Ein Frauenheld entdeckt die Liebe
ausmalen, wie es gewesen wäre, wenn Sie sich mir hingegeben hätten.“
Sie stand reglos, unfähig, sich zu rühren.
Nicholas zog sie an sich und presste seine Lippen auf die ihren. Seine Zunge drängte sich in ihren Mund. Rau und fordernd küsste er sie.
Deutlich nahm sie den Duft seiner Seife wahr. Sein Atem war warm auf ihrer Haut. Seine Fingerspitzen gruben sich in die weiche Haut an ihren Oberarmen.
Der Kuss war als Strafe gedacht. Aber er verriet auch, wie groß Nicholas’ Verlangen war, wie sehr er sich nach ihr verzehrte. Und plötzlich war es nur noch ein leidenschaftlicher Kuss. Aller Zorn war verflogen. Und Serena, die gerade noch hatte versuchen wollen, sich aus Nicholas’ Umarmung zu befreien, seufzte auf und erwiderte seine Zärtlichkeiten. Er stöhnte, ließ seine Hände an ihrem Körper hinabgleiten, umfasste ihre Hüften und presste sich an sie.
Einen Augenblick lang fühlte sie, wie erregt er war. Dann gab er sie abrupt frei. „Ich wünschte, Ihr Vater hätte seine Papiere anderswo hinterlegt“, murmelte er.
„Es wäre Ihnen lieber, wenn wir uns nie begegnet wären?“
„Allerdings!“
Traurig schüttelte sie den Kopf. „Ich möchte nicht, dass wir so auseinandergehen.“
„Wie dann?“ Seine Stimme klang fremd.
„Wir sind beide ärgerlich und verwirrt. Sie glauben, ich hätte Sie hintergangen. Doch das stimmt nicht. Ich bin genau der Mensch, den Sie bei unserem ersten Treffen in mir gesehen haben. Was sollte die Tatsache, dass ich die Tochter eines Earls bin, ändern? Ich gebe zu, dass ich nicht die ganze Wahrheit gesagt habe. Aber ich habe zumindest nicht gelogen. Und was das andere betrifft … Diese Anziehungskraft zwischen uns ist beunruhigend und gefährlich. Doch noch haben Sie ihre selbst gemachten Gesetze nicht verletzt. Sie haben sich nichts genommen, was ich Ihnen nicht freiwillig gegeben hätte. Zum Letzten ist es glücklicherweise nicht gekommen, weil gerade rechtzeitig Ihr Pächter auftauchte. Sie haben mich nicht kompromittiert.“
Die Bereitwilligkeit, mit der sie ihn von aller Schuld freisprach, berührte Nicholas seltsam. Jetzt, da seine Wut nachließ, blieb eine große Leere zurück. Erst, als er bemerkte, dass Serena sich anstrengen musste, um nicht in Tränen auszubrechen, meldete sich sein Gewissen. „Gehen Sie zurück in den Gasthof“, sagte er, „und packen Sie. Morgen früh hole ich Sie mit der Reisekutsche ab.“
Sie schüttelte den Kopf. „Seien Sie nicht albern! Ich werde mit der Post fahren. Es ist nicht weit bis London. Mehr als einmal werde ich unterwegs nicht übernachten müssen.“
„Sie sind es, die sich albern benimmt!“, gab er hitzig zurück. „Die Reise nach London ist viel zu gefährlich für eine junge Dame, die nur von einer schnarchenden Schneiderin begleitet wird. Glücklicherweise hat Charles mir gestern die Nachricht überbracht, dass ich mich unbesorgt wieder in London sehen lassen kann. Mein Duell-Gegner lebt und wird bald wieder ganz gesund sein.“
Eine leichte Röte zeigte sich auf Serenas Wangen. „Madame LeClerc ist ohne mich nach London gefahren.“
„Nun, damit ist die Sache entschieden. Sie können unmöglich allein reisen. Hughes erwähnte, dass es eine Reihe von Raubüberfällen auf der Straße nach London gegeben hat. Ich kann nicht zulassen, dass Sie sich in Gefahr bringen.“
„Ich könnte dafür sorgen, dass die Kutsche von bewaffneten Reitern begleitet wird.“
„Serena, ich bestehe darauf, dass Sie in meiner Gesellschaft reisen. Wenn Sie dazu nicht freiwillig bereit sind, kann ich veranlassen, dann niemand in Knightswood und Umgebung Ihnen eine Kutsche zur Verfügung stellt. Sie würden die nächste Poststation gar nicht erst erreichen.“
„Sie sollten mich nicht so unter Druck setzen. Es wäre besser …“
Er griff nach ihrer Hand und hielt sie fest. „Bitte! Ich würde mir unentwegt Vorwürfe machen, wenn ich Sie allein fahren ließe. Sie tun mir einen großen Gefallen, wenn Sie mein Angebot annehmen. Und bis wir London erreichen, haben wir genug Zeit, unsere Gefühle zu erforschen und uns über unsere Situation klar zu werden. Sie haben ganz recht: Wir sollten nicht im Zorn auseinandergehen.“
Noch zögerte Serena. Ihr Verstand riet ihr etwas ganz anderes als ihr Herz. Es war das Herz, das den Sieg davontrug. „Also gut.“ Sie unterdrückte ein Seufzen. „Ich erwarte Sie morgen früh.“
6. KAPITEL
Die Luft in der Gaststube des King’s Arms war unerträglich schlecht, obwohl
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