Ein Grabstein fuer den Playboy
daß ich fürchtete,
ihn mit solchen trivialen kleinen Fragen noch weiter in Rage zu versetzen
- für mich war es eine Frage des Prinzips.
Es war Jahre her, seit ich
zuletzt in einer Zelle gesessen hatte. Und ich muß gestehen, daß
mir die Sauberkeit und der Komfort der Haftzellen im Revier von Nashville
angenehm auffielen. Hätte ich nicht mit Hilfe eines meiner Klienten
eine Wohnung gefunden - ich würde mit einer solchen Behausung
durchaus vorlieb genommen haben.
Cohee schien der Meinung zu
sein, daß ich eher bereit sein würde zum Reden, falls er mich
eine Weile hinter Gitter setzte.
Und damit hatte er sogar
recht, mindestens zum Teil. Andererseits hatte ich nicht damit gerechnet,
daß er versuchte, Jeanna auf diese Weise von seiner sträflich
langen Mittagspause abzulenken. Aber da es nun schon einmal so war, fand
ich es eigentlich gar keine schlechte Idee, die Wartezeit zu überbrücken.
Und ich war tatsächlich bereit zu sprechen. Ehrlich.
Wenn auch nicht mit Deputy
Cohee, sondern mit Frank Pynne.
Pynne saß in einer
Zelle schräg gegenüber der meinen. Er starrte durch das
Gewitter, saß auf seiner Pritsche. Als Cohee gegangen war, warf er
einen kurzen Blick auf mich.
»Ich hatte nicht damit
gerechnet, daß wir uns noch mal sehen würden - jedenfalls nicht
auf diese Weise«, sagte ich zu ihm.
Er wandte sich mir zu.
»Kennen wir uns?«
»O ja. Vor etwa vier
Monaten hatte ich den Auftrag, Ihre Frau zu suchen. Ich habe einen halben
Tag damit verschwendet und mich am Nachmittag mit Ihnen und Hogue im Büro
des Anwalts unterhalten.«
Er nickte. »Jetzt
erinnere ich mich. Sie haben sie nicht gefunden.«
»Nein.«
»Verdammtes Luder«,
sagte er.
Dann dachten wir beide ein
paar Sekunden lang über unsere Situation nach.
Schließlich sagte er:
»Verdammter Boyd.« Er legte sich auf die Pritsche und starrte
gegen die Decke.
»Hat man schon Anklage
gegen Sie erhoben?« fragte ich ihn.
Er schaute mich nicht an.
»Nein«, sagte er leise.
»Also sind Sie nur zum
Verhör hier?«
»Ja.«
»Ich nehme an, Hogue
wird Sie in Kürze herausgepaukt haben.«
Jetzt setzte er sich wieder
auf und schaute herüber zu mir. »Was, zum Teufel, wissen Sie
eigentlich darüber?«
»Ich war vorhin draußen;
er hat irgendeinen Gerichtsbeschluß, oder was weiß ich. Und
darin heißt es, daß der Sheriff entweder Anklage gegen Sie
erheben oder Sie freilassen muß.«
Er erwiderte nichts.
»Wenn es also keine
Beweise gibt, die gegen Sie sprechen, wird man Sie vermutlich
laufenlassen.«
Es war eine delikate
Angelegenheit, und ich fischte dabei völlig im trüben.
»Scheiß-Beweise«
sagte er.
Ich war mir nicht sicher, ob
ich etwas am Haken hatte, deshalb faßte ich kurz nach. »Was
hat man bis jetzt gegen Sie? Motiv und Gelegenheit?«
»Was geht das
eigentlich Sie an?« zischte er ziemlich zornig.
Ich zuckte mit den Schultern.
Dann legte er sich wieder
hin.
Und ich saß in einer
Zelle in Süd-Indiana!
Immer wieder erhob sich die
Frage, was mich die ganze Sache eigentlich anging. Wenn ich selbst sie mir
nicht stellte, dann jemand anders. Allmählich wurde ich
es leid, sie immer wieder hören zu müssen. Daher entschloß
ich mich, etwas zu tun, damit mich die Sache etwas anging. Vielleicht,
indem ich einen Klienten fand? Aber nein, in diesem Fall war ich mein
eigener Klient.
Das half mir zwar finanziell
nicht weiter, wirkte aber Wunder auf philosophischer Ebene. Wer behauptet,
daß den Haftstrafen keine erzieherischen Elemente innewohnen?
Jetzt sagte ich: »Mr.
Pynne, ich versuche immer noch, Ihre Frau zu finden.«
»Dann müßten
Sie eigentlich draußen in den Wäldern sein, mit einer Schaufel«,
erwiderte er. »Zumindest, wenn Sie Jeanna Dunlap glauben.«
»Und - sollte ich
Jeanna Dunlap glauben?«
»Die halbe Stadt glaubt
ihr, warum nicht auch Sie?«
Er schien nicht geneigt zu
sein, die goldene Brücke, die ich ihm baute, beschreiten und seine
Schuld leugnen zu wollen.
»Warum nur die halbe
Stadt?« fragte ich jetzt.
Jetzt sah ich ein Lächeln
auf seinem Gesicht. »Warum nur die halbe?« wiederholte er.
»Gute Frage.«
Ich wartete darauf, daß
er mir eine gute Antwort gab.
»Ich sagte, die halbe
Stadt«, erklärte er nach längerer Pause, »weil diese
Stadt geteilt ist in eine Gruppe, die zu Billy Boyd steht, und eine, die
gegen ihn ist. Die Freunde Billys wären wohl
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