Ein Hauch von Schnee und Asche
nach warmem Essen, hatten die Männer einen immensen Haufen Holz zusammengetragen. Ein kurz gewachsener Schwarzer stochte schweigend das Feuer, während ein paar der Jungen die Packtaschen nach Essbarem durchstöberten. Ein Topf Wasser mit einem Stück Pökelfleisch wurde auf das Feuer gestellt, und der löwenmähnige junge Indianer schüttete Maismehl in eine Schüssel, in der sich ein Klumpen Schmalz befand.
Ein weiterer Schmalzklumpen schmolz brutzelnd auf einem Eisenblech. Es roch wundervoll.
Mein Mund füllte sich mit Speichel, der sofort von dem Stoffball aufgesogen wurde, und trotz meines Unbehagens weckte der Essensgeruch meine Lebensgeister ein wenig. Meine Korsettstangen, die sich im Lauf der letzten vierundzwanzig Stunden unterwegs gelockert hatten, hatten sich wieder verengt, als die nassen Schnüre trockneten und schrumpften. Die Haut unter dem Stoff juckte, aber die dünnen Stangen gaben mir das Gefühl, gestützt zu sein, und das konnte ich derzeit nur zu gut brauchen.
Mr. Browns Neffen – Aaron und Moses, wie ich inzwischen erfahren hatte – kamen langsam in das Lager gehumpelt und hatten eine improvisierte Trage zwischen sich hängen. Sie setzten sie dankbar am Feuer ab, was einen lauten Aufschrei des Kranken nach sich zog.
Mr. Brown hatte die Flussüberquerung zwar überlebt, aber sie hatte ihm nicht besonders gut getan. Natürlich hatte ich ihnen gesagt, dass sie ihm viel zu trinken geben sollten. Dieser Gedanke brachte mich trotz meiner Müdigkeit aus der Fassung, und ich stieß hinter meinem Knebel ein ersticktes Prusten aus.
Einer der Jungen hörte mich und streckte zögernd die Hand nach dem
Knoten meines Knebels aus, ließ sie aber sofort sinken, als Hodgepile ihn anknurrte.
»Weg da!«
»Aber – muss sie denn nichts essen, Hodge?« Der Junge sah mich beklommen an.
»Jetzt nicht.« Hodgepile hockte sich vor mich hin und musterte mich von oben bis unten. »Habt Eure Lektion doch noch gelernt, wie?«
Ich machte keine Bewegung. Saß einfach nur da und sah ihn an, so verächtlich ich nur konnte. Die Schnittwunde an meinem Finger brannte, und meine Handflächen hatten angefangen zu schwitzen – doch ich starrte ihn an. Er versuchte, zurückzustarren, konnte es aber nicht – sein Blick huschte immer wieder zur Seite.
Das machte ihn noch wütender; das Blut stieg ihm in die knochigen Wangen.
»Hört auf, mich anzusehen!«
Ich kniff langsam die Augen zu und öffnete sie wieder, dann sah ich ihn weiter an und hoffte, dass mein Blick einen ungerührten, aufmerksamen Eindruck machte. Er sah ziemlich mitgenommen aus, der gute Mr. Hodgepile. Dunkle Ringe unter den Augen, die Muskelfasern um seinen Mund sahen aus wie in Holz geschnitzte Linien. Nasse, heiße Schweißflecken unter den Achselhöhlen. Das Tyrannendasein musste anstrengend sein.
Ganz plötzlich stand er auf, packte mich am Arm und riss mich hoch.
»Ich bring dich irgendwo hin, wo es nichts mehr anzustarren gibt, du Hexe«, murmelte er und schob mich vor sich her am Feuer vorbei. Ein Stückchen außerhalb des Lagers fand er einen Baum nach seinem Geschmack. Er band meine Hände los und fesselte meine Handgelenke, indem er eine Schlinge um meine Taille legte und meine Hände daran festband. Dann knüpfte er eine einfache Schlinge mit einem Laufknoten, die er mir um den Hals legte, und band das lose Ende an den Baum.
»Damit Ihr nicht davonspaziert«, sagte er und zog den groben Hanf um meinen Hals fest. »Will ja nicht, dass Ihr verloren geht. Nachher frisst Euch noch ein Bär, und was dann, wie?« Damit war seine gute Laune wiederhergestellt; er lachte unbändig und kicherte noch vor sich hin, als er ging. Einmal jedoch drehte er sich um, um noch einen Blick auf mich zu werfen. Ich saß aufrecht da und starrte ihn an, und der Humor wich abrupt aus seinem Gesicht. Er drehte sich um, schritt davon und hielt dabei die Schultern so steif, als wären sie aus Holz.
Obwohl ich Hunger und Durst hatte und mich durch und durch unwohl fühlte, empfand ich tatsächlich tiefe, wenn auch nur vorübergehende Erleichterung. Ich war zwar nicht im strengen Wortsinn allein, doch ich war zumindest unbeobachtet, und selbst dieses Minimum an Zurückgezogenheit war Balsam für meine Seele.
Ich befand mich gute zwanzig Meter vom Feuer entfernt, außer Sichtweite
sämtlicher Männer. Ich ließ mich gegen den Baumstamm sacken. Meine Gesichtsmuskeln gaben im selben Moment nach wie mein restlicher Körper, und es schüttelte mich, obwohl es nicht kalt
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