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Ein gutes Herz (German Edition)

Ein gutes Herz (German Edition)

Titel: Ein gutes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon de Winter
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Funke würde das aggressive Gemisch sofort zum Entflammen bringen, und das Gemisch würde die fünfhundert Kilo schwere Kunstdüngerbombe explodieren lassen. Er holte tief Luft und nahm die Atemschutzmaske ab. Er spürte, dass sich sein Schnurrbart gelöst hatte, aber er hatte es jetzt eilig, merkte, dass er plötzlich zitterte.
    Er schob die Seitentür auf, stieg aus und ließ die Tür sachte ins Schloss fallen. Dann lief er zum Ausgang. Nach zwanzig Metern konnte er das Aceton und die Salzsäure immer noch riechen. Im Treppenhaus zog er sein Handy heraus und wählte die Nummer vom Rathaus.
    »Liander-Gaswerke«, sagte er. »Ich muss die Überwachungszentrale sprechen. Dringend.«
    Er wurde verbunden.
    »Van der Horst, Liander«, sagte Sallie. »Unsere Sensoren verzeichnen ein großes Gasleck in der Tiefgarage unter dem Opernhaus. Wir rücken mit schwerem Gerät an. Die Tiefgarage muss sofort geräumt werden. Sofort! Wir befürchten Explosionsgefahr.«
    Der Mann, den er am Apparat hatte, schien nicht sonderlich beeindruckt von der Meldung. Er fragte: »Können Sie das Leck genau lokalisieren?«
    Sallie brüllte: »Mitten in der Tiefgarage! Räumen Sie das Gebäude! Jetzt sofort!«
    »Unsere Sensoren geben nichts an. Sie sind von Liander, sagten Sie?«
    »Ja, Liander! Räumen Sie jetzt sofort das Gebäude! Sie dürfen nicht länger warten! Tun Sie, was ich sage!«
    »Aber die Vorschriften verlangen, dass ich erst nach unten gehe –«
    »Vergessen Sie die Vorschriften! Das ist ein Notfall, verdammt noch mal! Sie sind für die Folgen verantwortlich, verstanden? Es liegt jetzt an Ihnen, ob das schiefgeht oder nicht!«
    Nach zwei Sekunden sagte der Mann: »Ich lasse sofort räumen. Ist das Ihre Nummer, die ich jetzt auf dem Display habe?«
    »Ja. Alarmieren Sie alle in Oper und Rathaus! Ich möchte nicht, dass es Tote gibt! Keine Toten!«
    Sallie unterbrach die Verbindung und verließ das Treppenhaus. Draußen fiel sein Blick sofort auf Frits.
    Frits stand auf der anderen Seite der Straßenbahnschienen, vor dem Laden, in dem er die Zigaretten gekauft hatte. Er rauchte. Sallie überquerte die Straße, mitten zwischen den Autos hindurch, direkt vor einer Straßenbahn, und hörte, wie hinter ihm die Sirenen der Stopera zu heulen begannen.
    Er zog Frits im Vorübergehen an seiner Jacke mit.
    »Du hättest weggehen sollen«, zischte er ihm zu, während sie Richtung Jonas Daniel Meijerplein rannten. »Hau ab, Frits. Geh nach Hause, verdammt.«
    »Ich kann nicht. Ich hab’s versucht.« Andere Sirenen mischten sich in das Heulen derer von der Stopera. Offenbar hatte der Mann von der Überwachungszentrale auch gleich die Polizei alarmiert, oder vielleicht ging das automatisch.
    Sallie blieb stehen und winkte Frits näher. Gerührt umarmte er den marokkanisch-niederländischen Messi, und Frits erwiderte die Umarmung. Dann holte Sallie aus und boxte Frits mit aller Kraft, über die er verfügte, in die Magengrube. Der Junge ging ächzend und nach Luft schnappend in die Knie. Frits sollte zu Hause bleiben.
    Sallie rannte davon. Allein.

11
    SONJA
    Es war unvermeidlich, dass Max irgendwann wieder auftauchte. Seit sie ihn verlassen hatte, wartete sie auf den Tag, da er zurückkehren würde – ja, nicht sie würde zu ihm zurückkehren, sondern er zu ihr. Denn schließlich hatte er sie hintergangen, und das musste er wiedergutmachen. Aber wenn er zurückkehrte und Abbitte leistete und vor ihr im Staub kroch, würde sie ihn erneut verlassen. Weg von ihm, das würde die Bewegung ihres Lebens sein, mit dieser Gewissheit hatte sie sich arrangiert.
    Das von ihrem Vater hinterlassene Vermögen erlaubte ihr, mit ihrem Sohn über den Globus zu ziehen. Die Welt bestand aus einer beängstigenden Verknäuelung der Ambitionen rücksichtsloser Männer. Max war einer von ihnen, und ihr Vater hatte, wie sie leider feststellen musste, auch dazugehört. Sonja lebte jetzt ein Flüchtlingsleben, mit Zwischenphasen entspannten Selbstbetrugs. Wie derzeit mit Leon de Winter. Ein etwas stressiger Mann, der sich mit Phantomen herumschlug und zu allem eine Meinung hatte. Letzteres war ganz bequem, denn es entband sie davon, sich eine eigene Meinung zu bilden, sei es nun über die Palästinenser oder den US -Präsidenten, über Putin oder Angela Merkel. Leon war das komplette Gegenbild zu Max. Leon erklärte ihr laufend die Welt und befasste sich tagtäglich mit den Nachrichten, damit er wusste, was vor sich ging, und auf Dinge reagieren konnte, die

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