Ein Fall für Kay Scarpetta
oder vielleicht XL. Ich erinnerte mich an die dunklen Fasern, die ich in Lori Petersens Fensterrahmen und an ihrem Körper gefunden hatte. Auch auf Hennas Leiche waren einige dunkle Fasern gewesen.
Keiner von uns dreien hatte Marino irgend etwas von unserem Plan erzählt. Er war irgendwo draußen in den Straßen oder zu Hause mit einem Bier vor dem Fernseher. Er hatte keine Ahnung. Wenn die Nachrichten erscheinen würden, würde er denken, daß es echt war, daß die Informationen durchgesickert wären und mit dem Overall zusammenhingen, den er gebracht hatte, und mit den DNSBerichten, die ich vor kurzem erhalten hatte. Wir wollten, daß jeder dachte, die Nachrichten seien echt.
Wahrscheinlich entsprach es sogar der Realität. Mir fiel kein anderer Grund für so einen außergewöhnlichen Körpergeruch ein, wie ihn der Mörder hatte, es sei denn, Petersen bildete sich das alles ein und der Overall war zufällig auf eine Flasche von Mrs. Butterworths Ahornsirup in dem Müllcontainer gefallen.
"Es ist perfekt", sagte Wesley. "Er hätte nie gedacht, daß wir das Ding finden würden. Der Mistkerl hatte sich alles zurechtgelegt, vielleicht wußte er sogar schon, wo der Müllcontainer stand, bevo r er an jenem Abend losgegan gen ist. Er glaubte nicht, daß wir den Overall finden würden."
Ich musterte Abby mit einem flüchtigen Blick. Sie hielt sich unglaublich gut.
"Damit können wir es riskieren", fügte Wesley hinzu. Ich konnte schon die Schlagzeile sehen:
DNS, NEUE ERKENNTNISSE: SERIENMÖRDER LEIDET VIELLEICHT AN EINER STOFFWECHSELKRANKHEIT
Wenn er wirklich die Ahornsirupkrankheit hatte, dann mußte diese Nachricht auf der ersten Seite ihn umhauen.
"Wenn es Ihr Ziel ist, ihn mit dem Computer anzulocken", sagte Abby, "dann müssen wir ihn in dem Glauben lassen, daß der Computer eine Rolle spielt. Sie wissen schon, bezüglich der Daten."
Ich dachte einen Moment lang nach. "Okay. Das können wir tun, indem wir sagen, daß der Computer auf eine vor kurzem gemachte Eingabe etwas gefunden hat, Informationen über einen besonderen Geruch, der an einem der Tatorte bemerkt worden war und mit einem kürzlich gefundenen Beweisstück in Zusammenhang gebracht wird. Irgend etwas über einen ungewöhnlichen Enzymdefekt, der einen ähnlichen Geruch zur Folge hat, aber die Untersuchenden wollten sich nicht genauer zu dem Defekt oder der Krankheit äußern oder zu der Tatsache, ob der Defekt durch die Resultate der kürzlich beendeten DNS-Untersuchungen bestätigt worden ist."
Wesley war begeistert. "Großartig! Laßt ihn schwitzen." Er bemerkte den Doppelsinn nicht.
"Er soll sich fragen, ob wir den Overall gefunden haben", fuhr er fort. "Wir wollen nichts näher erläutern. Vielleicht könnten wir einfach sagen, daß die Polizei nicht mitteilen will, um welches Beweisstück es sich dabei handelt." Abby schrieb weiter.
Ich sagte: "Um noch mal auf Ihre >informierte Quelle< zu kommen, vielleicht wäre es eine gute Idee, ein paar Zitate von dieser Person zu bringen."
Sie sah mich an. "Zum Beispiel?"
Ich schaute zu Wesley und antwortete: "Sagen Sie, daß diese >informierte Quelle< sich weigert, die Art dieser Stoffwechselkrankheit bekanntzugeben, so wie wir es vereinbart haben. Aber sie soll sagen, daß die Krankheit zu geistiger Störung und in akuten Stadien zu Retardierung führen kann. Dann fügen Sie hinzu, äh..."
Ich überlegte laut. "Ein Experte der Humangenetik hat gesagt, daß bestimmte Stoffwechselkrankheiten zu schwerer geistiger Retardierung führen können. Obwohl die Polizei glaubt, daß der Serienmörder auf keinen Fall an einer schweren geistigen Störung leiden kann, gibt es Hinweise darauf, daß er womöglich an einer leichten Störung leidet, die sich in Gedankenverwirrung und intermittierender Desorientiertheit manifestiert."
Wesley murmelte: "Er wird auf die Barrikaden gehen. Es wird ihn unglaublich wütend machen."
"Es ist wichtig, daß wir seine Zurechnungsfähigkeit nicht in Frage stellen", fuhr ich fort. "Es wird vor Gericht auf uns zurückfallen."
Abby schlug vor: "Wir werden es einfach unsere >Quelle< sagen lassen. Sie soll zwischen Schwerfälligkeit und Geisteskrankheit unterscheiden."
Sie hatte jetzt ein halbes Dutzend Seiten auf ihrem Notizblock vollgeschrieben.
Während sie schrieb, fragte sie: "Diese Ahornsirupgeschichte. Wollen wir wirklich so spezifisch werden, was den Geruch betrifft?"
"Ja", sagte ich ohne Zögern. "Dieser Kerl könnte irgendwo in der Öffentlichkeit arbeiten. Er wird
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