Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss
auch nicht lustig«, gab Chester zu. »Sie hat behauptet, der Inhalt käme von mir. Stimmt aber nicht. Bin schließlich kein Seifenspender.«
»Vielleicht war es ja gar keine Seife. Könnte doch sein, nicht wahr, Chester?«
»Ich bin nicht perfekt. Klar, könnte sein. Vor einem Jahr jedenfalls noch. Aber jetzt sind wir nicht mehr zusammen. Sie ist bloß eifersüchtig, weil ich mit dir gegangen bin.«
»Da du jetzt auch nicht mehr mit mir zusammen bist, muss sie ja nicht mehr eifersüchtig sein, stimmt’s? Du kannst also gerne weitermachen mit ihr. Und wenn nicht mit ihr, dann sind da ja immer noch Mrs Palm und ihre fünf Töchter. Wiedersehen, Chester.«
»Komm schon, Baby, sei nicht so!«
»Nenn mich nicht Baby, Chester. Warum prüfst du nicht mal den Ölstand auf deinem Kopf? Falls du einen Messstab findest, der lang genug ist.«
»Der ging unter die Gürtellinie, Süße.«
Wir setzten uns wieder in Bewegung. Einen Augenblick später rauschte die Blechkiste quietschend an uns vorbei, hob beim Wenden beinahe mit zwei Rädern von der Straße ab und verschwand.
»Er mag mich immer noch«, sinnierte Callie. »Ich glaube, er mag mich jetzt sogar noch mehr als vorher.«
»Du genießt das richtig, oder?«
»Ich genieße es zu sehen, wie dämlich Männer sein können, stimmt.«
Als wir uns dem Kino näherten, hielt ein knallrot-weißer Thunderbird am Straßenrand. Die Tür ging auf, und ein hochgewachsener Mann, der aussah wie ein Filmstar, stieg aus. Er hatte hellbraunes, längeres Haar mit einer Locke wie Timothy, nur dass seine natürlicher wirkte. Seine Kleidung sah modisch und ziemlich teuer aus: weißer Mantel, beige Hosen und beige-weiße Schuhe.
Während er aus dem Auto stieg, bemerkte ich, dass er hellblaue Socken mit dunkelblauen Uhren darauf trug.
Er ging um den Thunderbird herum und öffnete die Beifahrertür. Eine Frau mit schulterlangen, aufgeföhnten, wasserstoffblonden Haaren stieg aus. Sie trug eine enge goldfarbene Hose, die an der Wade endete, ein weißes Oberteil mit Rüschenkragen und Sandalen mit Plateausohle, die bis zum Knöchel hochgebunden waren. Als sie um die Motorhaube herum auf den Bürgersteig stöckelte, fiel mir auf, dass sie noch ziemlich jung war.
Der Mann nahm sie am Arm und marschierte an uns vorbei Richtung Kino. Als er Callie bemerkte, schenkte er ihr ein Lächeln, so breit, so strahlend und so angriffslustig, dass es einem Löwen gut gestanden hätte.
Am Kassenschalter nickte er der Dame hinter der Glasscheibe zu, betrat mit der Blondine am Arm das Kino und warf einen letzten Blick über die Schulter zu Callie.
»Ich wette, das ist er«, sagte Callie.
»Stilwind, meinst du?«
»Genau. Mit seiner Freundin. Die, von der Tim uns erzählt hat. Findest du, dass ich so hübsch bin wie sie, Stanley?«
»Meiner Meinung nach bist du so hässlich, dass du dich von hinten an ein Saftglas ranschleichen musst, damit es nicht abhaut.«
»Sehr witzig.«
»Tim hat doch gesagt, er fährt eine Corvette.«
»Vielleicht hat er den Thunderbird mit einer Corvette verwechselt. Oder Stilwind hat beides.«
»Oder er ist es gar nicht.«
Solchem Reichtum war ich noch nie begegnet. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass jemand genug Geld hatte für zwei schicke Sportwagen, eine schöne Karojacke und eine flotte Blondine obendrein.
»Ich bezweifle, dass er wirklich das getan hat, was du glaubst.«
»Ich glaube gar nichts«, gab ich zurück und versuchte, das zu beherzigen, was Buster mir beigebracht hatte. »Du ziehst voreilige Schlüsse.«
»Es ist dir doch garantiert durch den Kopf gegangen.«
»Wahrscheinlich ist es dir durch den Kopf gegangen, und jetzt, wo du ihn gesehen hast, traust du es ihm nicht mehr zu.«
»Wie meinst du das?«
»Er sieht nicht besonders bösartig aus, oder?«
»Nein.«
Callie ging zum Kassenschalter. Ich blieb stehen, wo ich war, aber ich hörte sie fragen: »War das Mr Stilwind?«
»Ja, das war er«, antwortete die Dame an der Kasse. »Möchten Sie mit ihm sprechen?«
»Nein danke.«
Sie kam zurück. »Hab’s mitgekriegt«, sagte ich.
»Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er ein Mörder sein soll. Er sieht so nett aus.«
»Du meinst, du würdest gerne mit ihm ausgehen.«
»Das hab ich nicht gesagt.«
»Vielleicht hat die Pappnase ja doch recht. Mädchen mögen schicke Autos und Geld. Und du bist noch nicht mal achtzehn. Was glaubst du wohl, was Daddy dazu sagen würde, wenn du mit einem erwachsenen Mann ausgehen willst?«
»Er würde es
Weitere Kostenlose Bücher