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Ein Hippie-Traum

Ein Hippie-Traum

Titel: Ein Hippie-Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Young
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in der Zukunft nicht tun. Es ist meine Musik. Aber jetzt höre ich damit auf. Vielleicht gebe ich ihm irgendwann mal ein Bier aus und sage ihm, er soll es auf mein Wohl trinken, aber ansonsten ist die Sache für mich erledigt.
    Ich selbst trinke nicht mehr, ich entwickele mich weiter. Was nicht heißen soll, dass ich nie wieder was trinken werde. Ich mache keine Versprechungen, aber ich glaube, ich war eh nie ein großer Trinker. Manche Leute sind große Trinker, sie trinken und erzählen Witze und lachen sich kringelig und sind überhaupt saukomisch. Einen von ihnen haben wir vorige Woche zu Grabe getragen. Das Leben ist eine große Prüfung, und wenn du dich zu sehr anstrengst, fällst du durch. Wenn du dich etwas weniger anstrengst und gelegentlich durchfällst, aber es dir gut gehen lässt, heißt das vielleicht, dass du Erfolg hast.
    Ich habe in diesem Leben ein paar wirklich glückliche und zufriedene Leute gesehen, und ich gehöre nicht immer dazu, nur manchmal, aber ich bin verdammt dankbar, dass es sie gibt, und sehne mich nach den alten Zeiten und den alten Freunden. Aber nicht immer. Was ich tue, macht mir wirklich Freude, und im Moment heißt das, dass ich wie ein Verrückter versuche, den Plattenaufnahmen ihre Klangqualität zurückzugeben, damit die Leute die Musik wieder fühlen können. Das macht mich glücklich, weil es etwas Reelles ist, und wenn mir das gelingt, werde ich vielen Künstlern und Musikfreunden zum Nirwana verholfen haben. Wer weiß, wo das Tonempfinden hingegangen ist? Es verschwand so langsam und allmählich, dass es niemand außer mir und noch ein paar grantigen alten Geiern mitgekriegt hat, wie meine Tochter Amber mich hin und wieder liebevoll nennt. Andererseits war sie es auch, die bei mir im Wagen Pono hörte, nachdem sie ihr Leben lang MP 3s gehört hatte, und mich ansah und fragte: »Was ist denn mit der Musik los? Wie kommt das denn?« Sie weiß, warum ich tue, was ich tue. Sie war eine der vielen jungen Leute, die den wahren Klang aufgezeichneter Musik noch nie gefühlt haben.
    Ich tue es für sie alle, und für mich. Ich will mich selbst nicht vergessen. Ich will die Töne wieder so fühlen wie einst am Anfang, oder noch stärker, weil die Technik ja angeblich das Leben besser macht. Natürlich kann man die Uhr nicht zurückstellen, aber wenn ich sehe, wie ein junger Mensch zum ersten Mal auf Pono reagiert, dann macht mich das zufrieden. Ja, absolut.
    Jetzt darf ich nur nicht an den heimtückischen Klippen des Kommerzes stranden, sondern muss die Haifischgewässer des Venture-Kapitalismus auf der HMS Pono durchschiffen, einem in Würde alt gewordenen guten Schiff, mit einer Mannschaft, die ich kaum kenne, aber die sich anscheinend dem hehren Ziel verschrieben hat, die Fracht in den sicheren Hafen im Herzen der Musik zu befördern. Ich kann euch gar nicht sagen, wie beängstigend das ist.Ich bin hier noch nie gewesen, in diesen Gewässern, auf diesem Schiff, mit der Fracht an Bord. Ich hole mir am laufenden Band Rat bei einer Vielzahl von Freunden, die Erfahrung darin haben, eine Fracht sicher in den Hafen zu bringen. Sie helfen mir nicht zum ersten Mal. Aber dies ist meine Fracht. Ich habe sie mir selbst ausgesucht, und sie ist seit gefühlten Jahrzehnten auf Reisen. Wie oft wache ich um Mitternacht auf, den Kopf voller Fragen. Lebe ich noch? Ja.
    Kann sein, dass ich seit vierzig Jahren schlafe. Schwer zu sagen. Einige haben mir vorgeschwärmt, wie toll ich mal war, als ich noch einen Haufen Songs schrieb, aber ich bin mir nicht sicher, dass sie wissen, wovon sie reden oder was überhaupt Sache ist. Warum der Vergangenheit nachhängen? Was bringt sie dir hier und heute? Nicht viel, fürchte ich. Früher habe ich mich immer gefragt, ob die Leute mich erkennen, und wenn ja, wollte ich nichts weniger, als daran erinnert zu werden, wie ich mal war oder wann was geschah oder ob wir uns schon mal begegnet waren.
    Vielleicht ist das zu dick aufgetragen. Aber vierzig Jahre sind eine lange Zeit. Ich glaube, ich werde meine Zeit klug nutzen und meine Gedanken zügeln müssen, wenn es mir gelingen soll, die Fracht an ihr Ziel zu bringen, die ich mit solcher Sorge schon so weit befördert habe. Und das ist durchaus nicht das Einzige, worum ich mich zu kümmern hätte. Es gibt noch mehr. Heilige Anliegen, die ich vor Verletzung und Rohheit schützen muss, etwa vor leichtfertigen Bemerkungen, die mich unvorbereitet treffen. Davor muss ich mich schützen, muss die Herkunft meiner Gefühle

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