Ein Hauch von Schnee und Asche
diesem schönen Land gebrachte hatten, nachdem sie alles dafür riskiert hatten.
Und sie hatte, wie ich mit einem leisen Schock begriff, völlig Recht. Ich hatte Brianna und Roger darüber diskutieren hören – warum überhaupt Highlander, die unter englischer Herrschaft Derartiges durchgemacht hatten, auf Seiten der Engländer gekämpft hatten, was ja viele von ihnen schließlich taten.
»Weil«, hatte Roger geduldig gesagt, »sie etwas zu verlieren und verdammt wenig zu gewinnen hatten. Und ausgerechnet sie wussten nun wirklich genau, wie es war, gegen die Engländer zu kämpfen. Glaubst du, die Leute, die Cumberlands ›Befriedung‹ der Highlands überlebt, es bis nach Amerika geschafft und ihr Leben aus dem Nichts wieder aufgebaut haben, brennen darauf, all das noch einmal durchzumachen?«
»Aber sie wollen doch sicher für die Freiheit kämpfen«, hatte Brianna eingewandt. Er warf ihr einen zynischen Blick zu.
»Sie haben doch Freiheit; viel mehr, als sie aus Schottland kannten. Im Fall eines Krieges laufen sie Gefahr, sie erneut zu verlieren – und das wissen sie sehr gut. Und dann«, fügte er hinzu, »haben sie natürlich fast alle einen Treueeid auf die Krone geschworen. Den würden sie niemals leichtfertig brechen – schon gar nicht für etwas, was aussieht wie ein weiterer hysterischer – und zweifellos kurzlebiger – politischer Aufruhr. Es ist wie -« Er hatte die Stirn gerunzelt, als er nach einem passenden Vergleich suchte.
»Wie bei den Black Panthers oder der Bürgerrechtsbewegung. Jeder konnte sehen, dass es um eine idealistische Sache ging – aber der Großteil der Mittelschicht fand das Ganze bedrohlich oder Angst einflößend und wünschte, es würde sich einfach in Luft auflösen, damit sie in Frieden leben konnten.«
Das Problem war natürlich, dass das Leben niemals friedlich war – und dass sich die vorliegende hysterische Bewegung nicht in Luft auflösen würde. Ich konnte Brianna am anderen Rand der Menge sehen. Sie hatte die Stirn nachdenklich zusammengezogen, während sie zuhörte, wie Flora MacDonalds helle, klare Stimme von den Tugenden der Loyalität erzählte.
Ich hörte schräg hinter mir ein leises »Hmpf!«, und als ich mich umwandte, sah ich Neil Forbes, dessen feistes Gesicht missbilligend verzogen
war. Wie ich bemerkte, hatte er jetzt Verstärkung; drei oder vier andere Herren standen dicht bei ihm und spähten rundum, während sie versuchten, sich den Anschein zu geben, als täten sie das nicht. Angesichts der Stimmung in der Menge ging ich davon aus, dass sie mit etwa eins zu zweihundert in der Unterzahl waren, und die zweihundert wurden sich ihrer Sache immer sicherer, als jetzt im Verlauf der Rede der Alkohol zu wirken begann.
Als ich mich abwandte, fiel mein Blick erneut auf Brianna, und ich begriff, dass sie Neil Forbes jetzt ebenfalls ansah – und er ihren Blick erwiderte. Sie waren beide größer als die Umstehenden und starrten einander über die Köpfe der dazwischen liegenden Menge hinweg an, er voll Feindseligkeit, sie reserviert. Sie hatte einige Jahre zuvor seinen Antrag zurückgewiesen, und zwar denkbar taktlos. Forbes war zwar mit Sicherheit nicht in sie verliebt gewesen – doch er war ein Mann, der einiges von und auf sich hielt und eine solche öffentliche Ohrfeige nicht mit stoischer Resignation über sich ergehen ließ.
Brianna wandte sich kühl ab, als hätte sie ihn gar nicht bemerkt, und begann ein Gespräch mit ihrer Nebenfrau. Ich hörte ihn erneut aufgrunzen und mit leiser Stimme etwas zu seinen Gesinnungsgenossen sagen – und dann brachen sie geschlossen auf und wandten Mrs. MacDonald, die immer noch sprach, unhöflich den Rücken zu.
Entrüstetes Luftschnappen und Murmeln folgte ihnen auf ihrem Weg durch die dicht gedrängte Menge – doch niemand versuchte, sie aufzuhalten, und der Affront ihres Aufbruchs ging in dem ausgedehnten Beifall unter, der das Ende der Rede begrüßte – das vom Ertönen der Dudelsäcke, einzelnen in die Luft gefeuerten Pistolenschüssen, organisierten »Hip-Hip-Hurrah!«-Rufen unter Leitung Major MacDonalds und solch allgemeinem Tumult begleitet wurde, dass niemand das Eintreffen einer Armee bemerkt hätte, geschweige denn den Aufbruch einer Hand voll missgestimmter Whigs.
Ich fand Jamie im Schatten des Mausoleums, wo er sich das Haar mit den Fingern auskämmte, bevor er es wieder zusammenband.
»Das war ja ein Volltreffer, nicht wahr?«, fragte ich.
»Reihenweise Volltreffer«, sagte er und hielt
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