Ein gefaehrlicher Liebhaber
zu werden.
Der Fahrer war nicht gerade kommunikationsfreudig. Jillian wartete, bis er sich in den starken Verkehr eingefädelt hatte, dann sagte sie ruhig: »Ich möchte mir eine Waffe kaufen. Kennen Sie ein Geschäft?«
Er warf einen raschen Blick in den Rückspiegel. »Eine Waffe, Senhora?«
»Eine Pistole. Am liebsten eine Automatik, aber das muss nicht sein. Es geht auch ein... ein...« Sie kannte das Wort für »Revolver« nicht, also beschrieb sie mit dem Finger einen kleinen Kreis und sprach das Wort in Englisch aus.
Der Ausdruck in seinen dunklen Augen wurde wachsam und gleichzeitig zynisch. »Ich bringe Sie zu einem Geschäft«, erklärte er. »Aber ich werde nicht warten. Und ich will Sie nie Wiedersehen, Senhora.«
»Verstanden.« Sie schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln. »Werde ich dort ein Taxi zum Hotel zurück finden?«
Er zuckte die Schultern. »Es gibt viele Touristen. Taxis sind überall.«
Das hieß wohl, dass es sein konnte, aber auch nicht. Nun, sie konnte sich ja, falls nötig, eine Telefonzelle suchen und sich von dort ein Taxi rufen, obwohl ihr der Gedanke, bei dieser Hitze rumzulaufen, nicht gerade gefiel. Sie trug zwar vernünftigerweise nur einen Sommerrock und keine Seidenstrümpfe, aber Sauna war nun mal Sauna, egal, was man anhatte.
Er brachte sie in ein ziemlich zwielichtiges Stadtviertel, zwar noch kein Slum, aber doch reichlich runtergekommen.
Sie gab ihm ein großzügiges Trinkgeld und ging dann, ohne sich noch einmal umzusehen, in den Laden, den er ihr gezeigt hatte.
Eine halbe Stunde später war sie Besitzerin einer 38er Automatik, leicht zu bedienen und sauber zu halten, sowie eines beeindruckenden Vorrats an Munition, der ihre Schultertasche wie einen Zementsack beschwerte. Der Mann, der ihr die Sachen verkauft hatte, hatte nicht mal neugierig gewirkt. Offensichtlich tauchten bei ihm jeden Tag weiße Amerikanerinnen auf, um Schusswaffen zu kaufen. Er rief sogar ein Taxi für sie und erlaubte ihr, bis zu dessen Ankunft im Türsturz seines Ladens zu warten.
Bei ihrer Rückkehr stellte sie fest, dass Rick und Kates noch nicht wieder da waren, was sie auch nicht ernsthaft erwartet hatte. Rick war so verstimmt, dass er sich vermutlich die ganze Nacht nicht sehen lassen würde - in der Hoffnung, dass sie vor Angst vergehen könnte. Was sie absolut nicht tat. Sie war schließlich nicht hier, um Sightseeing zu machen, und die Speisekarte des Zimmerservice war in Ordnung. Es tat ihr sogar gut, den Rest des Tages im Hotel zu verbringen. Die Erholungspause war genau das Richtige.
Aber Rick und Kates tauchten leider am späten Nachmittag gut gelaunt und grinsend wieder im Hotel auf. Man roch, dass sie getrunken hatten, doch sie waren nicht betrunken.
»Wir haben einen Führer gefunden«, verkündete Rick leutselig, seinen Groll auf sie für den Moment vergessend. »Wir treffen uns noch mal um sieben, um alle Einzelheiten zu besprechen.«
»Hier im Hotel?« Das erschien ihr am logischsten.
»Nee, in der Bar, in der er immer rumhängt. Du musst mit. Du weißt besser, was man so braucht und planen muss.«
Jillian verdrehte innerlich die Augen. Sie konnte sich einen besseren Ort vorstellen, um so etwas Wichtiges zu besprechen, als eine überfüllte Bar, wo Hinz und Kunz mithören konnte. »Wer ist es? Ihr habt seinen Namen nicht erwähnt.«
»Lewis«, sagte Kates. »Ben Lewis. Alle, die wir gefragt haben, schworen, er sei der Beste. Nun, es wird schon klappen mit ihm. Vorausgesetzt, er lässt die Finger vom Alkohol.«
Das klang nicht gerade ermutigend. Sie seufzte. »Ist er Amerikaner?«
Rick zuckte mit den Schultern. »Glaub schon. Hat ’nen Südstaatenakzent.«
Nun, damit war sein Herkunftsland wohl sonnenklar, fand Jillian. Aber sie behielt ihre Kenntnis für sich.
»Er wurde in den Staaten geboren«, sagte Kates, »aber wer weiß, ob er sich selbst noch für einen Amerikaner hält? Ich glaube >Ausgebürgerter< ist wohl die korrekte Bezeichnung. Keiner scheint zu wissen, wie lange er schon hier lebt.«
Lange genug, um der Lebensweise der Tropen total zu verfallen, dachte Jillian. Hier ging alles langsamer und weniger korrekt zu. Aber das war an vielen Orten der Welt ähnlich, wie Jillian im Lauf der Zeit festgestellt hatte. So eilig wie die Amerikaner hatten es die meisten Völker nicht. Jillian hatte gelernt, sich damit zu arrangieren. Sie hatte bei Ausgrabungen in Afrika erlebt, dass die Leute dort überhaupt kein Wort für »Zeit« in ihrer Sprache kannten; die
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