Ein Highlander zu Weihnachten
ziemlich verändert, würde ich meinen.«
Sie drehte sich auf die Seite. Ihre Hand kam auf seiner Taille zu liegen, und sie spielte mit den Knöpfen an seinem Hemd. »Es ist lange her, dass ich noch für jemand anderen mitdenken musste, weißt du. Ich sage nicht, dass ich lieber für mich allein bin. Das bin ich nicht. Es hat sich eben so ergeben. Normalerweise gehe ich öfter zum Essen aus, weil es doch keinen Sinn macht, die Küche für mich ganz alleine vollzusauen. Montags habe ich immer gewaschen, dienstags habe ich Rechnungen bezahlt und den Bankkram erledigt, mittwochs suche ich die Zeitung nach Gutscheinen durch … also, du kannst es dir denken. Die Uhr konnte man danach stellen.«
»Und jetzt weiß du kaum noch, welchen Wochentag wir gerade haben.«
Sie lachte und sah ihn mit ihren sturmgrünen Augen an. »So ungefähr kann man es sagen. Und du?«
Er wickelte eine Locke ihres schimmernden Haares um seinen Finger. »Bei mir kommt es selten vor, dass ich alleine bin. Ich bin Geräusche von Menschen und Tieren gewohnt, aber wenn nötig, konnte ich immer einen Platz finden, an dem ich in aller Ruhe nachdenken konnte. Hier ist nirgends Stille. Hier ist dauernd so ein Rauschen.«
Sie runzelte die Stirn. »Jetzt ist es still.«
»Keineswegs. Im Augenblick hört man keine Sirenen oder so etwas, aber wenn du genau hinhörst, dann hörst du das Wasser in den Rohren der Heizung oder bei Mrs Grouse, wenn sie unten den Hahn aufdreht. Du hörst das Brummen des Kühlschranks und das Summen der Lampe in der Küche.« Grinsend fuhr er mit der Fingerspitze über die feinen Knochen an ihrem Handgelenk. »Sogar mitten in der Nacht ist es hier nie wirklich still.«
Sie legte den Kopf lauschend zur Seite. »Das Kühlschrankgeräusch habe ich noch nie vorher bemerkt, aber jetzt wo du es sagst …«
»Das ständige Dröhnen macht es schwer, über die eigentlichen Herzenswünsche nachzudenken. Und apropos Herzenswünsche … wonach sehnst du dich eigentlich, Mädchen?«
Sie seufzte. Dabei spürte er erst recht den sanften Druck ihrer Brüste an seiner. »Als Erstes hätte ich mit meinem Laden gerne mehr Erfolg, als ich es mir in meinen kühnsten Träumen vorzustellen wage.«
Was kaum je passieren würde, solange der Laden nicht mehr Zulauf hatte. Darüber würde er noch nachdenken müssen. »Und?« Da musste doch noch mehr sein.
»Ich würde gerne einen netten Mann heiraten und mit ihm in ein hübsches Haus ziehen. Eines mit funktionierenden Wasserrohren, einem Kamin, einem Rosenbeet und vielleicht einem Hund hinterm Haus.«
Lauter gute Wünsche für eine erstklassige Frau wie sie. Vielleicht ergab sich die zweite Hälfte wie von selbst, wenn er nur die erste erfüllen konnte.
»Und ich möchte ein Kind.«
»Bloß eins?«
»Nein«, lachte sie, »am liebsten ein Dutzend, aber ich möchte nicht zu gierig erscheinen – falls mir tatsächlich jemand zuhören sollte.«
Ein umsichtiges Mädchen, so viel war klar. »Ich zweifle nicht daran, dass sich all deine Wünsche erfüllen werden. Du bist ein sehr schönes Mädchen, Claire MacGregor, und hast viel zu bieten.«
Sie lächelte, aber ihren Augen fehlte das übliche Leuchten. »In deiner Welt vielleicht.«
»Nein, in jeder Welt.« Aber weshalb – obwohl er doch wusste, dass er fortgehen musste – drehte ihm der bloße Gedanke daran, wie sie ihr Lager mit einem anderen teilte, den Magen um und fuhr ihm geradewegs in die Eingeweide?
Sie verschränkte ihre langen, schmalen Finger mit seinen und fragte: »Und was hast du dir gewünscht, ehe es dich hierher verschlagen hat?«
»Darf ich gestehen, dass es wenig mehr war, als mich nach Herzenslust beim Kampf, an der Tafel und mit den Mädchen zu vergnügen?« Angesichts dessen, was er aus den Büchern in der Bibliothek erfahren hatte, war das seinerseits schiere Torheit gewesen. »Ich hätte meine Zeit besser darauf verwenden sollen, die Herzen und Gedanken der Mächtigen zu ergründen, dann wäre vielleicht nichts von all dem geschehen.«
»Was hast du denn den ganzen Tag getrieben?«
»Ich bildete Männer zu Kriegern aus und führte sie in den Kampf.«
»Wie alt warst du, als du damit angefangen hast?«
»Ich wurde dem MacDonald-Clan in Pflege gegeben, als ich sieben Jahre alt war.«
»Aber da warst du doch noch ein Kind!«
»Nein, so war es in meiner Heimat üblich. Ein Junge muss alles Erdenkliche lernen, und oft bringt der Vater nicht die nötige Strenge auf, oder er besitzt selber nicht die Fertigkeiten, die
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