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Ein gefährlicher Gentleman

Ein gefährlicher Gentleman

Titel: Ein gefährlicher Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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waren auch seine Schultern breiter geworden, und seine Gesichtszüge, die einst fast mädchenhaft hübsch gewesen waren, hatten eine unerklärliche Metamorphose durchgemacht. Jetzt wirkten sie männlich und klar. Dieses Aussehen war der Grund, warum ihre Freundinnen ihn allen Ernstes attraktiv fanden. Sie steckten sogar die Köpfe zusammen und redeten über ihn.
    Das musste man sich mal vorstellen. Sie flüsterten wegen Miles.
    Tatsächlich erwarb sich ihr Cousin rasch einen gewissen Ruf als Lebemann. Niemand war überraschter als sie, weil der lästige Gefährte ihrer Kindheit, der sie früher immer geärgert hatte, in der feinen Gesellschaft so begehrt war.
    Elizabeth umfasste seinen Arm. »Ich möchte mit dir reden.«
    »Das habe ich mir schon gedacht«, erwiderte er ironisch. Aber er leistete keinen Widerstand, als sie ihn in die Ecke drängte. Sie standen neben dem Tisch mit den Häppchen. »Was ist denn so dringend?«
    »Was hat Luke getan?«, fragte sie ihn frei heraus, sobald sie ungestört waren. Sie standen eingepfercht zwischen den verlassenen Tischen und einer Kübelpflanze. »Ich weiß, dass irgendwas passiert sein muss, aber mir gegenüber will ja niemand was sagen.«
    Ihr Cousin betrachtete sie mit der ihm eigenen trägen Unbekümmertheit. »Du wünschst, dass ich vor dir den Klatsch wiederhole, der überall verbreitet wird?«
    »Auf jeden Fall. Zumindest, soweit er meinen Bruder betrifft.«
    »Gut möglich, dass er nicht erfreut ist, wenn er davon erfährt.« Miles lehnte sich an die Wand und zuckte mit den Schultern. »Sieh mal, El, es ist eigentlich nichts so richtig Skandalöses. Vergiss es einfach. Leichtsinnig, das schon. Aber er kann’s sich leisten.«
    »Was kann er sich leisten?«, fragte sie. Die Wahrheit war, dass sie sich um Luke sorgte. Die Lebensfreude, die er manchmal zur Schau stellte, stand im krassen Gegensatz zu den langen Stunden, die er brütend in seinem Arbeitszimmer verbrachte. Obwohl ihre Mutter es bisher nicht erwähnt hatte, wusste Elizabeth, wie sehr auch sie sich sorgte und es missbilligte, wenn er über Nacht ausblieb und Zerstreuung suchte. Es war einfach nicht typisch für ihn.
    »Luke könnte meinen Kopf fordern, wenn er erfährt, von wem du es hast. Es gibt einen Ehrenkodex unter Gentlemen.«
    »Einen Ehrenkodex?«, wiederholte sie und schnaubte leise. Ein nicht besonders damenhafter Laut. »Bist du etwa derselbe Gentleman , der mir damals einen Frosch ins Bett gesteckt hat?«
    »Damals war ich zehn.« Aber er lachte.
    Wenn er so lachte, bemerkte Elizabeth, sah er tatsächlich recht attraktiv aus. Sein dunkelbraunes Haar und seine Augen, die von einem so hellen Braun waren, dass man sie fast goldfarben nennen konnte, waren nicht so unscheinbar, wie sie immer gedacht hatte. Vielleicht waren die kleinen, kichernden Mädchen ja nicht vollkommen verrückt. Obwohl er sie mit seinen Foppereien schier in den Wahnsinn trieb, sich absichtlich begriffsstutzig gab und sie ständig neckte, strahlte er einen gewissen Zauber aus. Als sie noch Kinder waren, hatte sie diese Art gemocht. Seine klugen Erklärungen hatten sie manches Mal davor bewahrt, mit mehr als nur einem Kratzer davonzukommen.
    »Luke könnte ebenso gut meinen Kopf fordern, weil ich meine Nase in seine Angelegenheiten stecke. Aber ich frage trotzdem. Erzähl schon, was hat er getan? Und wieso kann er es sich leisten, obwohl er das lieber nicht getan hätte?«
    »Er hat beim Kartenspiel zwanzigtausend auf eine einzige Hand gesetzt.«
    Elizabeth blinzelte. »Zwanzigtausend Pfund ?« Das war eine enorme Summe. Sie war zwar nicht besonders vertraut mit den Finanzen ihres Bruders, aber das brauchte sie auch nicht. So oder so waren zwanzigtausend eine beträchtliche Menge Geld.
    Miles warf ihr einen herablassenden Blick zu. »Genau.«
    »Oh.« Elizabeth starrte einen Augenblick in die Menge und versuchte, diese Eröffnung zu verdauen. »Das ist für Luke eigentlich untypisch«, sagte sie schließlich. »Er verhält sich manchmal ein bisschen leichtsinnig. Aber ich weiß, dass er seine Verpflichtungen nie wirklich vergisst. Man muss nur mal sehen, wie er mich überallhin begleitet, obwohl ich weiß, dass er lieber etwas anderes tun würde. Ich verstehe einfach nicht, wie er so etwas tun kann.«
    »Das verstehe ich auch nicht.« Zu ihrer Überraschung klang Miles nicht überheblich, weil er mehr wusste als sie. Er wusste, wie sehr sie das in Rage versetzte. Dass er es nicht gegen sie einsetzte, sah ihm gar nicht ähnlich.

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