Ein kleiner Ritter um halb vier
hierher?«, wunderte er sich und setzte sie auf. Seine kleinen roten Äuglein sahen durch die Gläser noch kleiner und röter aus.
»Du wolltest doch erst mal frühstücken«, rief Theo verzweifelt. »Milli braucht doch ihr Honigbrot!«
»Das Meerschwein braucht auch was«, sagte Papa grimmig, schob Theo beiseite und marschierte direkt ins Wohnzimmer.
»Nein!« Theo rannte hinterher.
Papa war zu einer Statue erstarrt. »Was, um Himmels Willen, ist denn hier passiert!«
Milli rief aus der Küche. »Was ist? Heb mich doch einer runter!«
»Das Nähkästchen«, sagte Papa anklagend. AlleSchubladen waren herausgezogen und Nadeln und Garnrollen lagen auf dem Teppich.
»Die Fotokiste«, sagte Papa tonlos. Die Fotokiste schien explodiert zu sein. Die Fotos, die darin von Millis Geburt bis zum vergangenen Sommerurlaub sortiert gewesen waren, lagen wild verstreut auf dem Sofa.
»Und meine Pläne.« Papa deutete auf die Skizzen für das neue Haus, an denen er die letzten Tage gesessen hatte, und die ein starker Wind aus der schwarzen Ablage geweht zu haben schien.
»Hier schaut’s aber aus!«, bemerkte Milli, die inzwischen alleine von der Waschmaschine gesprungen war.
»Deswegen sollten wir also in der Küche frühstücken …«
Papa hielt inne.
Theo schaute betreten zu Boden.
»Gerade jetzt brauchen Kinder eine starke Hand«, murmelte Papa und räusperte sich. »Hört mal. Eigentlich wollen wir ja morgen Theos Geburtstag feiern …«
Theo schluckte.
»… aber wenn hier weiterhin alles durcheinandergeht, dann muss der Kindergeburtstag abgeblasen werden.«
»Was?«
Das konnte Papa nicht ernst meinen. Theo hatte drei Freunde eingeladen, Micha, Ludwig und Alva, und er hatte sich sogar getraut, Mara einzuladen, die dieses Schuljahr neu in seiner Klasse war und die er ziemlich nett fand, sogar noch netter als Luzie. Absagen? Das ging nicht!
Doch Papa sah ihm ernst in die Augen. »Ich scheue mich nicht, bei deinen Freunden einzeln anzurufen. Ich habe ein Handy.«
»Ein Diener! Kellner! Kastellan«, wisperte es irgendwo im Raum.
»Aber …« Theo versagte die Stimme. Es war schon schlimm genug, dass sie wahrscheinlich ohne Mama feiern mussten, weil die ihre Freiheit brauchte! Doch ganz absagen …
»Nichts aber.« Papa stand auf. »Du hast es in der Hand.Ich erwarte, dass wir ab jetzt zusammenhelfen. Keine Streiche mehr. Keine Löcher vor der Haustür, ich habe gestern Nacht sicher noch eine halbe Stunde draußen aufgeräumt, Theo. Kein Gefasel mehr von Rittern. Das Meerschweinchen wird zurückgebracht, wohin immer es gehört. Und hier im Wohnzimmer wird alles aufgeräumt, verstanden?«
Theo stiegen vor Wut Tränen in die Augen.
Es war nicht einmal ein Trost für ihn, dass ihm Milli, die sonst nichts so sehr hasste wie Aufräumen, zuraunte: »Ich helfe dir, keine Angst!«
»Ich habe keine Angst«, zischte Theo zurück, »ich mache mir nur Sorgen.«
»Na dann hätten wir das ja geklärt – igitt, was ist denn hier so nass?« Papa hob angewidert den rechten Fuß. Seine Socke tropfte.
Er stand in einer kleinen Pfütze, die verdächtig nach Meerschweinchenpipi aussah.
Papa holte tief Luft. »Meerschweinchen gehen wohl nicht aufs Klo, was? – Oh, mein Handy klingelt … Reinhard, äh, nein, die Pläne sind noch nicht fertig, es ist ja auch Samstag … Nein, ich habe noch keinen Plan B …« Papa hüpfte auf seinem trockenen Fuß in die Küche.
Immerhin war nicht diese Olga dran.
Es war wirklich vertrackt.
Erst hatte Theo unbedingt gewollt, dass Papa Kasimir kennenlernte, nur hatte Kasimir sich so blöd angestellt und war nie aufgetaucht. Und jetzt musste Theo verhindern, dass er auftauchte und alles durcheinanderbrachte, weil Papa sich so blöd anstellte und beinah Theos Geburtstagsfeier abblasen wollte! Jetzt gab es nur noch eine Möglichkeit. Theo musste dem kleinen Ritter helfen, so schnell es ging den Schatz zu finden, damit er wieder verschwand und keinen Unsinn mehr machen konnte. Sonst war Theos Geburtstagsfest in Gefahr.
Und Mama? Die Rückeroberung? Mist! Theo brauchte auch einen Plan B. Aber bevor Theo weiter nachdenken konnte, stupste Milli ihn an. »Los! Aufräumen! Warum schmeißt du das auch alles runter.«
»Ich nicht«, sagte Theo. »Das ist es ja.«
»Ich war es auch nicht!«, rief Milli empört.
»Das sage ich ja auch gar nicht.«
Milli beugte sich vor. »Du meinst … es war … Kasimir?«
Theo blickte sie an. »Hör zu. Papa will nicht,dass wir ihn erwähnen, also reden wir
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