Ein Hippie-Traum
und folgte dem Strom meiner Gedanken darüber, wie ich mich zu dieser Zeit in meinem Körper fühlte.
»Hey who’s that stompin’ all over my face?«
Ich bekam so langsam ein Gefühl dafür, was Songwriting ist, und das wollte ich mehr als alles andere tun. Ich schrieb noch ein paar mehr Songs und fing an, sie den Leuten in Yorkville vorzuspielen. Ein paar meinten, ihnen würde das gefallen, was ich da machte.
Eines Abends verließ ich ohne Wiederkehr die Wohnung, denn ich hatte kein Geld mehr für die Miete. Ich ging zu Vicky Taylor und schlief auf dem Fußboden ihres Apartments über dem Night Owl, einem Club an der Avenue Road, gleich nördlich von Yorkville. Vicky war eine Folksängerin, die in Yorkville herumkrebste, und ihre Eltern bezahlten ihr die Wohnung. In der dortigen Szene von Musikern und Hippies spielte sie eine wichtige Rolle. Sie war ein Magnet. Alle kannten sie. Sie hatte lange, glatte, kohlrabenschwarze Haare. Wir alle versuchten irgendwie, in der Musikszene Fuß zu fassen. Eine der LP s, die wir bei Vicky hörten und die ich besonders gut fand, war von Bert Jansch. Sein Gesang und Gitarrenspiel waren einfach meisterhaft. Ich habe das niemals vergessen und eine Menge von ihm gelernt. Auch Vicky war ein großer Fan von ihm.
John Kay, der später bei Steppenwolf »Born to Be Wild« singen sollte, schlief auch bei Vicky auf dem Boden vor dem Kamin. Den haben wir mit Anthrazitkohle beheizt. Wir beide schliefen dort, hörten Platten und pennten. Er hat mir ein paar coole Sachen auf der Gitarre gezeigt, die mir auf dem Weg zu meinem eigenen Stil sehr geholfen haben. John Kay hatte bei den Sparrows gespielt, einer lokalen Band, die sich wacker schlug. Sie waren echt groß und hatten einen gewieften Leadgitarristen, Dennis Edmonton. Sie waren der Toronto-Sound, zusammen mit den Hawks, aus denen später The Band wurde. Der Toronto-Sound zeichnete sich durch einen rockigen Rhythm & Blues aus, zu dem ein Fender Telecaster-Gitarrenstil gehörte, der sich an Roy Buchanan orientierte, und den Robbie Robertson, Dennis Edmonton und auch Domenic Troiano großartig beherrschten.
Nachdem ich eines Abends auf einer Folkmusic-Party gespielt hatte, kam Chick Roberts von den Dirty Shames auf mich zu und meinte, mein Song »Sugar Mountain« hätte ihm wirklich gut gefallen – das gab mir das Gefühl, jemand zu sein.
F olk-Clubs und ihre Besucher nahmen einen immer größeren Raum in meiner Seelenwelt ein. In meinen Anfängen in Winnipeg spielte ich mit den Squires im Fourth Dimension Club. Das waren meine ersten Auftritte. Ich war so grün wie nur was, spielte an jedem Wochenende einen Folk-Gig und beobachtete genau, was die Stars machten: die Thorns, Sonny Terry & Brownie McGhee, die Dirty Shames, das Allen-Ward-Trio, Chuck und Joni Mitchell (die ich dort kennenlernte), Don McLean, Danny Cox, Lisa Kindred, eine schier endlose Liste … sie spielten dort regelmäßig, jede Woche eine neue Show, oder zumindest alle paar Wochen.
Auch Joni Mitchell gefiel mein Song »Sugar Mountain« sehr gut. Später schrieb sie einen Song über »Sugar Mountain«, »The Circle Game«. Ich empfand es als echte Anerkennung, dass Joni mirmit einem eigenen Song antwortete; dabei hörte ich ihn erst, als sie ihn schon ein Jahr im Repertoire hatte.
All diese Menschen zu treffen, ging nicht spurlos an mir vorüber. Ich sah mich jetzt als Teil dieses Ganzen, als Teil der Musikszene, der Schriftsteller und Interpreten. Ich wollte dasselbe machen wie sie – mich nach dem Auftritt in einen Lieferwagen setzen und wegfahren.
Schließlich machte ich genau das und brachte die Squires zum Flamingo Club in Fort William, Ontario. Es gab dort einen Typen, der spielte eine Fender Telecaster, und er holte das Letzte aus ihr heraus. Er war besser als die meisten Gitarristen, die ich bis dahin gehört hatte, und spielte den typischen Toronto-Sound, diese Telecaster-Bending-Technik. An seinen Namen oder viel anderes kann ich mich nicht mehr erinnern. Er sah ziemlich spießig aus, mit richtig kurzem Haar, fast wie einer aus dem Kingston Trio. Eines Abends war er da, als die Squires »Farmer John« spielten. Als wir zum Instrumentalpart kamen, hob ich beim Gitarrensolo völlig ab. Das war mein neues Ding, eines Abends hat es mich einfach überkommen, und dann machte ich es jedes Mal wieder.
Nach dem Set kam er zu mir.
»Was zum Teufel war das?!«, stieß er hervor. »Was zum Geier hast du da gemacht? So was habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht
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