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Ein gutes Herz (German Edition)

Ein gutes Herz (German Edition)

Titel: Ein gutes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon de Winter
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Verband an, umwickelte den Schädel des Mannes mit einer breiten weißen Binde.
    Zwanzig Minuten verstrichen, bis sie endlich allein war. Sie half noch einer Schwester, den Behandlungstisch aufzuräumen, was sicher nicht ihre Aufgabe war. Offenbar wollte sie ihn warten lassen.
    Kohns linker Arm ruhte in einer Schlinge. Er trug Jeans, ein weißes Hemd, offene Sandalen, als wäre Sommer.
    Als sie vor ihm stand, registrierte er, dass sie fast genauso groß war wie er.
    »Hat man schon wieder auf Sie geschossen?«, fragte sie spöttisch.
    »Ja, Sie haben auf mich geschossen«, antwortete er.
    Ein verblüffter Ausdruck huschte über ihr Gesicht, dann sagte sie: »Soweit ich weiß, laufe ich nicht mit Waffen herum.«
    »Wenn Sie noch einmal auf mich schießen möchten, tun Sie sich keinen Zwang an«, forderte er sie auf.
    »Ich bin nicht schießwütig.«
    Ihre Stimme war fest und hatte die tiefe Tonlage einer Raucherin.
    Er sagte: »Man hat noch nie auf mich geschossen. Ich war noch nie verletzt.«
    »Sie haben ja reichlich gewalttätige Schachpartner. Oder haben Sie sich die Schusswunden etwa nicht beim Schach zugezogen? Ich habe noch nie eine Schusswunde verarztet.«
    »Also ist es für uns beide das erste Mal«, sagte Kohn. »Und Sie kennen meine Schachpartner nicht.«
    Sie sah ihn forschend an. In ihrem Blick war etwas Spöttisches. Er hätte sie gerne berührt.
    Er sagte: »In vier, fünf Wochen wird meine Schulter verheilt sein.«
    »Ja. Sind Sie sonst ganz gesund?«
    »Ich glaube schon.«
    »Gesunde Ernährung. Kein Alkohol. Zeitig ins Bett.«
    »Ja, Frau Doktor.«
    »Dann kommt mit Ihrer Schulter und Ihrem Handgelenk wieder alles in Ordnung.«
    »Ich werde Ihren Rat befolgen. Max Kohn.«
    »Sonja Verstraete.«
    Sie schüttelten einander die Hand. Aber nach dem Händedruck ließ er nicht gleich los, und sie zog ihre Hand nicht gleich zurück. Sie sah ihn aber fragend an.
    Ihm stockte der Atem. »Hallo, Sonja.«
    Sie zögerte. »Hallo, Max.«
    »Woher kenne ich dich, Sonja?«
    Jetzt zog sie ihre Hand zurück, aber nicht aggressiv, sondern mit leisem Lächeln. »Aus einem vorherigen Leben?«
    Er fragte: »Warst du meine Marie Antoinette?«
    »Ludwig der Sechzehnte?« Sie schien nicht angetan. »Das war, glaube ich, kein so sympathisches Paar.«
    »Menschen, die an Reinkarnation glauben, sind in einem früheren Leben immer berühmt gewesen. Jeanne d’Arc. Napoleon«, sagte er.
    »Kleopatra«, sagte sie. »Solltest du nicht längst schlafen? 927b?«
    »Du kennst meine Zimmernummer?«
    »Ich habe nach dir gesehen, als du schliefst. Du hast geschnarcht wie ein Nilpferd.«
    »Du hättest mich wachküssen und wieder zum Menschen machen müssen.«
    »Ich küsse keine Nilpferde. Einen Frosch vielleicht, aber kein Nilpferd. Du musst dich erholen.«
    »Vielleicht will ich mich gar nicht erholen.«
    Sie sahen sich stumm an.
    »Was möchtest du sagen?«, fragte sie, plötzlich unsicher, mit den Augen sein Gesicht abtastend.
    »Würdest du mit mir essen gehen?«
    »Nein«, antwortete sie kopfschüttelnd, fast verärgert.
    »Nein?« Er holte tief Luft: »Ich werde dich so lange bitten, mit mir essen zu gehen, bis du eines Tages ja sagst. Ich werde so oft mit dir essen gehen und dich anschließend fragen, ob du noch auf ein Glas mit zu mir kommst, bis du ja sagst. Ich werde dich so oft fragen, ob du über Nacht bleibst, bis du dich ausziehst.«
    Sie schloss kurz die Augen, verharrte einen Moment regungslos und sah ihn dann ungläubig an. »Das ist ein starkes Stück. Du kennst mich gar nicht. Du weißt nicht, wer ich bin. Und da sagst du als Erstes das zu mir?«
    »Ja.«
    »Und du glaubst, dass dir das gelingt?«
    »Ich bin mir noch nie im Leben so sicher gewesen.«
    Wieder sahen sie sich stumm an.
    Sie sagte: »Wir haben gerade ein Haus gekauft.«
    »Wer wir ?«
    »Mein Mann und ich.«
    »Verlass ihn. Wir gehören zusammen.«
    »Du bist ganz schön unverschämt. Was weißt du denn schon von mir? Warum glaubst du, so über meinen Mann, meinen zukünftigen Mann, sprechen zu können?«
    »Weil wir zusammengehören, mehr als alle anderen auf der Welt.«
    In ihren Blick schlich sich erneut Spott, und sie sagte: »Was hast du geschluckt?«
    »Gehst du mit mir essen?«
    Sie schüttelte abwehrend den Kopf. »Nein. Wirklich nicht.«
    Sie ließ ihn stehen.
    Kohn hatte mit einem Makler namens Verstraete Geschäfte gemacht, und über eine ihrer Transaktionen war es zu einer heftigen Kontroverse gekommen. Jetzt entdeckte Kohn Ähnlichkeiten

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