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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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sich jetzt dreimal pro Woche sahen, mussten ein paar Barrieren fallen. Und sie wollte verdammt sein, wenn sie ihm nicht zeigen würde, was für ein guter Freund er für sie war.
    Claude nickte betreten. »Also dann, bis morgen.« Er wandte sich ab und ging.
    Cassie zuckte mit den Schultern und schaute dem Davonschlurfenden glücklich nach. Sie setzte ihre Baskenmütze auf und band ihren Mantel fest zu. Dann drehte auch sie sich um und marschierte in die entgegengesetzte Richtung, hinunter zum Fluss. Sie hatte jetzt keine Lust zum Radeln, außerdem hatte sie es von hier aus sowieso nicht weit. Sie grinste.
    Claude hatte sie auf eine Idee gebracht.

28. Kapitel
    Cassie sah sich ängstlich um. Gehörte das hier noch zu Paris? Oder war sie schon in einem dieser schrecklichen Vororte? Sie befand sich im 15. Arrondissement, und hier gab es hauptsächlich Betonblocks anstelle von schönen Altbauten wie im 1., 4. und 5. Auf den Balkonen standen Fahrräder, oder es hing Wäsche von Leinen. Touristen schien’s hier keine zu geben.
    Aber der Park war nicht schwer zu finden. Eilig rannte sie durchs Eingangstor, denn es drohte ein Gewitter. Vorbei an zwei großen Statuen von Stieren und an alten Weinstöcken, an denen auch heute noch Pinot-Noir-Trauben wuchsen. Ihr Ziel waren die Pavillons, die früher zum alten Pferdemarkt gehört hatten und in denen nun der Markt für antiquarische Bücher untergebracht war.
    Sie hatte kaum die ersten Schuppen erreicht, als es auch schon zu schütten begann. Missmutig schaute sie zum Himmel. Dicke schwarze Wolken türmten sich dort – das Letzte, was man brauchen konnte, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs war, sich gerade die Haare hatte machen lassen und zehn Leute zum Abendessen erwartete. Es war Anouks Geburtstag, und Cassie war schon furchtbar nervös. Nicht nur war dies ihr zweiter Versuch, mit Anouks Bekanntenkreis warm zu werden, sie hatte außerdem Claude gebeten, auch dazuzukommen und ihr zuvor bei der Zubereitung des Dinners zu helfen. Zu ihrer Überraschung hatte er zugesagt.
    Es war Bas’ Idee gewesen, hierher zu gehen. Er hatte einen berühmten Designer sagen hören, dass er gelegentlich auf diesen Markt gehe, wenn er Inspiration suche. Leider hatte sie nicht viel Zeit zum Stöbern – Claude kam um drei.
    Sie stürzte sich hinein. Entschlossen ging sie zwischen den Ständen umher, schaute sich die Bücher an. Sie waren mit dem Buchrücken nach oben auf langen Tischen aufgereiht. Der reinste Himmel! Es waren gelegentlich neuere Bücher darunter, doch die meisten waren mindestens fünfzig Jahre alt, viele sogar hundert und mehr. Entzückt las Cassie die in Golddruck auf Leder gestanzten Titel.
    Jedes Mal, wenn sie eins zur Hand nahm, schnupperte sie an den Seiten, sie konnte einfach nicht widerstehen. Wie hatte Robin das genannt? VOCs? Flüchtige organische Verbindungen? Na, wenn das der Geruch des Verfalls war, dann hätte sie ihn am liebsten auf Flaschen gezogen. Mit einem feinen Lächeln erinnerte sie sich daran, wie sie tief unter den Straßen von Manhattan gesessen und in einem von Dickens’ eigenen Büchern gelesen hatte. Was würden die Antiquare hier wohl dazu sagen?
    Langsam ging Cassie von Tisch zu Tisch. Was sie eigentlich suchte, wusste sie nicht so recht. Ein Geschenk für Anouk, natürlich. Aber was? Ihr Blick fiel auf ein smaragdgrünes Lederbüchlein. Sie schlug es auf. Darin waren alte Schwarzweißfotos von einer Frau. Nach ihrer Kleidung und ihrer Frisur zu schließen stammten die Fotos aus den 1920er-Jahren. Auf den ersten Fotografien war sie vollständig bekleidet, in Hut und Mantel. Doch mit jedem weiteren Foto legte sie ein Kleidungsstück ab, bis sie am Schluss ganz nackt war. Danach kamen noch einige überraschend drastische Fotos, auf denen sie nichts anhatte – frühe Pornografie, zweifellos, deswegen aber nicht weniger schockierend. Als sie merkte, dass der Verkäufer sie beobachtete, legte sie es hastig wieder weg.
    Einige Stände hatten sich auf bestimmte Themen spezialisiert – auf Philosophie, Poesie, Militär- oder Kunstgeschichte. Gehandelt wurde leise und eindringlich, ganz anders als auf dem Lebensmittelmarkt, wo laut gelacht und gestikuliert wurde, während man sich um den Preis für ein Pfund Zwiebeln stritt. Die meisten hier waren wie sie allein unterwegs, eingemummelt gegen die Winterkälte. Es herrschte eine eigenartige Ruhe. Wäre da nicht der Kinderlärm gewesen, der von einem Spielplatz hereindrang, man hätte fast glauben können,

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