Ein Grabstein fuer den Playboy
Sorge.«
Pynne brachte uns zurück
zu unserem Gespräch. »Ich hätte niemals angenommen, daß
Cilly ihn, schon gar nicht auf diese Weise, getötet haben könnte«,
sagte er. Aber er sagte es so, als denke er erst jetzt darüber nach.
»Wie stark war sie -
ich meine, ist sie?«
»Ich weiß nicht.
Aber schwach ist sie nicht.«
»Auch körperlich
kleine Tote sind eine ziemliche Last, wenn man sie durch die Wälder
tragen muß.«
»Sie war immer so
stark, wie sie sein mußte«, sagte Pynne ein wenig rätselhaft.
»Angenommen, sie sind
beide tot?« fragte ich jetzt. »Wenn Sie es nicht waren - wer
kann es sonst getan haben?«
Er schüttelte den Kopf
und zuckte mit den Schultern.
»Miss Doans?«
»Sie wollen wissen, wer
die beiden getötet haben könnte? Keine Ahnung.«
»Aber vielleicht lebt
Mrs. Pynne ja noch und hat es nicht getan. Wer hätte einen Nutzen von
Boyds Tod?«
»Jeder«, sagte
Pynne.
»Eine sehr hilfreiche
Antwort. So was liebt man vor Gericht.«
»Ich weiß es
nicht, ich weiß es nicht. Verdammte Scheiße!«
Sharon Doans hatte sich genügend
erholt, um sich nun ihrerseits Sorgen um Pynnes Verfassung zu machen. Sie
legte mir nahe, ihn in Ruhe zu lassen.
»Wissen Sie, wer den
Besitz - damit meine ich vor allem die Grundstücke - erbt?«
fragte ich Sharon, bevor ich ging. »Ich könnte mir denken, daß
er daneben noch das eine oder andere besaß.«
»Ja, zum Beispiel
dieses eine«, sagte sie. »Das Haus hier gehörte ihm.«
»Und wer erbt es jetzt?«
»Weiß ich nicht.«
»Verwandte?«
»Es gibt keine.
Jedenfalls nicht, daß ich wüßte.«
19
Ich verließ Pynne und
die Doans, damit sie sich in ihrer süßlichen, samtigen Wolke
aus Marihuanarauch trösten konnten. Und ich nahm eine andere Art von
Wolke mit mir: Sie war dünn, kaum wahrnehmbar, zumindest nicht
optisch, war nicht mehr als ein Gefühl des Unbehagens. Aber dieses
Unbehagen schien zu meinen Ermittlungen in Südindiana zu gehören,
wie ich feststellte.
Ich parkte in Nashville und
ging zu Boyds Kunstgalerie.
Diesmal kam ich dort während
der Öffnungszeiten an, kurz vor fünf. Dennoch war drinnen kein
Mensch zu sehen.
Ich ging hinein. Nach einer
Minute kam eine untersetzte Frau um die Vierzig aus einem Nebenraum. Sie
trug ein herbstrotes Kostüm, Schmuck aus rosa Korallen und ein
breites Lächeln auf dem Gesicht.
Ich fühlte sofort, daß
ich keine Lust hatte, mit diesem Dragonerhauptmann Poker zu spielen. Ihre
Haltung und ihr Lächeln waren so zuversichtlich, daß es mich
argwöhnisch machte und mich an die Geschichte von dem Hoosierknaben
im Zug erinnerte, der ein paar Leute beim Pokern antraf. Er hatte eine
Rolle Geldscheine in der Hemdtasche stecken und fragte die anderen,
nachdem er ihnen eine Minute lang zugesehen hatte: »Na, was spielt
ihr denn da, Jungs?« Der Knabe stieg in der nächsten Station
aus und hatte in beiden Hemdtaschen dicke Rollen von Geldscheinen.
»Hallo«, sagte
die Frau. »Ich bin Mary Tolley, die Geschäftsführerin.
Wenn Sie was sehen, was Sie interessiert, wenden Sie sich vertrauensvoll
an mich, klar?«
Ich stellte mich ihr vor.
»Oh, ich erinnere mich
an Sie«, sagte sie.
Was mich überraschte, da
wir einander noch nicht begegnet waren.
»Sie haben vor ein paar
Monaten mit Jeanna über mich gesprochen. Sie wollten wissen, ob ich
was von Billy Boyd gehört hätte, seit er verschwunden war. Und
Jeanna war nicht ganz sicher, ob sie Ihnen die richtige Auskunft gegeben
hatte, daher kam sie noch mal her, um mich zu fragen.«
»Und erinnern Sie sich,
was Sie ihr gesagt haben?«
»Klar. Daß ich
nichts von Billy gehört hatte. Und jetzt wissen wir ja auch, warum.« Sie sagte es
ganz nüchtern; ernst, aber ohne großen Kummer.
»Mrs. Tolley«, sägte
ich impulsiv, »ich muß unbedingt wissen, was mit Mr. Boyd
passiert ist, weil ich herausfinden will, wer ihn getötet hat. Ich wäre
Ihnen also sehr dankbar, wenn ich Ihnen ein paar Fragen stellen dürfte.«
»Nun, Sir«,
erwiderte sie freundlich, »ich werde mein Bestes tun, aber ich habe
nur ein paar Minuten Zeit. Ich muß bald weg und meinen Vater
abholen, weil er einen Termin beim Arzt hat.«
»Ein paar Minuten
reichen mir, Mrs. Tolley.«
»Darf ich Sie zuvor
noch um einen Gefallen bitten?«
»Gern.«
»Ich bin nicht ›Mistress‹
Tolley. Ich habe nicht geheiratet, und es wäre mir lieb, wenn
Weitere Kostenlose Bücher