Ein frivoler Plan
werden, dankbar für ein paar Momente, in denen sie ihre Gedanken sammeln konnte, und froh, anderen zu überlassen, was immer an Grüßen oder an Konversation nötig war. In diesem Augenblick war die Neigung der Ramsdens, alles in die Hand zu nehmen, ihr sehr willkommen.
Der Tag war anstrengender gewesen als erwartet. Allein das Umziehen war sehr ermüdend gewesen. Für die Besuche vor dem Mittagessen hatte sie ein Vormittagskleid aus Musselin angezogen. Zwischen den Besuchen hatte Lily sie nach Hause gescheucht, damit sie etwas Frisches anzog, obwohl sie das Kleid nur drei Stunden getragen hatte. Dann musste sie sich noch einmal umziehen, um sich mit Tante Lily bei einer Ausfahrt durch den Hyde Park zu zeigen, ehe sie zum Dinner nach Hause zurückkehrten und sie sich für die Soiree umzog.
Vier Kleider! Und Lily hatte jedes Mal alles begutachtet, was sie auswählte, von der Haube bis zu den Schuhen. Kein Detail hatte sie übersehen. Julias eigene Tante hatte sich nie darum gekümmert, was sie trug, solange das Kleid modisch war. Aber ihre Tante war auch nicht Lily Branbourne, Dowager Marchioness of Bridgerton und eine geborene Ramsden.
Geschickt hatte Lily sie durch den Tag geleitet, sie mit wichtigen Frauen bekannt gemacht, darunter eine der Schirmherrinnen des bekannten Clubs Almack. Anders als die männlichen Ramsdens hatte Lily nicht vergessen, dass Julia – so stand es auch im Protokoll – neu in der Stadt war. Julia war gerade bei Hofe vorgestellt worden und hatte ihr Debüt gehabt, ehe der Ärger mit Oswalt anfing. Lily verstand, was das bedeutete. Sie war sogar so weit gegangen, Paine zu sagen, dass Julia den Walzer noch nicht tanzen durfte, da auf die offizielle Erlaubnis von Almack gewartet werden müsse.
Dagegen hatte Paine protestiert, doch das hatte ihm nur einen Schlag auf die Fingerknöchel mit dem Elfenbeinfächer seiner Tante eingetragen.
Paines eigene Neuigkeiten des Tages klangen nicht gut. Sein Besuch in der Brook Street war unerfreulich verlaufen. In dem Haus war eingebrochen worden. Die wenigen Möbel, die sich darin befunden hatten, waren zerbrochen, das elegante Yin-und-Yang-Schränkchen zertrümmert, was darin gewesen war, lag auf dem Boden verteilt. Er konnte nicht genau sagen, ob etwas fehlte, bezweifelte das aber.
Die Gebrüder Ramsden schlossen daraus, dass dieser Einbruch schlicht Angst und Schrecken verbreiten sollte. Irgendwie hatte Oswalt von dieser geheimen Adresse erfahren und schickte Ihnen die Botschaft, dass er die Absicht hatte, Paine aufzuspüren. Er konnte sich nirgends mehr verstecken.
Zum Glück gehörte das ohnehin nicht zum Plan. Sie wollten sich in aller Öffentlichkeit zeigen. Julia öffnete ihren Fächer und wedelte sich damit etwas frische Luft zu. Es war ein warmer Abend, und in der Schlange breitete sich Hitze aus. Sie war froh, dass Lily ihr zu dem Kleid aus rosa Seide geraten hatte anstatt zu dem mit schwerer Perlenstickerei, das sie selbst gewählt hätte.
„Du siehst reizend aus“, flüsterte Paine ihr ins Ohr. „Ich weiß nicht, wie du es schaffst, sündhaft und unschuldig zugleich auszusehen. Ich würde dich gern verführen.“
„Nichts dergleichen, mein Junge“, schimpfte Tante Lily und mischte sich ein. „Wir sind an der Reihe. Benimm dich.“
Ihr Ton war streng und erinnerte sie daran, dass es an diesem Abend weniger um Julia ging. Es drehte sich vielmehr darum, dass Paine in die Gesellschaft zurückkehrte und dabei die Unterstützung seines Bruders hatte. Damit sie Oswalts Machenschaften ein Ende bereiten konnten, musste Paine von der Gesellschaft anerkannt werden.
Sie wurden der Gastgeberin angekündigt, und Julia kämpfte gegen das Gefühl an, dass diese Ankündigung lauter war als alle anderen und dass alle Gäste ihre Gespräche unterbrachen, um sie anzustarren.
„Alle sehen uns an“, flüsterte Julia.
„Natürlich tun sie das. Sie fragen sich, wer die schöne Frau an meinem Arm sein mag“, sprach Paine ihr leise Mut zu. „Das ist gut so. Wir wollen bemerkt werden.“ Jedes weitere Gespräch war unmöglich, als sie sich der Gastgeberin näherten. Paine setzte seinen beträchtlichen Charme ein, beugte sich galant über Lady Worthingtons Hand, und sie waren fertig.
„Siehst du“, sagte Paine, als sie den Ballsaal betraten, „Ramsdens schleichen nicht heimlich umher. Wir müssen uns nicht unauffällig bewegen und für alles schämen.“
„Dann hatten wir Erfolg“, gab Julia zurück. Es war offensichtlich, dass die Leute,
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