Ein Grabstein fuer den Playboy
Aberglauben zu überwinden. Ich habe sie
dafür sehr bewundert. Denn wenn ich auch ihre Ängste nicht
teilte, waren sie für sie immerhin sehr real.«
»Haben Billy und seine
Mutter im selben Haus gewohnt?«
»Ja. Das gehörte
zu dem Arrangement, und das Haus war auch groß genug, um ihm«
- er zögerte kurz - »völlige Freiheit zu gewähren. Es
ist übrigens direkt gegenüber.«
Er zeigte auf das Fenster und
auf ein sehr solides, großes Gebäude aus dunkelroten Ziegeln.
»Es könnte also
durchaus sein, daß sich Billy im Haus aufhielt, als seine Mutter
starb?«
»O ja. Aber es hat den
Anschein, als wenn er nicht dagewesen wäre.«
»Ich nehme an, wenn es
irgendwelche Beweise gegeben hätte, wäre die Sache damals von
Ihnen aufgerollt worden.«
Darauf gab er mir keine
Antwort.
»Mr. Hogue?«
»Ich … Ich war
… Sicher, einerseits war Ida sehr entrüstet, weil er sie
verlassen hatte, gerade als sie ihn am meisten gebraucht hätte. Aber
andererseits fühlte sie sich auch schuldbewußt. Sie sagte oft:
›Er ist mein einziges Kind.‹ Ich höre ihre Stimme, als
wenn sie noch hier wäre.« Dazu ließ er den Kopf sinken.
Gleich danach kam Betty
Weddle herein. Sie hatte ein Tablett mit zwei Tassen in den Händen;
außerdem lag eine große, weiße Papiertüte darauf.
»Es tut mir leid, wenn ich störe, Mr. Samson, aber David muß
etwas essen.«
»Betty, das ist
wirklich nicht -«
»Ich habe Ihnen etwas
besorgt, und für Mr. Samson ist ein Stück Kuchen und Kaffee dabei. Lassen Sie
es mich servieren, dann verschwinde ich wieder.«
Rasch und geschickt packte
sie aus und servierte. Hogue bekam Suppe, ein Sandwich, einen großen
Salat, Tee und einen Apfel.
Und die Weddle machte ihr
Versprechen wahr und ging, nachdem sie uns serviert hatte.
»Das ist mir aber
peinlich«, sagte Hogue.
»Aber nein, mich
beeindruckt es«, sagte ich aus der Perspektive eines Mannes, um den
sich seit Jahren keiner mehr in dieser Weise gekümmert hatte. »Außerdem
sagte sie, daß Sie Herzbeschwerden haben, also ist es doch nur vernünftig,
wenn Sie -«
»Hat sie Ihnen das erzählt?«
fragte er scharf.
»Ja, vorhin, unten im
Wartezimmer.«
Er seufzte tief. »Das
ist wirklich zuviel, finde ich.«
»Sie wollte mir damit
nur klarmachen, warum sie sich so um Sie sorgt.«
»Wissen Sie, Betty
sieht sich hier offenbar in - sagen wir, in einer ganz besonderen
Stellung. Meine Autorität schwindet allmählich dahin. Sie übernimmt
Gebiete, die sie eigentlich nichts angehen. Das ist schon seit ein paar
Wochen so, aber jetzt ist ein kritisches Stadium erreicht. Ich muß
wirklich etwas dagegen unternehmen.«
Ich konnte nichts dazu sagen.
»Und die Sache ist um
so unbegreiflicher, als sie nach Weihnachten kündigen wollte.«
»Kündigen? Warum
denn?«
»Sie hat gesagt, daß
sie zu lang an einer Stelle war. Ich weiß nicht, ob das nur ein
Vorwand war. Doch das ist nicht Ihr Problem.«
»Nein«, sagte
ich.
Aber während ich an
meinem Kuchen mampfte, überlegte ich mir, ob Hogue wirklich nicht
merkte, warum sich seine Sekretärin so um ihn kümmerte. Für
mich war die Sache jedenfalls sonnenklar.
18
Ich fuhr von Nashville nach
Westen. Nachdem ich festgestellt hatte, daß in Frank Pynnes
Blockhaus niemand zu Hause war, fuhr ich weiter zum Haus von Sharon Doans.
Und es überraschte mich nicht, daß ich dort in der Einfahrt
neben Sharons gelbem Volkswagen einen roten Ford Fiesta stehen sah. Die
beiden Farben paßten großartig zu der herbstlichen Färbung
des Laubs in der bewaldeten Landschaft.
Ein paar Sekunden nachdem ich
an die Tür des Hauses mit dem Kapellendach geklopft hatte, öffnete
mir Sharon Doans, warf einen Blick auf mich und sagte: »Wenn man vom
Teufel spricht…«
Sie hatte die Hände auf
dem Rücken verschränkt und schien es vorläufig bei diesem
Satz belassen zu wollen.
Also mußte ich die
etwas rauh begonnene Konversation fortführen. »Ich hätte
gern ein paar Worte mit Ihnen gesprochen, Miss Doanes«, sagte ich,
»wenn es Ihnen nicht allzu ungelegen kommt.«
»Klar. Kommen Sie rein.«
Und ich kam rein. Frank Pynne
saß in einem der Rohrsessel neben dem großen Fenster, das nach
vorn hinausging. Auch er hielt seine Hände hinter dem Rücken.
Die Doans ging mir voraus.
Sie zeigte mir wortlos eine Zigarette, zog die Augenbrauen hoch, nahm dann
einen tiefen Zug und inhallierte
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