Ein Frauenheld entdeckt die Liebe
kein Recht dazu!“
„Charles wird niemandem etwas sagen. Er mag Sie.“
„Wie schön, dass wenigstens ein Mensch mich mag“, gab sie spitz zurück. Dann runzelte sie die Stirn, griff nach einem Moment des Überlegens in ihr Retikül und holte eine kleine mit Leder bezogene Schachtel heraus. „Papa wollte, dass ich das zusätzlich zu den Dokumenten, die hier versteckt waren, immer bei mir führe.“
Nicholas öffnete das Schächtelchen und fand einen Ring mit einer schwarzen Perle. Er war aus schwerem Gold gearbeitet und wirkte sehr wuchtig und altmodisch. „Ein ungewöhnliches Schmuckstück. Zweifellos handelt es sich um einen Ring, der von Generation zu Generation vererbt worden ist.“
Serena nickte. „Papa hat ihn mir kurz vor seinem Tod gegeben und mich aufgefordert, ihn meinem Onkel zu überbringen. Anscheinend befindet dieses Schmuckstück sich stets im Besitz des jeweiligen Earl of Vespian.“
„Hm …“ Mit wenigen Schritten war Nicholas am Fenster und starrte in den Garten hinaus. Seit er Frances Eldons Brief erhalten hatte, fühlte er sich zwischen Zorn und Ratlosigkeit hin und her gerissen. Nun hatte das Gespräch mit Serena ihn zusätzlich verwirrt. Ob der Anblick des frühlingsbunten Gartens ihn beruhigen konnte?
Die Narzissen, die bei Serenas Ankunft in Knightswood golden geleuchtet hatten, waren verblüht. Doch die Primeln prangten bunt inmitten all des Grüns. Auch standen die Obstbäume inzwischen in voller Blüte. Es war ein schönes Bild. Aber Nicholas konnte es nicht genießen. Trotz allem, was Serena zu ihrer Verteidigung vorgebracht hatte, erfüllte ihn das Gefühl, von ihr hintergangen worden zu sein.
Erneut wallte Zorn in ihm auf. Er wandte sich um. „Verraten Sie mir doch, Lady Serena, warum Sie es für nötig hielten, mir Ihre wahre Identität zu verheimlichen!“
„Sie wissen es!“
„Ich will es aus Ihrem Munde hören.“
„Also gut!“ Sie ballte die Hände zu Fäusten und holte tief Luft. „Mir war klar, dass Sie nichts gegen eine nette kleine Affäre mit der unbedeutenden Mademoiselle Cachet einzuwenden hatten, deren Ehre niemand verteidigen würde. Mit Lady Serena Stamppe jedoch hätten Sie nichts zu tun haben wollen. Ich aber brauchte unbedingt meine Papiere. Ich war auf Ihre Hilfe angewiesen. Sie langweilten sich und genossen das Zusammensein mit mir. Allerdings nur so lange, wie sie nicht wussten, dass ich einer Familie entstamme, die nicht tatenlos zusehen würde, wie … wie …“
„… wie ich Sie ruiniere?“ Er lachte spöttisch auf. „Ich hatte nie vor, Ihre Ehre zu verletzen.“
„Nun, auf jeden Fall haben Sie mich nicht behandelt wie eine achtbare Frau.“
„Sie schienen auch keinen Wert darauf zu legen. Gleich bei unserem ersten Zusammentreffen haben Sie mich vor einer Reihe von Zuschauern geküsst.“
„ Sie haben mich geküsst! Und nicht nur dieses eine Mal!“
„Sie haben sich nicht gewehrt. Im Gegenteil, es gefiel Ihnen. Oder wollen Sie das leugnen?“
„Ich möchte …“, begann sie entrüstet.
„Im Übrigen“, stellte Nicholas ungerührt fest, „habe ich Sie nie in Begleitung einer Anstandsdame gesehen.“
„Wie können Sie es wagen!“, brach es aus Serena heraus. Ihre Augen blitzten zornig, und ihre Wangen röteten sich vor Aufregung. „Wie können Sie es wagen! Ich bin allein nach Knightswood gekommen, weil ich niemanden mehr habe, der sich um mein Wohlergehen sorgt. Die Verwandten, die mir nach dem Tod meines Vaters noch geblieben sind, wissen bis jetzt nicht einmal von meiner Existenz. Außerdem dachte ich, ich würde den Freund meines Vaters antreffen, einen alten Herrn also. Aber stattdessen waren Sie hier. Und Sie haben mir vom ersten Moment an misstraut. Sie waren davon überzeugt, dass meine Suche nach den Papieren nur ein Trick war, um Sie kennenzulernen, nicht wahr? Wie eingebildet und überheblich Sie sind!“
Wie schön sie in ihrem Zorn war! Ihre Augen funkelten, ihre Haut glühte, ihre Hände unterstrichen jeden Satz mit lebhaften Gesten. Trotz seines Ärgers über ihre Lügen war Nicholas von ihr hingerissen.
„Habe ich Ihnen nicht oft genug gesagt“, fuhr sie erregt fort, „dass ich ein behütetes Leben geführt habe? Sie wollten mir nicht glauben, nicht wahr? Es war ja auch viel bequemer für Sie, mich für eine leichtfertige Frau zu halten! Sie haben mir etwas über die Regeln erzählt, nach denen Sie spielen. Und natürlich wollten Sie mir damit nur zu verstehen geben, dass ich mich ebenfalls an
Weitere Kostenlose Bücher