseren«, sagte José. »Es sind gute Zeiten, für Piura und für ganz Peru, Cousin. Hoffentlich bleibt das so, toi, toi, toi.«
    Auch er hatte geheiratet, eine aus Trujillo, aber die Ehe wareine Katastrophe gewesen. Sie waren wie Hund und Katze und hatten sich scheiden lassen. Die beiden Töchter lebten bei der Mutter in Trujillo. José besuchte sie ab und zu, und sie verbrachten die Ferien bei ihm. Sie gingen auf die Universität, die ältere studierte Zahnmedizin und die jüngere Pharmazie.
    »Gratuliere, Cousin. Die beiden werden Akademiker, hast du ein Glück.«
    Und dann, als Lituma schon den Namen des Zuhälters in das Gespräch einflechten wollte, kam José ihm, als läse er seine Gedanken, zuvor:
    »Erinnerst du dich an Josefino, Cousin?«
    »Wie könnte ich diesen Drecksack vergessen«, seufzte Lituma. Und dann, nach einer Pause, wie um irgendetwas zu sagen: »Was ist eigentlich aus ihm geworden?«
    José zuckte die Achseln und verzog das Gesicht.
    »Schon seit Jahren nichts gehört. Er ist auf die schiefe Bahn geraten, aber das weißt du ja. Er lebte von den Frauen, hatte Pferdchen, die für ihn anschafften. Es ging dann immer mehr bergab. Äffchen und ich wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ab und zu kam er, um uns anzupumpen, erzählte was von einer Krankheit und Gläubigern, die ihn bedrohten. Einmal war er auch in eine sehr hässliche Sache verwickelt, irgendein Verbrechen. Er wurde als Mittäter oder wegen Begünstigung angeklagt. Würde mich nicht wundern, wenn er eines Tages ermordet wird von diesem Gesindel, das ihn so anzieht. Wahrscheinlich verrottet er in einem Gefängnis, wer weiß.«
    »Stimmt, die Schlechtigkeit hat ihn angezogen wie der Honig die Fliegen«, sagte Lituma. »Der Kerl war zum Verbrechen geboren. Wieso haben wir uns überhaupt mit ihm zusammengetan, Cousin. Noch dazu, wo er ein Geier war und wir Mangaches.«
    Und während er, ohne hinzuschauen, die ganze Zeit gesehen hatte, wie sein Cousin mit der Hand über dem Tisch Bewegungen machte, bemerkte Lituma auf einmal, dass José mit dem Daumennagel in die hölzerne Tischplatte voller Kritzeleien, Brandflecken und Kleckse kleine Striche zog. Es verschlug ihm fast den Atem, er starrte hin und sagte sich, immer wieder, dass er nicht verrückt war und auch nicht unter Einbildungen litt, denn was sein Cousin da, ohne es zu merken, mit dem Fingernagel malte, waren Spinnen. Ja, kleine Spinnen, wie die auf den anonymen Drohbriefen an Felícito Yanaqué. Er träumte nicht, hatte keine Halluzinationen, verdammt. Spinnen, Spinnen. Scheiße.
    »Wir haben da ein höllisches Problem«, murmelte er und deutete, um seine Nervosität zu überspielen, auf die Avenida Sánchez Cerro. »Du weißt bestimmt davon. Bestimmt hast du in El Tiempo den Brief gelesen, den Felícito Yanaqué, der Inhaber von Transportes Narihualá, an seine Erpresser geschrieben hat.«
    »So viel Saft in den Eiern hat sonst keiner in Piura«, rief José, und seine Augen leuchteten. »Den Brief habe ich nicht nur gelesen, wie alle in Piura. Ich habe ihn auch ausgeschnitten und einrahmen lassen, er hängt jetzt in meinem Büro an der Wand, Cousin. An Felícito Yanaqué können sich diese Weicheier von Unternehmern und Händlern hier, die vor der Mafia kuschen und ihnen Schutzgeld zahlen, ein Beispiel

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