Ein gutes Herz (German Edition)
dass auch die Polizei gut zuhört…« – sie schaute sich kurz zu den beiden Männern vom DKDB um, die keine Regung zeigten und ihrem Blick auswichen –, »und das ist mir ehrlich gesagt scheißegal, ich verspreche Ihnen, Herr Wilders, dass ich Sie, wenn Sie nicht tun, was Sie gerade gesagt haben, wenn Sie sich nicht im Austausch für die Kinder zur Verfügung stellen, die ein paar hundert Meter von hier als Geiseln gehalten werden, dass ich Sie, wenn Sie das nicht tun und die Sache außer Kontrolle gerät, höchstpersönlich töten werde. Und ich könnte mir vorstellen, dass ich ein paar hundert Väter und Mütter auf meiner Seite hätte. Wir lynchen Sie, haben Sie gehört? Ich bin keine Islamistin, Herr Wilders. Ich habe sogar ein gewisses Verständnis für Ihre Standpunkte, wenn man einmal von Ihrer Hysterie absieht. Aber dass die Ihre Auslieferung gefordert haben, kommt nicht von ungefähr. Sie haben nicht nur mit Ihrem eigenen Schicksal gespielt, sondern auch mit dem unsrigen. Und die Folge davon ist der Irrsinn von gestern und heute. Mein Kind wird jetzt gefangen gehalten, und wissen Sie was? Dafür mache ich diese Verbrecher verantwortlich! Und wissen Sie was? Dafür mache ich auch Sie verantwortlich! Wann melden Sie sich in der Schule?«
Sie keuchte vor Wut und Erregung. Wilders sah sie fest an.
»Es tut mir leid, dass Sie so darüber denken. Das Verhalten dieser Extremisten wird nicht von mir ausgelöst. Überall auf der Welt tun sie das Gleiche. Aber ich bin froh, dass Sie gehört haben, was ich vorhin sagte. Die Forderung lautet, dass ich mich zu dem Flugzeug begebe und an Bord komme. Sowie ich dort bin, lassen sie die Kinder gehen. Darüber wird noch verhandelt. Die Leute, die mit den Geiselnehmern verhandeln, wissen, was sie tun. Sie versuchen jetzt zunächst, möglichst viele Kinder freizubekommen, und wenn nur noch Lehrer und sonstiges Schulpersonal übrig sind, gehe ich an Bord.«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und blickte ihn voller Abscheu an. »Und warum mussten Sie hierherkommen und das erzählen?«
»Ich bin hergekommen, weil ich mich mit Bram beraten wollte. Und er war nun mal gerade hier und wollte nicht von hier weg.«
»Ich wollte hier bei euch bleiben«, erklärte Moszkowicz begütigend.
»Ich habe gesagt, dass das okay sei«, unterstrich de Winter.
Sonja Verstraete fragte: »Warum warten Sie nicht irgendwo bei der Polizei in Schiphol?«
»Ich trage Verantwortung«, erwiderte Wilders. »Ich führe eine Partei. Anderthalb Millionen Menschen haben mich gewählt. Wenn mir etwas zustößt, möchte ich, dass diese Bewegung am Leben bleibt, überlebt, im Gegensatz zu mir…«
Sie sagte: »Es wäre nicht so schlimm, wenn Ihre Partei unterginge.«
»Da bin ich anderer Meinung, Frau Verstraete. Ich bin, bevor ich nach Schiphol fahre, hergekommen, um Bram zu bitten, die Führung der PVV zu übernehmen, wenn mir etwas zustößt.«
Er wandte sich Moszkowicz zu. »Ich möchte, dass du mein Nachfolger wirst. Darum wollte ich dich bitten. Ich wollte dir den Vorschlag machen, die Partei weiterzuführen. Vorübergehend. Interimsweise. Für die Zeit, in der ich den Schnellkurs Islam für Fortgeschrittene mache. Bis die Partei wieder in ruhigerem Fahrwasser ist… Ich möchte nicht, dass wir Zustände wie bei Pim Fortuyns LPF bekommen. Und, Leon, es wäre phantastisch, wenn du, als eine Art Geschichtsschreiber, dabei wärst und alles registrieren und notieren würdest.«
Von ihren Gesichtern konnte Wilders keine Reaktion ablesen, sie warfen sich nur einen kurzen Blick zu. Der eine orientierte sich am anderen. Jetzt warteten sie ab. Sie schienen nicht erstaunt oder überrascht zu sein. Setzten eine Miene auf, als hätte er ihnen das Angebot gemacht, bei ihren Autos die Winterreifen aufzuziehen. Bisschen seltsam, aber im Grunde harmlos. Wilders war mit der Erwartung hergekommen, dass Moszkowicz seinen Vorschlag ernst nehmen würde. De Winter hatte er spontan mit dazugenommen – der war ein lascher Sack. Aber Moszkowicz war ein seriöser Mann. Er hatte ihn monatelang aus nächster Nähe miterlebt, als er ihn vor Gericht vertreten hatte. Sie waren sich sympathisch.
»Das ist eine große Bitte, Geert«, stieß de Winter hervor.
Auch Moszkowicz setzte zögernd zu einer Erwiderung an. Er erhob sich, als befände er sich vor Gericht, und sagte: »Geert, du hast eine Fraktion, politische Mitstreiter und Bewunderer, überall natürliche Nachfolger… Wollen wir nicht lieber in meine
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