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Ein gefaehrlicher Liebhaber

Titel: Ein gefaehrlicher Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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was geschehen war. Ben unterhielt sich leise über ihren Kopf hinweg mit Pepe. Sie hörte nur mit halbem Ohr zu. Offenbar könnten sie nach einer Stunde Fußmarsch das Ende die-ses verfluchten Felspfads erreichen. Aber inzwischen war so viel Zeit vergangen, dass sie es nicht mehr vor der Dunkelheit schaffen würden.
    »Dann gehen wir, wenn’s sein muss, eben im Dunkeln weiter«, meinte Ben. »Aber übernachten werden wir hier auf keinen Fall.« Er senkte den Kopf zu ihr herab. »Kleines, kannst du laufen?«
    Sie zögerte. »Glaub schon. Wenn du mir hilfst hochzukommen. «
    Er half ihr behutsam beim Aufstehen, und Rick trat rasch an ihre andere Seite, um sie notfalls aufzufangen. Sie schwankte kurz, holte zweimal tief Luft und stand dann fest. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, ein ganz kleines nur, aber immerhin. »Es kann losgehen.«
    Ben schlüpfte in seinen Rucksack und schwang sich dann auch noch Jillians über die Schulter.
    »Wir können uns ihre Last teilen«, schlug Rick vor.
    »Das würde zu lange dauern; wir müssen schnell unten sein. Eine Stunde lang kann ich das schon tragen.«
    »Dann helfe ich eben Jillian.«
    »Nein.« Jillian holte noch einmal tief Luft. »Es ist sicherer, wenn wir einzeln hintereinander gehen. Eine Stunde halte ich’s schon aus, kein Problem. Und Ben trägt ja meinen Rucksack.«
    Der Blick, den Ben ihr nun zuwarf, verriet, dass er ganz genau wusste, wie schwer es für sie werden würde, aber da ihnen keine Wahl blieb, schwieg er. Jillian war ihm dankbar. Und irgendwie zeigte er ihr mit seinem Schweigen auch, wie hoch er ihre Stärke und ihr Durchhaltevermögen einschätzte.
    Pepe ging voran, und Ben bestand darauf, dass Jillian als Zweite ging und er als Dritter. Sie wusste, warum er hinter ihr gehen wollte: damit er sie sofort auffangen konnte, falls sie von einer Schwäche erfasst wurde. Doch Jillian setzte resolut einen Fuß vor den anderen. Die Schmerzen waren auszuhalten; nicht so schlimm jedenfalls, wie sie befürchtet hatte. Das Schlimmste waren ihre Beine, die fühlten sich an wie weich gekochte Nudeln, als hätte sie zwei Wochen mit einer schweren Grippe im Bett gelegen. Das kam sicher von den überstandenen Schmerzen, dem Schock und dem abrupt absinkenden Adrenalinspiegel. Alles erschien ihr irgendwie unwirklich, selbst Martims Tod. War das alles wirklich erst wenige Stunden her?
    Absurderweise bekam sie Hunger. Nicht gerade eine zarte Regung, aber sie war ja auch kein zarter Typ. Der Hunger beruhigte sie etwas, stellte er doch wieder ein bisschen ihre Verbindung zur Realität her.
    Es war fast dunkel, als sie endlich den Fuß des schmalen Felspfads erreichten, und vollkommen dunkel, als sie unter die dichte Decke des Regenwalds eintauchten. Hastig wurde das Lager errichtet; die Männer hackten diesmal nur eine kleine Lichtung aus dem Unterholz, gerade groß genug für die Zelte und fürs Lagerfeuer. Ben baute Jillians Zelt auf und suchte ihr dann ein bequemes Plätzchen zum Ausruhen, während Pepe das Essen zubereitete.
    Jillian hatte keine Probleme mit dem Essen, obwohl sie ihren linken Arm nicht bewegen konnte. Heißhungrig verschlang sie das einfache Mahl, bestehend aus Reis und Dosenfisch. Normalerweise trank sie abends keinen Kaffee mehr, aber Ben reichte ihr einen Becher mit dem schwarzen, stark gezuckerten Getränk, und sie nahm ihn widerspruchslos entgegen. Am Ende der Mahlzeit fühlte sie sich bedeutend besser.
    Rick kam zu ihr und setzte sich neben sie. Er wirkte verlegen, wich ihrem Blick aus und starrte stattdessen auf den Boden zwischen seinen Füßen. »Ähm - ja, ich wollte mich bei dir bedanken. Für das, was du für mich getan hast«, brummelte er.
    Das war der erste freundliche Satz, den sie je von ihm gehört hatte. Aber sie weigerte sich, zu viel hineinzuinterpretieren. Sie begnügte sich mit einem »Gern geschehen«.
    Er rutschte unbehaglich hin und her. »Geht’s dir besser?«, fragte er nach einer Minute.
    »Meine Schulter tut ziemlich weh, aber lange nicht mehr so schlimm wie zuvor.«
    »Prima.« Offenbar fiel ihm nichts mehr ein, was er noch hätte sagen können, denn nach einer weiteren unbehaglichen Minute erhob er sich. Er hatte ihr immer noch nicht in die Augen geschaut. »Nochmals danke«, sagte er und ging wieder an seinen alten Platz zurück.
    Sobald er weg war, tauchte Ben mit einer Laterne in der einen Hand und einer wohlbekannten Flasche in der anderen auf. »Komm«, sagte er. »Zeit für ’ne Einreibung.«
    Sie war mehr als willig.

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