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Ein gutes Herz (German Edition)

Ein gutes Herz (German Edition)

Titel: Ein gutes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon de Winter
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zwischen Sonja und diesem Harry Verstraete, die Augen, die Wangenknochen, die Stirn – zum Glück hatte sie nicht Harrys große Nase. Zufall gab es nicht. Sie war die Tochter dieses Betrügers. Er rief ihr nach: »Bist du die Tochter von Harry Verstraete?«
    Sie drehte sich überrascht um. »Du kennst meinen Vater?«
    »Ich habe vor einigen Monaten ein Paket Wohnungen von ihm gekauft. Du bist also seine Tochter?«
    »Ja. Bist du Makler?«
    »Nein. Ich bin Anleger. Und was macht dein zukünftiger Mann?«
    Das Einzige, was er jetzt in ihren Augen erkennen konnte, war Argwohn. »Das geht dich nichts an.«
    »Sonja, ich ruf dich in fünf Wochen an, wenn der Arm wieder aus der Schlinge ist. Gehst du dann mit mir essen?«
    »Warum sollte ich? Mein Leben ist ohne dich ganz in Ordnung.«
    »Mein Leben ohne dich aber nicht.«
    Sonja sagte: »Wer gibt dir das Recht, mein Leben auf den Kopf zu stellen?«
    Resolut, die Schöße ihres weißen Kittels tanzten um ihre Beine, ging sie davon und verschwand, ohne sich noch einmal nach ihm umzuschauen, hinter einem Vorhang, über dem ein Schild mit der Aufschrift »Nur für Personal« stand.
    Kohn blieb in der abwegigen Erwartung stehen, dass sie noch einmal wiederkommen würde, doch sie tauchte nicht mehr auf. Erst als er im Fahrstuhl stand, wurde ihm bewusst, was er getan hatte. Noch nie hatte er sich einer Frau gegenüber so benommen. Er hatte Freundinnen gehabt, viele, oft nicht länger als ein paar Wochen oder auch nur eine Nacht, aber nie hatte er die Erfahrung gemacht, seiner Bestimmung gegenüberzustehen – ein melodramatischer Begriff, der dem Ernst dessen, was er gerade erfuhr, aber durchaus angemessen war.
    Am fünften Tag holte Kicham ihn ab. In die monumentale dunkelgrüne Eingangstür seines Hauses an der Keizersgracht waren zwei Kugeln eingeschlagen, die zuvor durch seinen Arm gegangen waren. Einer von Kichams »Leuten« hatte den Schaden bereits repariert. Die dritte Kugel, die in seinem Körper steckte, hatte man ihm im Krankenhaus aus der Schulter operiert. Sie war etwas verformt und wurde in einem Safe der Universitätsklinik aufbewahrt.
    Kicham hatte »sich umgehört«, und ihm war zu Ohren gekommen, dass ein jugoslawisches Duo Kohn einige Tage lang gefolgt war. Er hatte die Aufzeichnungen der drei Überwachungskameras studiert, die Kohn bei seinem Einzug an der Vorderfront des Hauses hatte installieren lassen. Darauf war zu sehen, dass sich das Duo mehrere Male in einem Opel auf der anderen Seite der Gracht postiert hatte, und Kicham konnte auch das Nummernschild teilweise entziffern. Er kannte jemanden beim Straßenverkehrsamt. Der Opel war ein Vectra B , das gerade herausgekommene, neueste Modell, und gehörte einer Autovermietung in Utrecht. Dort hatte man die Führerscheine der beiden Jugoslawen kopiert und auch einen Abzug von der vorgelegten Visa-Kreditkarte gemacht. Das Duo war in einem Utrechter Hotel abgestiegen. Dort hielt es sich immer noch auf, denn der Job war ja noch nicht erledigt.
    Kohn bewohnte das Erdgeschoss von Vorder- und Hinterhaus. Die Hälfte der Zimmer war unmöbliert. Er lebte ausschließlich im Hinterhaus, vor allem in der Küche, die auf den Garten hinausging.
    Kicham hatte belegte Brötchen zum Mittagessen geholt und Kaffee gekocht. Durch das Küchenfenster fiel das bleiche Licht eines kalten holländischen Tages herein. Es war zwar unwahrscheinlich, dass sie abgehört wurden – die Justiz hatte keinerlei Veranlassung, Kohn zu observieren –, aber sie hatten es sich zur Gewohnheit gemacht, das Radio anzustellen, wenn sie etwas zu besprechen hatten.
    Die Jugoslawen würden Kohn jagen, bis sie ihren Auftrag erfüllt hatten, behauptete Kicham – oder bis sie sie daran hinderten.
    Er sagte: »Ich habe ein paar fähige Jungs auf sie angesetzt. Wir überwachen sie. Sie werden Kontakt zu ihrem Auftraggeber aufnehmen. Das sind Profis, die für den Job angeheuert wurden.«
    »Soll ich für eine Weile abtauchen, Kicham? Denn das wird natürlich in den kommenden Jahren so weitergehen. Nach diesen Typen werden andere kommen. Der Markt ist interessant. Das ist leider Teil des Geschäfts.«
    »Willst du dich so einfach verdrängen lassen? Mit eingekniffenem Schwanz das Weite suchen? Es geht um Millionen, Max. Du kannst doch nicht einfach aufhören!«
    »Wie können wir sie stoppen, Kichie? Da gibt es doch nur eine Möglichkeit, oder?«
    »Ja.«
    »Ich will aber, dass dieses Geschäft sauber bleibt. So war das gedacht. Keine Gewalt. Bestechung,

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