Ein Grabstein fuer den Playboy
gelassen?«
Er überlegte. »Nein.«
»Also muß sie
ihre Sachen entweder gepackt haben, als Sie schon schliefen, oder sie
hatte den Koffer schon früher vorbereitet. Glauben Sie, es wäre
möglich, daß sie den Koffer packte, ohne Sie dabei zu wecken?«
»Wenn ich erst mal
schlafe, schlafe ich«, sagte er. »Aber - ich glaube nicht, daß
sie das getan hätte; sie mußte ja zumindest befürchten, daß
ich aufwachen könnte.«
»Das legt die Folgerung
nahe, daß sie bereits im voraus Pläne gemacht hatte«,
sagte ich geduldig.
»Das Luder!« stieß
er mühsam hervor. »Dieses verdammte Luder!« Er drückte
den Zigarettenstummel aus und stand auf. »Ich möchte wissen,
was da eigentlich vorgegangen ist.« Dann ging er im Zimmer umher,
gefangen im Käfig seines ohnmächtigen Zorns.
Sharon Doans schaute ihm zu.
Er war ein Mann, der die Aufmerksamkeit der anderen auf sich lenkte. Er
nahm ein Glas, füllte es mit Wasser und trank es in einem Zug aus.
Danach setzte er sich wieder,
das heißt, er ließ sich schwer in den Sessel fallen, der unter
seinem kräftigen, großen Körper zerbrechlich wirkte.
»Verdammt«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Wir
sind nicht besonders gut miteinander ausgekommen. Nie. Früher war ich
immer der Tonangebende. Sie folgte meinen Entschlüssen und Vorschlägen,
aber in letzter Zeit schien ihr das nicht mehr zu gefallen. Zum Beispiel
wollte ich unbedingt ein Kind haben. Wenn ich ihr vor zwei, drei Jahren
gesagt hätte, daß ich ein Baby will, hätte sie die Pillen
ins Klo geworfen. Aber jetzt sagte sie, ich sollte erst mal warten, und
das hieß für mich, daß sie keines wollte.«
Ich wußte nicht, was
ich darauf sagen sollte.
Nach längerer Pause
sagte ich schließlich: »Ich hätte gern die Namen und
Adressen der Freunde und der Familie Ihrer Frau.«
»Ha!« stieß
er hervor, und seine Stimme klang bitter. »Das wird keine lange
Liste. Sie hatte keine Freunde, und ich weiß nicht, wo ihre Eltern
sind. Außerdem sind sie die einzigen Verwandten von ihr, die ich je
kennengelernt habe.«
»Elizabeth Staedtler,
die Freundin Ihrer Frau, die mich im Frühsommer engagiert hatte,
sagte mir, daß sie und Ihre Frau sich in den letzten fünf
Jahren mehrmals geschrieben haben.«
»Das ist das erste, was
ich darüber höre«, sagte er, und dabei kam es mir so vor,
als hätte er einiges über seine Frau in der letzten Zeit zum
ersten Mal gehört.
»Und ihre Eltern?«
»Sie waren in
Springfield in Massachusetts, vor sechs Jahren. Ihre Mutter kam allein zur
Hochzeit; ihr Vater war zu betrunken.«
»Lebten die Eltern
beisammen?
»Ja.«
»Und Sie wissen nicht,
wo sie jetzt sein könnten, wenn sie nicht mehr in Springfield sind?«
»Nein.«
»In welcher Straße
haben sie damals gewohnt?«
»Sie hieß Cawly
oder …«
»Und Ihre Frau hat nie
wieder versucht, Kontakt mit ihren Eltern aufzunehmen, als Sie bei Ihnen
wohnte?«
»Nein«, sagte er.
»Nicht, daß ich wüßte.«
»Wie hieß sie mit
Mädchennamen?«
»Pitman.«
»Und Ihnen fällt
nichts dazu ein, was das Bild ein wenig abrunden könnte?«
»Sharon hat Ihnen,
glaube ich, mehr gesagt, als ich selbst weiß«, erklärte
Pynne.
»Haben Sie Boyd getötet?«
Er funkelte mich wütend
an. Ich nahm es als eine Verneinung meiner Frage.
»Schön - was könnte
dann Ihrer Ansicht nach mit ihm passiert sein?«
Diese Frage überraschte
ihn. »Was passiert sein kann?« wiederholte er. »Ich kann
doch wohl ausschließen, daß sich der Dreckskerl in einem
Augenblick der Erleuchtung selbst das Leben genommen hat, oder?«
»Er wurde erdrosselt,
und ein oberer Halswirbel ist gebrochen.«
Pynne überlegte.
Sharon Doans dagegen fiel in
Ohnmacht.
Ich muß gestehen, ich
hatte bis dahin noch nie erlebt, wie ein Mensch das Bewußtsein
verliert, ohne niedergeschlagen oder erschossen worden zu sein. Ich hatte
dementsprechend keine Ahnung, was zu tun war. Wir legten Sharon flach auf
den Boden und kontrollierten ihre Atmung. Als ich mir überlegte, was
sonst noch zu tun wäre, kam sie zu sich.
»O Gott«, sagte
sie. »Was ist denn geschehen?«
Wir sagten es ihr.
»Es war das, was Sie
über Billy sagten. Ich habe es mir ausgemalt. Wissen Sie, ich bin ein
bißchen zimperlich.«
Sie setzte sich auf, und nun
war sie an der Reihe mit dem Schluck Wasser.
»Mir geht es schon
wieder gut«, sagte sie. »Keine
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