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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Rosy und Mom schon auf ihn warteten. Er musste sich vor dem Waschbecken auf einen Stuhl knien, und dann wuschen sie ihm die Haare mit kräftiger Seife und mit Terpentin, gegen die Läuse. Anschließend spülten sie ihm den Schopf aus, rubbelten ihn trocken und kämmten ihn. Erschöpft ließ er sich auf die Wohnzimmercouch fallen.
    Und schon schlief er tief und fest.
    Daddy erschien zum Frühstück, und während Rosy weiter kochte, führte Mom ihn ins Wohnzimmer, wo Richard auf dem Sofa lag.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Daddy.
    »Stanley?«, sagte Mom mit einem Blick zu mir.
    Am Küchentisch erklärte ich ihnen alles.
     
    Von solchen Leuten habe ich gehört«, sagte Daddy. »Masochisten nennt man die, und diejenigen, die ihnen das antun, heißen Sadisten.«
    »Das ist doch krank«, sagte Mom.
    »Tja«, antwortete Daddy, »wer anderen gerne wehtut oder wem es gefällt, gequält zu werden, weil er vielleicht auch denkt, dass er es verdient hat – der ist wahrscheinlich wirklich ein bisschen krank.«
    »Dir hat es doch Spaß gemacht, Chester zu verprügeln«, sagte ich.
    »Das stimmt. Übrigens hat es mir auch Spaß gemacht, Chapman das Fell über die Ohren zu ziehen. Jetzt, wo ich weiß, was er diesem Jungen angetan hat, fühl ich mich sogar noch besser. Aber für mich darf’s nicht einfach irgendjemand sein. James Stilwind würde gehen. Dem würde ich gern eins überbraten.«
    »Was machen wir denn jetzt mit Richard?«, fragte Mom.
    »Nichts«, sagte Daddy. »Erst mal kann er in Stanleys Zimmer schlafen. Übrigens, wo zum Teufel steckt eigentlich Callie?«
    »Die schläft noch«, sagte Mom.
    »Hoffentlich kommt sie besser aus den Federn, wenn die Schule wieder anfängt.«
    »Wir sind ja selber spät dran«, sagte Mom.
    »Ja«, erwiderte Daddy und lächelte Mom an, »aber wir haben nicht geschlafen.«
    Mom errötete leicht. »Und wenn Mr Chapman ihn holen kommt?«
    »Das wird er nicht«, sagte Daddy. »Der traut sich nicht hierher. Und wenn doch, dann setzt es noch mal was.«
    »Du kannst nicht jedes Problem lösen, indem du auf die Leute einprügelst«, sagte Mom.
    »Ich weiß. Aber manche Probleme schon, jedenfalls zeitweise. Chester zumindest hab ich schon länger nicht mehr hier gesehen, du etwa?«
    »Wir könnten Chapman bei der Polizei anzeigen«, sagte Mom.
    »Die würden Richard bloß zu ihm zurückbringen«, sagte Dad. »Wenn Kinder von zu Hause weglaufen, ganz egal warum, dann schickt die Polizei sie einfach wieder zurück. Manche Leute glauben, dass Kinder ihren Eltern gehören und dass die mit ihren Kindern machen können, was sie wollen. Die Polizei würde nichts unternehmen, Gal.«
    »Das tun die?«, fragte Mom. »Schicken Kinder, die geschlagen werden, einfach wieder zurück?«
    »Ich fürchte ja«, sagte Daddy.
    »Und was machen wir, wenn Chapman die Polizei ruft?«, fragte ich. »Er könnte uns anzeigen.«
    »Das könnte er tun«, sagte Daddy, »aber er glaubt wahrscheinlich, dass wir mehr wissen, als ihm lieb ist. Und das stimmt ja auch. Die Polizei mag Richard wohl nach Hause schicken, aber Chapman würde nicht wollen, dass seine Privatangelegenheiten an die Öffentlichkeit geraten. In einer Stadt wie dieser verbreiten sich solche Neuigkeiten wie ein Lauffeuer. Jeder würde davon erfahren. Letztendlich sind Stilwind und er gar nicht so verschieden.«
    »Glaubst du, dass Stilwind uns Schwierigkeiten machen wird, Daddy? Du weißt schon, mit irgendwelchen Vorschriften und so?«
    »Zumindest sähe ihm das ähnlich, mein Sohn. Wir müssen einfach abwarten.«
     
    Eines heißen, schwülen Abends, an dem besonders viele Moskitos herumschwirrten – es war der letzte Freitag vor der Schule –, ging ich nach hinten zu Buster.
    Das Geschäft bei uns am Imbissstand war gerade zum Erliegen gekommen, weil sich die erste Vorführung von The Cry Baby Killer ihrem Ende näherte und alle dem Höhepunkt des Films entgegenfieberten – oder ihrem eigenen Höhepunkt. Inzwischen war ich alt genug, um zu begreifen, warum einige der Autos, die hinten am Zaun geparkt hatten, so schaukelten.
    Richard blieb beim Imbiss und half mit. Er schien sich in unserer Familie wohlzufühlen, und das war momentan die Hauptsache.
    Ziemlich bald erwischte ich mich dabei, dass ich Buster alles über Richard und seinen Vater erzählte, ohne dass er überhaupt danach gefragt hätte. Es platzte einfach aus mir heraus. Vielleicht hätte ich diese Dinge lieber für mich behalten sollen, aber ich konnte einfach nicht anders.
    Buster

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