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Ein Glas voll Mord

Ein Glas voll Mord

Titel: Ein Glas voll Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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paar Geleebonbons. Sie war so ’ne Art liebenswerte Schlampe. Und um die Wahrheit zu sagen«, gab Neddick beschämt zu, »ich werd sie vermissen.«
    Rhys sah einige Zeit lang in die Kristallkugeln und vermutete, dass der Mann wahrscheinlich die Wahrheit sagte, oder ein einigermaßen gelungenes Faksimile davon. »Wissen Sie, ob sie jemand auf dem Kieker hatte?«
    Neddick stieß ein paar Mal mit seiner Mistgabel in die Erde und schüttelte dann langsam den Kopf. »Nee, kann ich mir nicht vorstellen. Würd für mich keinen Sinn machen. Dot hatte zwar ’ne sehr große Klappe, aber sie hätte keiner Fliege was zuleide tun können.«
    »Hatte sie vielleicht etwas rausgefunden, was jemand unter allen Umständen geheim halten wollte?«
    Ein amüsierter Ausdruck huschte über das lederne Gesicht.
    »Das hat sie am laufenden Band! Aber sie hat ihre Neuigkeiten immer sofort rausposaunt. Ich hätt es also gewusst.«
    »Aber nehmen wir mal an, sie wusste etwas, von dem sie gar nicht wusste, dass sie es wusste?«
    »Häh?«
    »Ich meine irgendeine scheinbare Kleinigkeit, von der sie dachte, sie sei’s nicht wert, weitererzählt zu werden?«
    Auch das fand Sam ziemlich lustig. »Es gibt nicht eine einzige klitzekleine Sache auf dieser grünen Erde, von der Dot denkt, dass sie’s nicht wert ist, weitererzählt zu werden. Himmel noch mal, wenn Hank Druffitt morgens um sieben ein Knopf vom Jackett gesprungen ist, wusste es um acht jede Seele in Pitcherville.«
    »Warum? Hatte Dot etwas mit dem Arzt?«
    »Gott, nee. Dot hat ihm nur die Wäsche gemacht. Sie hatte mit niemand anderem was. Sie wusste, das war bei mir nicht drin.«
    »Also, was sagen Sie dann zu der Möglichkeit, dass Ihre Freundin versehentlich umgebracht wurde?«
    »Dass es ein gottverdammt großes Versehen war, das sag ich dazu.« Neddick kratzte sich an einem seiner Stiefellederohren. »Vielleicht ist das gar nicht so dämlich, wie sich’s anhört, Inspector. Sie meinen von wegen dem Kleid, was sie anhatte, was? Wenn die alte Kuh mal was herschenkt, klebt Unglück dran. Sie sah ihr wie aus’m Gesicht gespuckt ähnlich, und das hab ich ihr auch gesagt.«
    »Meinen Sie, Dot sah darin aus wie Mrs.   Druffitt oder wie Marion Emery?«
    Neddick sah ihn überrascht an. »Jetzt, wo Sie’s sagen … sie hat ausgesehen wie beide. Die drei sehen gleich aus wie Erbsen in ’ner Dose, was ja auch kein Wunder ist, wenn man alles mal so bedenkt. An Marion hab ich gar nicht gedacht, aber sie macht mehr Sinn, oder? Wenn’s ein Versehen war, mein ich. Jesus, sie wohnt ja schließlich da, und jeder hätte gedacht, dass die alte Ziege eher Marion ein Kleid schenkt als Dot. Ich wünschte, sie hätt’s getan!«
    »Warum? Hätten Sie gern, dass Marion Emery aus dem Weg geräumt wird?«
    »Blödsinn. Ich hab nix gegen sie. Noch nicht, jedenfalls. Die Einzige, von der ich mir vorstellen kann, dass sie Marion loswerden will, ist Gilly Bascom, weil sie dann das ganze Herrenhaus kriegen würde. Allerdings, Gilly hasst ihre Mutter wie nix sonst auf der Welt. Und wenn die, die da auf’m Rasen liegt, Elizabeth Druffitt wär«, Neddick spuckte erneut aus, sehr kraftvoll diesmal, »dann wäre ich stolz, die Hand von dem zu schütteln, der’s getan hat. Und mehr sag ich nicht.«
    »Ich kann sie nicht dazu zwingen«, sagte Rhys milde. »Aber vielleicht können Sie mir und sich einen Gefallen tun, Neddick. Ich hätte gern, dass Sie mit mir da rübergehen und sich Dot noch mal genau ansehen. Ich frage mich, ob sich irgendwas an ihr verändert hat – ob etwas an ihrer Aufmachung anders ist als zu dem Zeitpunkt, als sie die Scheune verlassen hat, oder ob sie jetzt anders daliegt als heute Morgen, als Sie sie gesehen haben.«
    Sam sagte nicht, dass er mitkäme, aber er sagte auch nicht, dass er nicht mitkäme – also ging Rhys los, und wie er erwartet hatte, schloss Sam sich ihm an. Marion war immer noch auf ihrem Wachposten neben der zugedeckten Leiche auf den Rasen, aber sie verschwand ins Haus, als die beiden sich näherten. Entweder hatte sie Angst vor Neddick oder sie wollte Rhys glauben machen, dass es so war.
    Rhys schlug die Decke zurück, vorsichtig, um den Faltenwurf des Kleides so wenig wie möglich zu verändern, und wartete. Neddick starrte hinunter auf seine tote Geliebte, die Kristallaugen genauso leer wie ihre. Schließlich sagte er etwas.
    »Sie hat Schuhe an.«
    »Und?«
    Neddick zeigte verächtlich auf die zierlichen Pumps. »Die hatte sie nicht an, als sie weggegangen ist.

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