Ein gutes Herz (German Edition)
fertig.«
Moszkowicz grinste. »Das ist der Preis für die Ehe mit einer Schriftstellerin.«
De Winter entgegnete: »Lach nicht zu früh, Bram.«
»Eine meiner Exfrauen hat mir mal ein Buch angedroht, das Der Zuchthengst heißen sollte«, feixte Moszkowicz. »Habe ich ihr gründlich ausgeredet. Was mich aber ein paar Cent gekostet hat.«
Nach kurzem Anklopfen trat die Sekretärin ein. »Frau Verstraete ist da.«
»Bitte sie herein«, sagte Moszkowicz.
Sie erhoben sich alle drei. De Winter wollte Max Kohn im Auge behalten, aber er wollte auch wissen, wie Sonja ihrer großen Liebe nach einem ganzen Jahrzehnt wiederbegegnen würde. Sie kam herein. Mit großen Schritten. Sie hatte etwas anderes an als am Nachmittag. Hatte sich also eigens umgezogen. Ganz in Schwarz. Elegant. Rock und Jäckchen. De Winter kannte das Ensemble. Ann Demeulemeester. Das hatte sie bei ihrem ersten Essen in Juan-les-Pins getragen. Sie hatte ihre Haare gerichtet, bevor sie eingetreten war. Sie war angespannt.
Moszkowicz ging um die Sessel herum auf sie zu.
»Hallo, Sonja.«
»Hallo.«
Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange.
»Ha, Max«, sagte sie. Ein flüchtiger Blick. Keine sichtbare Gefühlsregung. Die dadurch umso greifbarer war. Sie schaute sofort zu de Winter.
»Tag, Sonja«, sagte Kohn, auf einen Blickkontakt wartend. Sie wich ihm aus, sah ihn nicht an.
»Du kannst dich dort hinsetzen.« Moszkowicz zeigte auf den Sessel.
»Ich setze mich zu Leon«, sagte sie. »Nehmt doch Platz«, forderte sie alle auf.
De Winter ließ sich wieder im Sessel nieder, und sie schob sich neben ihn auf das glatte Leder der Armlehne, die allemal breit genug für sie war. Mit einer Hand stützte sie sich auf der Rückenlehne ab und suchte Tuchfühlung mit de Winter. Das war ihre Eröffnung. Darüber hatte sie nachgedacht. Sie demonstrierte Kohn, zu wem sie gehörte. Daran bestand jetzt kein Zweifel mehr. Sie ließ de Winter nicht fallen. Er hatte Chancen auf eine Zukunft mit ihr.
»Meine Herren«, sagte sie. »Komisch, euch hier zusammen zu sehen.« Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr sie fort: »Wie geht es dir, Max? Du hast ein neues Herz bekommen. Nicht irgendein Herz.«
Sie sah ihn wieder flüchtig an. Mied den direkten Blickkontakt. Sie versteckte sich vor ihm. Wollte ihm damit sagen, dass sie ihn nicht an sich heranlassen würde. Aber sie hatte sich umgezogen. Schick. Unnahbar, und deshalb umso begehrlicher.
»Gut, dich wiederzusehen, Sonja«, sagte Kohn.
»Ich weiß nicht, ob das auf Gegenseitigkeit beruht, Max.«
»Ich freue mich, dass das Treffen nun doch stattfinden kann«, schaltete sich Moszkowicz ein. »Max, Sonja hat darauf bestanden, dass Leon und ich bei dem Gespräch anwesend sind. Das hast du akzeptiert. Du bleibst bei dieser Bedingung, Sonja?«
»Absolut.«
»Ich habe kein Problem damit«, sagte Kohn.
»Du hattest Fragen an sie«, leitete Moszkowicz ein.
»Ja.«
»Fragen«, sagte sie. »Die habe ich auch. Aber was bringen mir Antworten, denen ich nicht trauen kann?«
»Ich fürchte, du täuschst dich. In meinem Leben hat sich vieles getan.«
Moszkowicz fragte sie: »Möchtest du ein Glas Wein?«
»Ja, gerne.«
Sie schwiegen, während er ihr ein Glas einschenkte. Um es ihr zu reichen, beugte er sich über das runde Tischchen, das zwischen den Sesseln stand. Sie erhob sich von der Armlehne und nahm das Glas entgegen.
»Darf ich rauchen?«
»Natürlich.«
»Du hattest doch aufgehört«, sagte de Winter.
»Ich weiß«, sagte sie.
Moszkowicz ging um das runde Tischchen herum, Sonja nahm sich eine Zigarette, und er gab ihr mit einem goldenen Feuerzeug Feuer. Sie inhalierte. Glas in der einen Hand, Zigarette in der anderen. Schwarze Pumps. Wie ein Filmstar. Theatralisch.
»Tja«, sagte sie. »Ich hatte gehofft, dass ich für den Rest meines Lebens kein Wort mehr mit dir zu wechseln bräuchte, Max. Ich habe mir ein neues Leben aufgebaut, nachdem es mich Jahre gekostet hat, die Trümmer des alten zu beseitigen. Fass dich also bitte kurz. Ich habe anderes zu tun. Du weißt doch von mir und Leon, oder?«
»Ja, das weiß ich«, antwortete Kohn. Er nickte de Winter mit entspanntem Lächeln zu. »Ich bin nicht gekommen, um dich von irgendetwas zu überzeugen. Ich habe Fragen zu meinem Herz. Nicht zu deinem Liebesleben. Das geht mich nichts an. Das respektiere ich, in jeder Hinsicht.«
»Gut. Okay«, sagte sie.
Sie nahm wieder neben de Winter auf der Armlehne des Sessels Platz.
»Schieß los«, sagte sie.
Kohn nickte.
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