Ein Grausames Versprechen
hatte sie mit deren Not nicht umgehen können. Sie hatte sich dabei ertappt, wie sie Kristi auf Abstand hielt, als würde sie in einen Strudel der Angst gezogen, wenn sie sie zu nahe heranließ. Kristi war verletzt und verängstigt, jeder sah es, aber Lauren war zumute, als müsste sie selbst um jeden Atemzug kämpfen, um jeden Herzschlag. Das kostete sie alle Energie, die sie aufbrachte und mehr. Sie war ausgepumpt.
Ziyad saß plötzlich auf der Stufe unter ihr. »Bist du dir sicher, dass du kein Bier willst?«
»Nein, danke.«
Er stützte die Ellbogen auf die Knie und zupfte am Etikett seiner Flasche. Die Spätnachmittagssonne schien über die Dächer, und die Schornsteine warfen schwarze Schatten auf die roten Ziegel. Die Tauben putzten sich auf dem First. Die Beamten der Spurensicherung waren noch in Laurens Wohnzimmer, und in ihrer Brust schwoll ein Gefühl irgendwo zwischen Trauer, Schmerz und Angst an.
Sie wollte den Kopf auf die Arme legen, aber die Wunde zog in ihrem Rücken.
»Hallo.«
Sie blickte auf. Joe trat aus der Terrassentür, ein Lächeln im Gesicht und Besorgnis in den Augen. »Kristi hat mich angerufen und mir erzählt, dass du Unfug gemacht hast.«
»Du kennst mich ja.« Sie begrüßte ihn mit einer Umarmung und erschrak ein wenig über die Heftigkeit ihrer Gefühle für ihn. Sie zwang sich, ihn loszulassen und trat einen Schritt zurück.
»Die Polizisten rücken gerade ab.« Er zeigte mit dem Daumen hinter sich in Richtung Haus. »Ich dachte, ich schnappe mir einen Mopp und einen Eimer und schaue mal, was ich zustande bringe.«
»Ich helfe«, sagte Ziyad.
»Damit du mir wieder zusammenklappst?«, sagte Lauren. »Kommt nicht infrage. Ich komme mit.«
Joe schüttelte den Kopf. »Du solltest hierbleiben und weiter das Luxusleben auf der Treppe deiner Villa genießen.«
»Es ist nichts, ich hab schon ganz andere Dinge gesehen.«
Joe befühlte vorsichtig die Schwellung an ihrer Schläfe. »Du bist unglaublich, ehrlich. Da lass ich dich mal ein paar Stunden allein, und jetzt sieh dir das an.« Das Zittern in seiner Stimme versetzte ihr einen Stich ins Herz.
»Wir machen es zusammen.« Sie hakte sich bei ihm ein.
Kristi war im Badezimmer, als sie durch das Haus gingen. Lauren war froh, sie nicht zu sehen.
Im Raum nebenan packte der letzte Kriminaltechniker gerade seine Ausrüstung zusammen. »Es gibt eine Reihe professionelle Unternehmen, die das Saubermachen für Sie übernehmen könnten«, sagte er.
»Wir kommen schon klar, danke«, sagte Joe.
Der Beamte schüttelte beiden die Hand. »Alles Gute.«
Lauren schloss die Haustür hinter ihm, dann führte sie Joe nach oben. Er ging in die Küche und sah sich um. Lauren sah das Wasser, das Blut, das Glas, und zum ersten Mal die Kratzer am Mikrowellenherd. Sie bemühte sich, ihre Tränen zurückzuhalten.
Joe trat nahe an sie. »Wenn du stirbst, werde ich sehr wütend.«
Sie versuchte ein Lachen. Er nahm sie in die Arme, sie vergrub ihr Gesicht in sein Hemd und ließ Trauer, Schmerz und Angst freien Lauf.
Das Mädchen aus der Personalabteilung rollte eine saubere weiße Tafel ins Besprechungszimmer. »Danke, Tracy«, sagte Kuiper, zog die Tafel in die Mitte und schrieb LAUREN YATES an den oberen Rand.
»Sie haben alle gehört, was Marconi eben berichtet hat«, sagte er und blickte in die Runde der Detectives. »Das Wichtigste jetzt: Wir sprechen mit niemandem außerhalb dieses Raums mehr über den Fall. Wenn jemand Fragen stellt, ein besonderes Interesse an den Tag legt, will ich, dass man mir Bescheid gibt. Den Maulwurf zu finden ist vielleicht der beste Weg, Werner selbst zu finden. Ich werde anschließend mit DI Radtke sprechen, aber ohne Frage wird man zur Beurteilung der Lage auch Detectives von außen hinzuziehen.«
Wie Ella wusste, war dies das übliche Vorgehen unter solchen Umständen.
Kuiper fuhr fort: »Lauren Yates war sich sicher, dass Thomas Werner der Mann war, der sie gestern angerufen und heute angegriffen hat, und Benson Drysdale sagte aus, er habe einen Mann mit diesem Namen vor einem halben Jahr in Begleitung von James Kennedy gesehen. Die letzte amtlich vermerkte Einreise Werners liegt jedoch etwas über fünf Jahre zurück, mit einem Ausreisedatum ein Jahr später. Wir haben eine Anfrage an Interpol geschickt, bezüglich Informationen über seine Vorstrafen und um seinen Aufenthaltsort festzustellen. In der Zwischenzeit überwachen wir jedoch das Haus der Yates’ und zapfen ihre Festnetzleitung an,
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