Ein Hippie-Traum
unsere Streifzüge durch die Bars. Wie sich herausstellte, war er schwul. Er war echt ein super Typ. Ich wusste, da lief noch irgendetwas anderes. Später gründeteer in San Francisco One Pass Video und wurde sehr erfolgreich. Als er sich dann plötzlich zurückzog, sagte ich zu ihm: »Mensch, warum willst du jetzt aussteigen? Du kannst richtig groß rauskommen. Du hast es einfach drauf. Du könntest Filme produzieren.«
Aber er sah mich nur an und sagte: »Ich kann es nicht mehr. Ich habe jetzt Wichtigeres zu tun.«
Ungefähr ein Jahr darauf, vielleicht etwas später, starb Taylor an Aids. Das war damals noch etwas relativ Neues, dem ein Stigma anhaftete. Die Leute verstanden erst ganz allmählich, was Aids eigentlich ist. Scheiße. Das war verdammt traurig. Er fehlt mir wirklich. Er war so ein cooler, witziger und kluger Typ. So ein Mist. Er war echt unverwechselbar, ein absolutes Unikat. Und ein flottes Mundwerk hatte er. Als CB -Funk in Mode kam, redete er die ganze Zeit, als würde er in ein Funkgerät sprechen. »Breaker, Breaker, wieder da?« Er stattete alle seine Fahrzeuge damit aus. Er musste immer irgendwas Neues ausprobieren. Einmal schlüpfte er in die Rolle eines Rettungssanitäters, fuhr in seinem Yukon voller medizinischem Notfallkrempel auf dem Berg herum und sprach in sein Funkgerät. Dann kaufte er sich einen Sattelschlepper und tuckerte damit durch die Gegend. Er war ein sehr liebenswerter und einzigartiger Mensch. Wieder einmal, das Leben.
16. Kapitel
16. Kapitel
Wie ihr merkt …
M ir wird bewusst, dass ich andauernd über Menschen schreibe und an Menschen denke, die gestorben sind. Ich liebe das Leben. Ich will noch längst nicht sterben, denn ich bin noch nicht bereit. Wenn ich das Gefühl hätte, ich müsste bald sterben, könnte ich mich wohl innerhalb einer bestimmten Zeit darauf vorbereiten, aber ich bin mir nicht sicher. Manche sagen ja, es wäre nicht gut, darüber nachzudenken. Die beneide ich darum, wie gut sie offenbar ihre Denkprozesse im Griff haben.
Wie ihr also merkt, wenn ihr noch dabei seid, habe ich darüber nicht viel Kontrolle. Ich habe bisher nur einen einzigen Absatz überarbeitet. Aber für das Leben gibt es sowieso keine Rechtschreibkorrektur. Es weht heute ein starker Wind, und ich bin Teil davon. Ich will etwas bewirken, und vor allem will ich von jetzt an ein guter Mensch sein. Die Vergangenheit kann ich nicht ändern. Schau nicht zurück. Danke, Bob. Das brauchte ich. »How many roads must a man walk down before you can call him a man?«
Buffalo Springfield in Malibu, Juni 1966. Von links nach rechts:
Stephen Stills, Richie Furay, Bruce Palmer, Dewey Martin, ich.
17. Kapitel
17. Kapitel
H ow many seas must a white dove sail before she sleeps in the sand?«
Ich hörte Bob Dylan zum ersten Mal um 1963 in Winnipeg. Ich überlegte gerade, wie ich am besten in die USA käme, und ein paar Freunde hatten mir erzählt, dass ich vielleicht bei der Eisenbahn arbeiten könnte. Ich besuchte daraufhin einen von ihnen. Sie saßen alle da und hörten eine Platte, die ich nicht kannte. Ein Typ sang und spielte dazu Mundharmonika und Akustikgitarre. Wir hörten zu. Gespannt lauschten wir jedem Wort. Wie das klang, das hatte was. Mir kam es vor wie Folk, aber nicht wie der Folk, den das Kingston Trio spielte. Von da an hörte ich Bob immer öfter. Und eines Tages sang er aus den Lautsprechern meines Radios »How does it feel?«, immer und immer wieder. Der Text hämmerte sich mir in die Seele ein, diese neue Poesie, die ihm von der Zunge rollte.
Ohne es zu wissen, sprach er vielen von uns aus der Seele. Ich fühlte mich ihm gleich verbunden. Das war in Toronto, ’64 oder ’65. Bob hat mich geprägt. Ende der Sechziger und Anfang der Siebziger musste ich seine Musik lange Zeit meiden, weil ich Angst hatte, ich würde so viel von ihm annehmen, dass ich ihn plötzlich kopierte. Es war der bewusste Versuch, mich nicht zu sehr beeinflussen zu lassen. Ich bin da wie ein Schwamm, wennmir etwas gefällt, sauge ich es so in mich auf, dass ich es irgendwann fast bin.
Irgendwann war ich dann in der Lage, die Mundharmonika zur Hand zu nehmen, ohne zu denken, dass ich Bob imitiere – und einfach nur von ihm beeinflusst zu sein. Dylans Texte sind Teil der Landschaft, wie Ländernamen auf der Karte. Ich habe Leute gehört, die klingen wollten wie er, und es stößt mich ab. Manche haben auch versucht, so zu klingen wie ich, und das ging so weit, dass mein Dad irgendwann glaubte, »A
Weitere Kostenlose Bücher