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Ein Hund mit Charakter

Ein Hund mit Charakter

Titel: Ein Hund mit Charakter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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schnellstens korrigiert.«
    Das sagte der Herr vom Land. Mit »korrigiert« war natürlich der Schinder, also der Hundefänger, gemeint; so unbarmherzig gleichgültig reagiert ein Experte, der bei der Verteidigung eines Prinzips oder Ideals auch vor den äußersten Mitteln nicht zurückschreckt. »Doch selbst wenn wir den weißen Fleck ignorieren, ist der Hund schon jetzt zu hoch und zu mächtig, und er wird, nach den muskulösen Beinen zu urteilen, auch noch viel größer, kann sogar die Statur des Ungarischen Kuvasz erreichen, eine genauere Prognose ist jetzt noch nicht möglich. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, daß seine Entwicklung schon bald abgeschlossen ist. Ein großer Hund aber wird auf jeden Fall aus ihm. Eine unglückliche Mischung, die auch irgend etwas vom Puli hat, das ist alles. Solche Kreuzungen erfreuen sich gemeinhin einiger Beliebtheit, weil sie gescheiter sind als Rassehunde; die Mischung verbessert, wie wir wissen, die Intelligenz, doch sie beeinflußt leider auch den Charakter. Sicher, Mischlinge können kluge und fröhliche Hunde sein, aber trauen darf man ihnen nicht. Sie kennen keine Treue, beißen oft und gehen nicht selten sogar auf den eigenen Herrn los, und das ist ungefähr das Niederträchtigste, was ein Hund anstellen kann, es kommt dem Vatermord beim Menschen gleich. So viel über den Kuvasz-Mischling ganz allgemein.« Was nun dieses Exemplar betrifft, das da hinter dem Ofen die Zähne fletschte, mußte der Experte eingestehen, daß ihm eine so verbissene Wut bei einem jungen Hund noch nicht begegnet ist: »Sehen Sie selbst, es ist ja wirklich furchterregend, wie er völlig grundlos wütet und kläfft!« Der Herr vom Lande wollte sein Wort darauf geben, daß er so etwas bislang nur aus dem Kino kannte, und bezeichnenderweise hieß der Film – wenn er sich recht entsinnt – Der Hund des Satans . »Sehen Sie nur, wie der Hund die rosa Lefzen und die mächtigen Eckzähne entblößt, sein schneeweißes, messerscharfes Gebiß zeigt, wie haßerfüllt die Augen Funken sprühen, wie er jault und sich am liebsten auf die ganze Runde stürzen würde. Ich kann den Herrschaften nur den guten Rat geben, den Hund so schnell wie möglich wegzuschaffen; es steht außer Zweifel, daß es sich um ein bösartiges und hinterhältiges Tier handelt. Immer wieder gibt es solche Hunde; eines Tages wird er vermutlich auch die Dame anfallen; diese Art Köter packt ganz plötzlich und ohne Grund die Wut, und man kann ihnen niemals mehr trauen, sie gehören zum Schinder, verdienen das weiche Kissen und den Napf Suppe nicht … Phannttassttisch.«
    Also sprach der Herr vom Land, etwas monoton und stets die Konsonanten verdoppelnd; und seine Empörung schien echt. Bedrückt hörten die Anwesenden seine düsteren Prophezeiungen; sie kamen schließlich von einer Person, die in ländlicher Abgeschiedenheit lebt und nur selten spricht, also das Gewicht der Worte sowie die ihnen innewohnende Verantwortung kennt und dazu noch etwas von Hunden versteht. Sogar Tschutora verstummte, stellte das seit drei Tagen anhaltende zermürbende Gebell ein, knurrte aus der Deckung hinter dem Ofen aber aggressiv weiter, allerdings gedämpfter, und er wurde schließlich für einige Zeit ganz still. Hunde wissen genau, wann man von ihnen redet, auch wenn sie nicht direkt angesprochen sind.
    Tschutora lauschte und staunte. Nach einer kurzen Pause verfiel er, als habe er endlich alles verstanden, in ein jämmerliches Heulen. Vielleicht kränkte ihn, daß seine Mutter sich nur dann und wann mit Pulis abgegeben hatte, was für einen jungen Hund sicher traurig und demütigend sein kann; vielleicht hat ihn die Enthüllung seines unrühmlichen Stammbaums und des bösartigen Charakters verbittert: Jedenfalls heulte er kläglich, fast so heuchlerisch wie Buben, unartige Bengel heulen, die vom Selbstmitleid ergriffen sind. »Die Peitsche braucht er!« konstatierte der Experte und gönnte dem Hund von da an keinen Blick mehr.
    Es gab keine Peitsche im Haus, und Tschutora kläffte weiter, Tag für Tag, und vor allem, wenn er seinen Herrn erblickte; so hat es angefangen. Und der Herr ging in sich.
    »Ich muß ihm irgendwas angetan haben«, sagte er zu sich wie auch zur Dame, »der Hund weiß, warum er mich haßt. Vielleicht hat er bei mir einen Charakterfehler entdeckt, mein Charakter ist ja leider nicht fehlerlos. Oder fühlt er, daß ich einen inneren Widerwillen zu überwinden habe, bevor wir Freunde werden können, haßt und verachtet

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