Ein Grausames Versprechen
hier.«
Sal sah sich um, bemerkte aber niemanden, der sie beobachtete. Preston war ein Freund seines verstorbenen Onkels Paulo, und Sal hatte ihn nie kennengelernt. Das Ganze war von Julio arrangiert worden. Julio würde mich nie in eine Falle laufen lassen. Aber Julio lag im Sterben, und wer wusste, ob in seinem Kopf noch alles richtig funktionierte?
Ein älterer Mann erschien im Eingang und erschreckte ihn. Preston, nahm er an.
»Ich fahre das Rolltor hoch, dann könnt ihr den Wagen hereinbringen«, sagte Preston.
Sal nickte. Gute Idee. Auch wenn niemand zu sehen war, war es sicher nicht sehr schlau, die Bestandteile eines Drogenlabors der Reihe nach aus dem Kofferraum zu holen und in die Fabrik zu schleppen.
Im Zug setzte sich Lauren ans Ende des Waggons, neben das Abteil des Wachmanns, und verkroch sich in die schlichte Jacke, die sie über ihrer Uniform trug. Ein Mann im grauen Anzug schüttelte im Sitz gegenüber eine Zeitung aus, und Züge, die in die Gegenrichtung fuhren, rauschten am Fenster hinter ihm vorbei, aber alles, was sie sah, war Kennedys blasses Gesicht.
Thomas hatte es getan. Er hatte Kennedy getötet.
Thomas hatte Kennedy töten können, weil sie ihn wegen Blake nicht angezeigt hatte. Und jetzt bedrohte Thomas sie und hatte ihr befohlen, Ella und dem anderen Detective zu erzählen, sie habe sich getäuscht. Es war aus vielerlei Gründen eine unmögliche Aufgabe. Zum einen hatte sie Kennedys Worte niedergeschrieben, sie hatte eine Aussage gemacht, bestätigt, dass sie korrekt war, und das Ganze unterschrieben. Zum andern hatte Joe ebenfalls gehört, wie Kennedy den Namen Thomas Werner herausgeschrien hatte, und dann seine eigene Aussage darüber abgegeben. Wenn sie jetzt versuchte, den Detectives eine Lüge anzudrehen, würden die sich nur fragen, was hier eigentlich los war, und sie genauer unter die Lupe nehmen.
Aber was blieb ihr anderes übrig? Wenn sie an Thomas’ Worte dachte, wurde ihr schlecht. Seine eigene Exfreundin, sein eigenes Kind! Sie dachte an das alte Haus, an das Licht der nackten Glühbirne, das sich in Felises Haar spiegelte, wenn sie einem Kreis von Puppen im Dachboden Geschichten erzählte. Über der Dachlinie wurde der Himmel langsam dunkel. Die Tauben ruhten im oberen Teil des abgesperrten Kamins, und Kristi tanzte in der Küche unten zu Hits aus den Achtzigern, bis zu den Ellenbogen voller Kartoffelbrei. Im Erdgeschoss war es still und düster. Die Fenster waren nicht vergittert. Lauren schauderte. Es war leicht hineinzukommen. Kinderleicht.
Und woher wusste er Bescheid? Wie konnte er wissen, dass Kennedy ihr seinen Namen gesagt, und dass sie ihn an die Polizei weitergegeben hatte? Niemand wusste davon, außer ihr, Joe und der Polizei selbst. Und das bedeutete? Dass er Leute bei der Polizei kannte?
Vielleicht hatte er in jener Nacht in der Gasse mit Blake doch keinen Quatsch erzählt, als er mit seinen Kontakten prahlte.
9
Ella legte sich seufzend zurück. Vor dem Duschen hatte sie ein tiefgefrorenes Hähnchenragout, das ihre Mutter ihr immer in Einzelportionen abpackte, weil die arme Ella schließlich etwas essen musste, zum Auftauen in die Mikrowelle gestellt, dann hatte sie auf Erhitzen geschaltet, während sie das Bett frisch bezog - gab es etwas Besseres als ein frisch bezogenes Bett, wenn man so richtig müde war? -, und ihr Mahl schließlich in die Kissen gestützt in sich hineingeschaufelt.
Jetzt zog sie die Decke bis ans Kinn, und die Dämpfe der schmerzlindernden Salbe, die sie sich auf die Schultern gerieben hatte, erfüllten den Raum. Die letzten Sonnenstrahlen erleuchteten den Himmel. Durch halb geschlossene Lider beobachtete sie, wie sich die Schatten der Palmen aus dem Nachbargarten an der Decke bewegten. Der Schmerz in ihren Beinen und im Rücken ließ nach. Es war wunderbar, so dazuliegen und …
Sie döste eben ein, als das Telefon läutete.
Sie musste rangehen: Es konnte einen Durchbruch in ihrem Fall gegeben haben.
»Ja?«
»Ella, carina , wie geht es dir?«
»Hallo, Dad. Alles in Ordnung?«
»Ich habe gerade mit deiner Mutter gesprochen«, sagte er. »Sie sagte, sie hat dich nicht gesehen, aber sie dachte, du würdest sie besuchen.«
»Ich sagte, es hängt von der Arbeit ab.«
»Sie macht sich Sorgen«, sagte ihr Vater. »Denkst du, du kannst sie anrufen?«
»Ich war die ganze Nacht und den ganzen Tag auf.« »Fünf Minuten, mehr verlangt sie nicht.«
Es würde nicht bei fünf Minuten bleiben, wenn ihre Mutter erst
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