Ein Hauch von Schnee und Asche
gestorben wärst und mich verlassen hättest!«
Auch ich hätte am liebsten gelacht. Oder geweint. Oder beides. Und hätte ich tatsächlich noch irgendwo einen Rest von Bedauern über den Verlust meines ewigen Friedens gespürt, hätte ich es jetzt ohne Zögern aufgegeben.
»Ich habe es aber nicht getan«, sagte ich und berührte seine Lippe. »Ich
werde es auch nicht tun. Zumindest werde ich es versuchen.« Ich legte meine Hand um seinen Hinterkopf und zog ihn wieder an mich. Er war um einiges größer und schwerer als Henri-Christian, doch ich hatte das Gefühl, ihn ewig so halten zu können, wenn es nötig war.
Es war früher Nachmittag, und das Licht begann gerade, sich zu verändern, und fiel schräg durch den oberen Teil der nach Westen gerichteten Fenster, so dass sich das Zimmer mit einem klaren, hellen Licht füllte, das Jamies Haar und das abgetragene, cremige Leinen seines Hemdes zum Leuchten brachte. Ich konnte die Knochen seiner Rückenwirbel spüren und die Hautmulde in dem schmalen Kanal zwischen Schulterblatt und Wirbelsäule.
»Wohin wirst du sie schicken?«, fragte ich und versuchte, den Wirbel auf seinem Scheitel glatt zu streichen.
»Nach Cross Creek vielleicht – oder Wilmington«, erwiderte er. Seine Augen waren halb geschlossen und beobachteten die flackernden Schatten der Blätter auf der Seitenwand des Kleiderschranks, den er für mich gebaut hatte. »Wo es am besten für das Druckergewerbe ist.«
Er änderte seine Position ein wenig, umfasste meinen Hintern und runzelte dann die Stirn.
»Himmel, Sassenach, du hast ja überhaupt keinen Hintern mehr!«
»Ach, keine Sorge«, sagte ich resigniert. »Der wächst bestimmt wieder.«
65
Der Augenblick der Deklaration
Jamie traf in der Nähe von Woolam’s Mill auf die Männer. Es waren fünf Reiter. Zwei waren Fremde; von zweien wusste er, dass sie aus Salisbury stammten – ehemalige Regulatoren namens Green und Wherry, leidenschaftliche Whigs. Der letzte war Richard Brown, dessen Gesicht kalt war, bis auf seine Augen.
Im Stillen verfluchte er sein Bedürfnis nach Konversation. Wäre das nicht gewesen, hätte er sich wie üblich in Coopersville von MacDonald getrennt. Aber sie hatten sich über Dichtung unterhalten – Dichtung, zum Kuckuck! – und sich gegenseitig mit Deklamationen unterhalten. Jetzt stand er hier auf der leeren Straße und hielt zwei Pferde fest, während MacDonald, der ein Verdauungsproblem hatte, irgendwo tief im Wald sein Geschäft erledigte.
Amos Green grüßte ihn mit einem Kopfnicken und wäre vorbeigeritten, doch Kitman Wherry hielt sein Pferd an; die Fremden folgten seinem Bespiel und starrten Jamie neugierig an.
»Wohin bist du unterwegs, Freund James?«, fragte Wherry, der Quäker war, liebenswürdig. »Kommst du zu der Zusammenkunft in Halifax? Denn du bist eingeladen, mit uns zu reiten, falls dies so ist.«
Halifax. Er spürte, wie ihm ein Schweißtropfen über die Wirbelsäule lief. Die Zusammenkunft des Korrespondenzkomitees, um die Delegaten für den Kontinentalkongress zu bestimmen.
»Ich begleite einen Freund ein Stück seines Weges«, erwiderte er höflich und wies kopfnickend in den Wald. »Aber ich werde Euch folgen; vielleicht hole ich Euch unterwegs ein.« Nicht sehr wahrscheinlich , dachte er und vermied es sorgsam, Brown anzusehen.
»Ich wäre mir nicht so sicher, dass Ihr dort willkommen wärt.« Greens Tonfall war eigentlich höflich, doch es lag eine solche Kälte in seiner Haltung, dass ihn Wherry überrascht ansah. »Nicht nach dem, was sich in Cross Creek zugetragen hat.«
»Oh? Und Ihr würdet also zusehen, wie man einen Unschuldigen lebendig verbrennt oder teert und federt?« Das Letzte, das er sich wünschte, war ein Streit, aber er konnte genauso wenig schweigen.
Einer der Fremden spuckte auf die Straße.
»So unschuldig nun auch wieder nicht, falls Ihr von Fogarty Simms redet. Verdammter Tory«, fügte er noch hinzu.
»Genau dieser«, sagte Green und spuckte ebenfalls aus. »Das Komitee in Cross Creek wollte ihm eine Lektion erteilen; wie es aussieht, war Mr. Fraser hier anderer Meinung. Wie ich höre, war es eine ziemliche Szene«, sagte er und lehnte sich etwas im Sattel zurück, um Jamie überlegen aus der Höhe zu betrachten. »Wie gesagt, Mr. Fraser – Ihr seid derzeit nicht sonderlich beliebt.«
Wherry runzelte die Stirn und blickte zwischen Jamie und Green hin und her.
»Einen Mann – ungeachtet seiner politischen Ansichten – vor Teer und Federn zu retten,
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