Ein Grabstein fuer den Playboy
… Es ist mir einfach zuviel
geworden, und ich wußte, daß ich so nicht weiterleben konnte.«
»Warum sind Sie
ausgerechnet nach Memphis gefahren?«
»Es war die erstbeste
Mitfahrgelegenheit, die mich weit genug wegbrachte. Außerdem dachte
ich, Memphis, wo Elvis gelebt hat, sei eine Stadt des Showbusiness, mit
vielen Schönheitschirurgen, die mich verändern konnten, falls
das nötig wäre.«
»Aber nachdem Sie mich
engagiert hatten, stellten Sie fest, daß das gar nicht nötig
war.«
»Das ist richtig«,
sagte sie, senkte die Augen und atmete schwer. »Ich weiß noch
immer nicht, was Sie hier eigentlich wollen.« Und ehe ich es ihr
sagen konnte, erklärte sie: »Gott, es ist so schön hier.
Ich habe neun Jahre darauf gewartet, endlich wieder so leben zu können.«
Dann blickte sie auf, schaute
sich um, und erschrak. »Was hat er denn hier zu suchen?« Eine
Frage, die bestimmt nicht mir galt.
»Wer denn?«
»Ach, Sie kennen ihn
nicht.«
Ich drehte mich um und sah
die schmale Gestalt Caldwells neben dem Tor, das aufs Universitätsgelände
führte. »Sie meinen Dekan Caldwell?«
»Ja, kennen Sie den
auch?«
Ich beobachtete den Dekan.
Und er beobachtete uns. Eigentlich wunderte es mich nicht, ihn hier zu
sehen. Ich hatte ihm die Möglichkeit zum Handeln genommen, nicht aber
seine Hoffnungen. Und ich hatte damit rechnen müssen, daß er
mir hinterherfuhr, um die Ereignisse zu beobachten, die seine Zukunft
wesentlich beeinflussen konnten.
»Ein komischer Kerl«,
sagte sie.
»Er hält sehr viel
von Ihnen.«
»Das will ich gar nicht
wissen«, antwortete sie. »Aber er hat mir geholfen. Und er hat bisher noch
nie versucht, mich rumzukriegen.«
»Rechnen Sie eigentlich
damit, daß die Männer Sie rumkriegen wollen?«
»Ich rechne nicht
damit, aber sie tun es.«
Jetzt wandte sie sich ab und
starrte Caldwell an. Er bemerkte es und richtete sich gerade auf. Dann
wandte sie sich wieder an mich.
»Warum hat es neun
Jahre gedauert, bis Sie hierherkamen?« fragte ich jetzt.
»Ich hätte aufs
College gehen sollen, nachdem ich die höhere Schule abgeschlossen
hatte.«
»Sie waren ja auf dem
College«, erinnerte ich sie.
»Das wissen Sie auch?«
Ich nickte.
»Das weiß man
hier nicht.«
»Ich habe mit Elizabeth
Staedtler gesprochen. Mit der richtigen.«
»Die hab’ ich
immer gut leiden können.«
»Und ich sprach mit
Kenneth Catherman.«
»Ach.« Jetzt
geriet die resignierte Ruhe, in der sie mit mir gesprochen hatte, zum
ersten Mal ins Wanken.
»Warum - was ist mit
ihm?«
»Er ist ein Schwuler,
das ist es.«
»Na und?«
»Na und? Na und!«
rief sie, und ihre Stimme war merklich lauter und schriller geworden.
»Der erste, der einzige Mann, bei dem ich mir gewünscht hätte,
er würde mich rumkriegen wollen.«
Darauf sagte ich nichts. Und
sie war bereit, darüber zu reden.
»Unschuldig, wie ich
war«, sagte sie und hatte ihre Stimme, wenn auch nicht die Gedanken,
unter Kontrolle. »Ich habe immer gedacht, die Welt sei so, wie sie
in den Lesebüchern geschildert wird: Wenn man sich hart genug um
etwas bemüht, bekommt man es auch. Ich arbeitete wie eine Verrückte
auf der höheren Schule, für ihn, um ihm zu gefallen. Dann,
nachdem ich das Examen gemacht hatte, wurde mir klar, daß ich ihn
niemals bekommen würde. Ich weiß, es ist töricht gewesen,
und die Kinder, die heutzutage aufwachsen, kennen sich in solchen Dingen
besser aus, aber für mich war das etwas ganz Neues, und es war wie
ein Schlag vor den Kopf. Es hat Jahre gedauert, praktisch bis heute, zu
erkennen, was ich wirklich will. Und da kommen Sie daher, und ich weiß,
daß Sie imstande sind, all das, was ich mir ersehnt habe, zuletzt
doch wieder in Stücke zu schlagen.«
Wir schauten uns an.
Dann fragte ich: »Warum
haben Sie Billy Boyd getötet?«
Sie schoß hoch. »Was?«
Ich erhob mich ebenfalls und
packte instinktiv ihren Arm, als fürchtete ich, sie würde im nächsten
Augenblick davonlaufen.
»Lassen Sie mich los!«
sagte sie.
Hinter ihr tauchte eine
dunkle Gestalt auf. Ich sah sie nur aus den Augenwinkeln heraus, denn ich
bemühte mich, die Frau festzuhalten, nach der ich so lange gesucht
hatte. Sicher, ich hatte ihr zugehört und mir ein paar neue Theorien
zurechtgelegt, aber ich konnte sie jetzt nicht weglaufen lassen, bevor ich
ihr die entscheidenden Fragen gestellt
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