Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)
ausgetauscht. Niemand würde wissen, wer am Steuer des Unfallwagens gesessen hatte. Der Wagen würde ein Phantom sein, genauso wie er, Rainer Wackerzapp. Um Bongarts würde er sich später kümmern.
Er war an Schloss Rheydt eine Zeit lang ohnmächtig gewesen. Seine Schmerzen hatten ihn schließlich wieder zu Bewusstsein gebracht. Er hatte sich lange nicht bewegen können. Dann hatte er das eingetrocknete Blut an seinen Haaren ertastet und den Stein entdeckt. Irgendwann war er auf die Knie gekommen und noch viel später zu seinem Wagen gewankt. Da war es schon dunkel gewesen. Begegnet war ihm niemand. An die Fahrt zurück nach Düsseldorf hatte er keine Erinnerung mehr. Nun würde sie dafür bezahlen.
Es waren nur noch wenige Meter. Wackerzapp beobachtete durch den Rückspiegel den Verkehr. Niemand war hinter ihm. Seine langsame Fahrweise würde niemandem auffallen. Er brauchte nur im geeigneten Augenblick zu beschleunigen und wäre zumindest dieses eine Problem für alle Zeit los. Mit Bongarts würde er leicht fertig werden. Und den Rechtsanwalt würde er auch noch knacken. Der konnte seine Augen ja nicht überall haben. Und wenn er ihn erst einmal enttarnt hatte, würde er leichtes Spiel mit ihm haben. Er würde in nächster Zeit noch eine Menge Geld verdienen. Bei dem Gedanken pfiff er unwillkürlich seine Lieblingsmelodie aus der alten Fernsehserie Raumpatrouille . In Wahrheit war er, Rainer Wackerzapp, der Commander.
Jetzt war es so weit! Sie hatte die kleine Zufahrt zum Bismarckplatz erreicht. Wackerzapp streckte sich und verlagerte langsam sein Gewicht auf seinen rechten Fuß. Er war auf dem Weg zu einem neuen phantastischen Abenteuer. Der Wagen war sein Raumschiff Orion.
Der Aufprall blieb aus. Bauer hatte sich im letzten Augenblick fangen können. Im Rückspiegel konnte er zwei Dinge sehen: Bongarts, das unzuverlässige Arschloch, das nicht heftig genug gestoßen hatte, verließ unauffällig den Beinaheunfallort und verschwand durch die Drehtür der Stadtsparkasse. Außerdem liefen mehrere Menschen an der Stelle zusammen, an der vor einem Augenblick ein blauer Wagen eine blonde Frau in einem eleganten Kostüm beinahe überfahren hatte.
Rainer Wackerzapp war enttäuscht. Fluchend schaltete er einen Gang höher. Orion hatte nicht landen können. Er wusste, dass er nachlegen musste.
»Carina? Hör zu.«
Unwillig schüttelte sie den Kopf, obwohl er sie nicht sehen konnte. »Ich will nichts hören. Ich will mit ihnen reden, hörst du? Sofort.« Sie presste den Hörer fester an ihr Ohr, als könnte sie damit ihrer Forderung Nachdruck verleihen.
»Du weißt, dass das nicht geht.«
»Hör endlich auf, mich wie ein kleines Kind zu behandeln.« Sie schüttelte ihr blondes Haar und griff zu ihrem mit Eis gekühlten Weißwein. »Du weißt ganz genau, was auf dem Spiel steht. Ich will, dass sie mir zuhören. Ich kann nichts mehr für sie tun. Ich bin raus aus der Sache.«
Sie hörte einen Moment lang nur seine Atemzüge. Und sie wusste, dass er in Sekundenschnelle das Problem bewertete wie ein Schachspieler, der seine Chancen auf den Sieg ausrechnet. Sie musste vorsichtig sein, durfte ihn nicht zu sehr unter Druck setzen. Er war ihr einziger Kontakt zu ihnen.
»Ich muss nachdenken.« Seine dunkle Stimme klang wie die sanfte Melodie eines Klaviers, die von weit her zu ihr herüberwehte.
»Hör auf, so zu reden. Er hat mich reingelegt. Das weißt du. Er hat mich gevögelt und dann fallen gelassen. Er hat bekommen, was er wollte, und dann war ich nicht mehr wichtig. Ich muss mit ihnen reden. Es ist wichtig.«
»Sie spielen nicht, die Italiener, das weißt du. Carina, sieh es doch einfach so: Du hast ein wenig Spaß mit ihm gehabt, du wirst gut bezahlt. Dafür vergisst du den Rest. Du wickelst das Geschäft ab, und dann hast du deine Ruhe. Über das andere wirst du schon hinwegkommen, früher oder später.«
»Du hast die Möglichkeit, mich zu ihnen zu bringen. Es geht mir nicht ums Vögeln.« Carina lachte kurz auf. Die Nacht war kurz gewesen. »Er ist sowieso nicht mein Typ. Zu viel Gel, zu wenig Manieren.«
»Carina, ich bin nur ihr Berater. Ich bekomme mein Geld von ihnen, damit ich gehorche und meine Arbeit mache. Ich bin wie du. Und ich kann nichts für dich tun.«
»Du lügst. Du steckst tiefer in der Sache drin, als du zugeben willst. Du bist mehr als nur ein Befehlsempfänger. Versuch nicht, mir was vorzumachen.«
Seine Stimme klang scharf. »Hör endlich auf, Carina. Überspann den Bogen nicht. Die
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