Ein Hauch von Schnee und Asche
die neben ihrem Gast saß, setzte eine höchst zufriedene Miene auf, als sie hörte, dass ihre Gastfreundschaft so warm entgegengenommen wurde, und lehnte sich zu Duncan hinüber. Sie lächelte und legte ihm die Hand auf den Arm, während sie etwas zu ihm sagte. Duncan hatte sein nervöses Aussehen abgelegt – die Wirkung von zwei Litern Bier, gefolgt vom Großteil einer Flasche Whisky – und schien den Empfang ebenfalls zu genießen. Er lächelte Jocasta breit an, dann bemerkte er etwas zu Mrs. MacDonald, die darüber lachte, was auch immer er gesagt hatte.
Ich musste sie bewundern; sie wurde auf allen Seiten von Leuten belagert, die sie gern sprechen wollten, bewahrte jedoch stets Haltung und war freundlich und großzügig zu jedermann – obwohl das bedeutete, dass sie manchmal zehn Minuten lang dasitzen und einer endlosen Geschichte zuhören musste, während sie ihre gefüllte Gabel in der Luft hielt. Immerhin saß sie im Schatten – und Phaedre, die in weißen Musselin gekleidet war, stand pflichtschuldigst mit einem großen Fächer aus Palmwedeln hinter ihr, um ihr Luft zuzufächern und die Fliegen zu verscheuchen.
»Zitronenlimonade, Ma’am?« Ein fast dahinwelkender Sklave, der vor Schweiß glänzte, bot mir ein weiteres Tablett an, und ich nahm mir ein Glas. Ich triefte vor Schweiß, meine Beine schmerzten, und meine Kehle war vom Reden ausgetrocknet. An diesem Punkt war es mir gleichgültig, was in dem Glas war, Hauptsache, es war nass.
Ich änderte meine Meinung augenblicklich, als ich es probierte; es war Zitronensaft mit Gerstenwasser, und es war zwar nass, aber ich hätte es mir trotzdem eher in den Ausschnitt geschüttet als es zu trinken. Ich schlich mich unauffällig auf einen Goldregenstrauch zu, um das Getränk hineinzuschütten, als Neil Forbes dahinter hervortrat und mich daran hinderte.
Er war genauso verblüfft, mich zu entdecken wie ich ihn; er fuhr zurück und blickte hastig hinter sich. Ich folgte seiner Blickrichtung und sah, wie sich Robert Howe und Cornelius Harnett in die andere Richtung davonmachten. Offenbar hatten die drei eine Geheimkonferenz hinter dem Goldregen abgehalten.
»Mrs. Fraser«, sagte er mit einer knappen Verbeugung. »Euer Diener.« Ich machte meinerseits einen Hofknicks und murmelte eine Höflichkeit. Ich wäre dann an ihm vorbeigeglitten, doch er beugte sich zu mir und ließ mich nicht gehen.
»Ich höre, dass Euer Gatte Gewehre sammelt, Mrs. Fraser«, sagte er mit leiser und höchst unfreundlicher Stimme.
»Ach, wirklich?« Ich hatte einen geöffneten Fächer in der Hand, genau wie alle anderen Frauen hier. Ich fächerte gemächlich damit vor meinem Gesicht
herum und verbarg so meine Miene weitgehend. »Wer hat Euch denn so etwas erzählt?«
»Einer der Herren, an die er diesbezüglich herangetreten ist«, sagte Forbes. Der Rechtsanwalt war groß und übergewichtig; möglich, dass die ungesunde Rötung seiner Wangen darauf zurückzuführen war und nicht auf Verärgerung. Andererseits…
»Falls ich Eurer Güte so etwas zumuten darf, Ma’am, würde ich vorschlagen, dass Ihr Einfluss auf ihn nehmt und andeutet, dass ein solcher Kurs nicht der klügste ist?«
»Zunächst einmal«, sagte ich und atmete die heiße, feuchte Luft tief ein, »was glaubt Ihr denn, was für einen Kurs er eingeschlagen hat?«
»Einen unglücklichen, Ma’am«, sagte er. »Wenn ich die Angelegenheit ins freundlichste Licht rücke, gehe ich davon aus, dass die Gewehre, die er sucht, dazu gedacht sind, seine eigene Milizkompanie zu bewaffnen, was ja legitim, wenn auch verstörend ist; wie erstrebenswert dieses Vorgehen ist, würde von seiner späteren Handlungsweise abhängen. Aber seine Beziehungen zu den Cherokee sind weithin bekannt, und es gibt Gerüchte, dass die Waffen dazu bestimmt sind, in den Händen der Wilden zu enden, um sich schließlich gegen jene Untertanen Seiner Majestät zu richten, die es wagen, Widerspruch einzulegen gegen die Tyrannei, den Amtsmissbrauch und die Korruption der offiziellen Regierung dieser Kolonie – wenn man ein solches Wort denn zur Beschreibung ihrer Tätigkeit benutzen kann.«
Ich sah ihn über die Kante meines Fächers hinweg lange an.
»Wenn ich nicht schon gewusst hätte, dass Ihr Anwalt seid«, merkte ich an, »hätte diese Ansprache es mir verraten. Ich glaube , Ihr habt gerade gesagt, dass Ihr meinen Mann im Verdacht habt, die Indianer mit Gewehren bewaffnen zu wollen, und dass Euch dies missfällt. Falls er aber andererseits
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