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Ein Elefant im Mückenland

Titel: Ein Elefant im Mückenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Zivildienstleistende, Studenten. Sie hatten sich zunächst mit Naturkostsalat und Obst gestärkt und sich dann mit einigen Flaschen Rotwein in die richtige Stim-mung gebracht. Zuvor hatten sie allerdings eine Grundsatzdiskussion darüber geführt, ob der Wein als Zusatzstoff Stierblut enthielt, wie es, so wussten ältere Hippies, bei ungarischen Weinen der Fall war. Falls das zutraf, hätten sie den Roten in dieser Runde nicht trin-ken können, sondern hätten zu Weißwein übergehen oder den Alkohol ganz weglassen und sich mit Ha-schisch begnügen müssen. Veganer schlürfen nämlich kein Rinderblut. Zum Glück befand sich in der Gruppe ein Forscher, der sich in der Ernährungswissenschaft auskannte, und er versicherte, dass bei der Rotweinher-stellung keine Produkte aus dem Tierreich eingesetzt wurden, sodass sie also auf den Wein nicht zu verzich-ten brauchten.
    Vom Thema Wein kamen sie ganz natürlich aufs Bier zu sprechen, denn auch davon standen ein paar Pfand-flaschen parat. Dosen benutzt ja im Prinzip kein zu-kunftsorientierter Mensch. Eine der jungen Frauen stutzte über die braune Farbe des Bieres, und sie sprach die Vermutung aus, dass der Wein zwar vielleicht keine Tierprodukte enthielt, dass dafür aber bei der Bierherstellung Fleischbrühwürfel zugesetzt worden waren. Bier mache bekanntlich dick, und irgendwie erinnere sein Aroma tatsächlich an rohes Fleisch. Der Fachmann wies auch diesen Zweifel als unbegründet zurück. Farbe und Geschmack des Bieres entstanden beim Gärungsprozess und stammten vom Malz und vom Hopfen.
    Sinn der Zusammenkunft war jedoch nicht die Dis-kussion über die Herstellung von Wein und Bier. In Tampere hatte es nämlich einen empörenden Vorfall gegeben. Unlängst war in der Stadt eine ganz seltsame Gesellschaft aufgetaucht, ein lebender Elefant mit zwei oder drei Reitern auf dem Rücken. Die Polizei hatte das Tier im Konvoi mitten in die Stadt gebracht, und dort war es mit Peitschenhieben gezwungen worden, durchs Schaufenster in einen Fleischerladen zu gehen, drinnen hatte man dem armen Tier gewaltsam schwarze Wurst von Tapola reingestopft. Die Menge war nicht genau bekannt, denn die Polizei hatte den Ort abgeriegelt. Es waren zahlreiche Zuschauer anwesend gewesen, denn gerade um die Zeit hatten die Abendvorstellungen in den Kinos geendet, und das Publikum war draußen auf der Straße unmittelbar Zeuge der Tierquälerei geworden. Waren die Filme schon spannend und aufregend gewe-sen, so traf das noch viel mehr auf die Elefantenperfor-mance zu. Es war nicht bekannt, warum das arme Tier so gequält worden war. Der Fall war nicht mal in der Morgenzeitung erwähnt worden. In der Stadt gab es jedoch Gerüchte, dass der Elefant zu heimlichen Vor-stellungen nach Ostfinnland, wenn nicht sogar nach Russland, gebracht werden sollte. Die Pflegerin des Tieres war dem Vernehmen nach eine Russin, eine einstige Primadonna des Großen Moskauer Zirkus, die man dort wegen verschiedener Verfehlungen und man-gelnder Begabung rausgeschmissen hatte.
    Einstimmig stellten die Anwesenden fest, dass es sich offenbar um eine geheime Operation handelte, bei der auf widerwärtige Weise ein unschuldiges Wildtier miss-braucht wurde. Ein junger Mann, der bei Greenpeace mitarbeitete, schlug vor, den besagten Elefanten zu befreien und dorthin zu bringen, wo er hingehörte, nämlich auf den Elefantenfriedhof. Oder vielleicht sollte man ihn doch besser in sein Heimatland schicken, Indien war wohl das Land, wo diese Tiere lebten … Bei der Gelegenheit könnte man sich mit den indischen Weisheiten vertraut machen, dem Krishnamurti und anderen. Jawohl, eine prima Idee, so wird es gemacht!
    Es war unerhört, ein so großes Tier in Polizeibeglei-tung über öffentliche Plätze zu scheuchen, aber der eigentliche Sinn der Aktion wurde der breiten Öffent-lichkeit wieder mal verschwiegen. Die Verschwörung, die sich hinter dem widerwärtigen Geschehen verbarg, musste unbedingt aufgedeckt und der Elefant aus den Fängen dieser Leute befreit werden.
    Die Grünen müssten eigentlich einen militärischen Flügel für Maßnahmen dieser Art haben, fand ein Zivil-dienstleistender, aber der Gedanke fand keine allgemei-ne Unterstützung. Stattdessen schlug jemand vor, dass Vereine und Privatleute gemeinsam eine Art grünes Spionageorgan gründen sollten, eine Organisation, deren Aufgabe es wäre, rechtzeitig solche scheußlichen Machenschaften aufzudecken. Wenn man zum Beispiel beizeiten gesicherte Informationen über

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